
Kindergartenneubau: Der Zementestrich wurde mit dem Hydro-Block-System beschichtet. Foto: Uzin
Feuchtigkeitssperren auf Estrich
Moderne Fließestriche sind schnell und bequem zu verarbeiten, benötigen aber eine relativ lange Trocknungszeit, bis sie belegbar sind. Bei Baustellen, auf denen es schnell gehen muss, kommen daher mitunter flüssige Feuchtigkeitssperren zum Einsatz, die man auf noch nicht vollständig durchgetrocknete Estrichuntergründe aufbringt. So lässt sich schneller ein belegreifer Untergrund schaffen. Doch aufgepasst: Das Prinzip eignet sich nur für Zementestriche.
Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt ein aktuelles Objektbeispiel aus Künzelsau. Dort mussten sich beim Neubau einer Kindertagesstätte alle Gewerke an den vorgegebenen Fertigstellungstermin halten. Der Bauzeitenplan hielt auch unverrückbar fest, wann der geplante Oberboden auf dem neuen Zementestrich verlegt werden sollte. Problem: Bodenbeläge können Schaden nehmen, wenn der darunterliegende Estrich noch zu feucht ist. Bei vollflächig verklebten, dampfdichten Belägen kann der aufsteigende Wasserdampf zudem sowohl die Klebstoffschicht als auch den Estrich selbst schädigen.
Absperrung von Restfeuchte

Der Primer 1 des Systems Hydro-Block lässt sich ohne Mischen direkt aufgetragen. Foto: Uzin
Beim Belag für die Künzelsauer Kindertagesstätte handelte es sich um einen PVC- und weichmacherfreien, elastischen Kunststoffboden. Er sollte zu einem bestimmten Zeitpunkt vollflächig verklebt werden, der Termin drohte aber in Gefahr zu geraten, weil der zuvor eingebaute Zementestrich noch eine zu hohe Restfeuchte aufwies. Um die Belegreife zu erreichen, hätte der etwa 8 cm dicke Unterboden – mit integrierter Fußbodenheizung – eigentlich noch viel länger trocknen müssen.
Da es sich aber um einen Zementestrich handelte, konnte in diesem Fall eine bauchemische Lösung vom Hersteller Uzin zum Einsatz kommen. Das System Hydro-Block zur Feuchtigkeitsabsperrung besteht aus zwei schnell trocknenden Grundierungen (Primer) und einer feuchtebeständigen Spachtelmasse mit hoher Hydro-Adsorption. Zusammen sorgen die drei Schichten für eine hohe wasserdampfbremsende Wirkung und verhindern somit, dass die im Estrich noch vorhandene Feuchte zu Schäden führen kann.
In Künzelsau wurde das System auf der Oberfläche eines Zementestrichs verarbeitet, der noch einen Feuchtegehalt von 2,3 CM-% aufwies. Nach aktuellem Stand der Technik dürfen beheizte, schwimmend verlegte Zementestriche eigentlich frühestens belegt werden, wenn sie einen Feuchtegehalt von maximal 1,8 CM-% erreicht haben. Dank Hydro-Block konnte dieser Wert aber überschritten werden. Das Komplettsystem kann Restfeuchte auf Zementestrichen sogar bis 5 CM-% absperren. Auf beheizten Konstruktionen wie bei unserem Objektbeispiel sperrt es Restfeuchte bis 2,5 CM-% ab. Nur so war in Künzelsau eine termingerechte und sichere Verlegung des Oberbelags möglich.
Dreischichtiges System

Wenn die erste Grundierung flächendeckend aufgetragen wurde, trocknet sie in gut einer Stunde. Foto: Uzin
Beim Hydro-Block-System sorgt die direkt auf den Estrich aufgebrachte Grundierungsschicht für den Haftverbund zum Untergrund. Zusätzlich bindet sie Staub. Nach einer Stunde Trocknungszeit kann der Auftrag des zweiten Primers erfolgen. Dieser wiederum dient dem optimalen Haftverbund mit der abschließenden Spachtelmasse. Vorher muss man den beiden Grundierungen allerdings zwölf Stunden Zeit geben, um untereinander zu verfilmen und zu trocknen.
Die porenreiche Spachtelmasse wird in mindestens 3 mm Schichtdicke aufgetragen und hat die Aufgabe, die Restfeuchte aufzunehmen, die von den beiden Primern noch nicht gepuffert wurde. Dabei kommt es zum physikalischen Prozess der Adsorption (von lateinisch „adsorbere“: ansaugen). Die gasförmigem Wassermoleküle, die beim Trocknen aus dem Estrichuntergrund aufsteigen, werden nämlich von der Spachtelmasse restlos adsorbiert. Sie gehen zwar keine chemische Bindung mit der Spachtelmasse ein, bleiben aber dauerhaft an deren Oberfläche haften. Auf diese Weise kann der Estrich weiter austrocknen, und zugleich wird der Oberbelag vor Durchfeuchtung geschützt.
Das auf der Messe BAU 2019 erstmal vorgestellte Uzin-Produkt erlaubt nach Herstellerangaben eine feuchtesperrende Untergrundvorbereitung in „ökologischer Bauweise“. Tatsächlich sind alle System-Bestandteile mit der höchsten Emicode-Klasse „EC1 Plus“ gekennzeichnet und gelten daher als sehr emissionsarm. Das System wurde zudem mit dem Umweltzeichen Blauer Engel DE-ZU 113 ausgezeichnet („Emissionsarme Bodenbelagsklebstoffe und andere Verlegewerkstoffe“).
Epoxidharz- und PU-Grundierungen
Bei vollflächig zu verklebenden Bodenbelägen sind flüssige Feuchtigkeitssperren schon seit Langem ein bewährtes Mittel, um früher mit der Bodenverlegung beginnen zu können. Die herkömmlichen Systeme funktionieren meist mit wasserdampfdiffusionsbremsenden Grundierungen auf Basis von Epoxidharz oder Polyurethan (PU). Dabei sind die Epoxidharz-Grundierungen in der Regel zweikomponentig und werden in zwei Lagen aufgetragen. Bei den einkomponentigen PU-Grundierungen genügt dagegen eine einzelner Anstrich, weil diese Produkte tiefer in den Estrich einziehen.
Normalerweise gilt ein Zementestrich erst als belegreif, wenn sein Feuchtegehalt auf 2,0 CM-% abgesunken ist (oder weniger). Bei Zement-Heizestrichen sind es 1,8 CM-%. Die Feuchtigkeitssperren sorgen dafür, dass der Untergrund bereits bei höheren Restfeuchte-Werten belegt werden darf. Doch auch hier sind – je nach Produkt unterschiedliche – maximal erlaubte Restfeuchten zu beachten. So erlaubt etwa die Polyurethan-Grundierung „Ardex PU 30“ eine Absperrung gegen überhöhte Restfeuchtigkeit in Zementestrichen und Betonböden bis maximal 4 CM-% (beim Einsatz einer Fußbodenheizung bis 3 CM-%). An einer Restfeuchte-Messung führt also in jedem Fall kein Weg vorbei.
Einsatz nur für Zementestriche
Die flüssigen Feuchtigkeitssperren „erzwingen“ gewissermaßen eine frühere Belegreife des Estrichs. Empfehlenswert ist das aber nur für Estriche, die auch bei einer länger anhaltenden hohen Restfeuchte keinen Schaden nehmen. Denn durch das Absperren bleibt die Feuchtigkeit nicht nur fern vom Oberbelag, sie bleibt unterm Strich auch länger in der Estrichschicht als es bei einer ungehinderten Austrocknung der Fall wäre. Für Zementestriche ist das aber unproblematisch, weil das Bindemittel Zement relativ unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit ist.
Anders sieht es bei den beliebten Calciumsulfat-Fließestrichen aus, die das Bindemittel Gips enthalten. Sie sind ebenso wenig wasserbeständig wie zum Beispiel Magnesia-Estriche. Anders als Estriche mit Zement darf man diese Varianten daher auch nicht im Freien verarbeiten, und der Einsatz im Badezimmer ist nur mit vollflächigen Abdichtungen erlaubt. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass auch die in diesem Beitrag behandelten Feuchtigkeitssperren zwar auf Zementestrich, nicht aber auf Estrichen erlaubt sind, die nicht wasserbeständige Bindemittel enthalten.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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