RM Rudolf Müller
Per Airless-Rolle: Tiefenhydrophobierung der Betonwände des Aubergtunnels.  Foto: Sika Deutschland GmbH

Per Airless-Rolle: Tiefenhydrophobierung der Betonwände des Aubergtunnels.  Foto: Sika Deutschland GmbH

Bauchemie
28. April 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Hydrophobierung von Beton

Normaler Beton ist nicht völlig wasserabweisend. Über Kapillare im oberflächennahen Bereich wird Feuchtigkeit aufgesaugt, die mit der Zeit zu schwerwiegenden Schäden in Beton- beziehungsweise Stahlbetonbauteilen führen kann. Mithilfe hydrophobierender Beschichtungen lässt sich dies aber vermeiden.

In den Baustoff eindringendes Wasser führt oft Stoffe wie Kohlendioxid, Chloride oder Sulfate mit sich. Diese lösen Kettenreaktionen aus und können zu Schäden im Beton beziehungsweise an der Stahlbewehrung führen.

Typische Beispiele dafür sind Carbonatisierung (Reaktion von Beton mit Kohlendioxid zu Calciumcarbonat, wodurch sich die Rostanfälligkeit der Stahleinlage erhöht), Lochfraß (Bewehrungskorrosion durch Chloride, die insbesondere über Tausalze in Kontakt mit Beton kommen) und Sulfattreiben (Reaktion des Zementsteins mit Sulfatkristallen, die sehr viel Wassermoleküle einlagern können und somit zu Abplatzungen und/oder Rissen an der Betonoberfläche beitragen).

Flüssigkeiten auf Siliziumbasis

Zur Vermeidung solcher Betonschäden empfiehlt es sich, die Bauteile mit hydrophobierenden Mitteln zu imprägnieren. Dabei handelt es sich in der Regel um klare, farblose Flüssigkeiten, die größtenteils aus Siliziumverbindungen bestehen. Silizium ist ein Halbmetall, das sehr häufig in Gesteinen vorkommt. Die Erdkruste besteht zu etwa 25,8 Gewichtsprozent aus diesem Element. Moderne Hydrophobierungsmittel enthalten heute allerdings meist so genannte Silane. Das sind Verbindungen aus Silicium und Wasserstoff. Das Produkt Silres BS 1701 von Wacker besteht zum Beispiel zu 99 % aus isomeren Octyltriethoxysilanen.

Der Münchner Chemiekonzern beschreibt die Wirkungsweise des Mittels wie folgt: Silres BS 1701 reagiert mit der Luftfeuchtigkeit beziehungsweise dem Porenwasser im Beton – unter Abspaltung von Alkohol. Der so gebildete Wirkstoff setzt das Saugvermögen des Betons stark herab. Die Poren und Kapillare des Baustoffes werden dabei aber nicht komplett verstopft. Der imprägnierte Baustoff besitzt nach Wacker-Angaben noch eine sehr hohe Wasserdampfdurchlässigkeit. Der Hersteller empfiehlt im Übrigen, die Imprägnierungsbehandlung frühestens vier Wochen nach der Betonherstellung durchzuführen, um das Abbinden des Zementes nicht zu stören.

Objektbeispiel Aubergtunnel

Hydrophobierte Flächen werden oft – wie hier im Aubergtunnel – zusätzlich mit Harzbeschichtungen versiegelt. Foto: Sika Deutschland GmbH

Hydrophobierte Flächen werden oft – wie hier im Aubergtunnel – zusätzlich mit Harzbeschichtungen versiegelt. Foto: Sika Deutschland GmbH

Die Bauchemiehersteller bieten die Hydrophobierungsmittel in unterschiedlichsten Varianten an. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Eindringtiefe der Flüssigkeiten. Für Bauteile, die kaum mit schadstoffbelastetem Wasser (z. B. Chlorid- oder Sulfatlösungen) in Berührung kommen, gibt es eher oberflächlich wirkende Imprägnierungen, die nur ein oder zwei Millimeter tief in den Beton eindringen. Bei hohen Belastungen (zum Beispiel durch Tausalzlösungen) empfiehlt sich dagegen eine Tiefenhydrophobierung. Diese erfordert eine Eindringtiefe von mindestens 6 mm.

Das Prinzip der Tiefenhydrophobierung kam zum Beispiel beim Bau des Ende 2020 fertiggestellten Aubergtunnels zum Einsatz. Der Straßentunnel dient als Ortsumfahrung für das bayerische Altenmarkt an der Alz. Die Wände des in Ortbeton erstellten Tunnels müssen beständig vor dem Eindringen chloridhaltigen Wassers geschützt werden. Die Bauherren entschieden sich für eine Tiefenhydrophobierung auf Silanbasis. Zum Einsatz kam das Produkt Sikagard-705 L des Bauchemieherstellers Sika.

Die Verarbeitung der farblosen Flüssigkeit auf den zuvor gereinigten Betonoberflächen erfolgte nass in nass in zwei Schichten. Die Verarbeiter strichen das Hydrophobierungsmittel nebelfrei mithilfe von Airless-Rollen auf die Betonoberfläche (siehe Foto ganz oben). Das nach der Aushärtung wasserdampfdurchlässige Produkt dringt nach Herstellerangaben mindestens 10 mm in den Betonuntergrund ein.

Abschließende Versiegelung

Hydrophobierte Flächen werden oft zusätzlich mit einer schmutzabweisenden, leicht zu reinigenden Harzbeschichtung versiegelt. So geschah es auch beim Aubergtunnel. Nach einer Woche Wartezeit beschichtete man die hydrophobierten Tunnelwände mit dem Oberflächenschutz Sikagard-360 XTP. Dieses Polysiloxan-Epoxidharz dient als vorbeugender Witterungsschutz und gehört damit zu den Oberflächenschutzsystemen der Klasse OS 2 gemäß der Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton“ des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DafStb-Richtlinie).

Sikagard-360 XTP lässt sich flexibel bei Temperaturen zwischen 3 und 30 °C sowie bei einer relativen Luftfeuchtigkeit bis zu 95 % verarbeiten. Für die Flächenbeschichtung ist zudem nur ein Arbeitsgang notwendig. Im Aubergtunnel brachten die Verarbeiter das Harz mit einem Airless-Spritzgerät auf verteilten es anschließend sofort mit der Rolle. Nach Angaben von Sika ist die Beschichtung schwerentflammbar und mechanisch äußerst beständig. Die damit geschützten Wände könne man zudem einfach nur mit Wasser – ohne Zusätze von Chemikalien oder Putzmitteln – reinigen. Wegen der Tiefenhydrophobierung kann dieses Wasser dem Beton zum Glück nichts mehr anhaben.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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