RM Rudolf Müller
Dispersionspulver sorgen in Trockenmörteln unter anderem für bessere Haftkraft und Verarbeitbarkeit.  Foto: Wacker Chemie AG

Dispersionspulver sorgen in Trockenmörteln unter anderem für bessere Haftkraft und Verarbeitbarkeit.  Foto: Wacker Chemie AG

Bauchemie
30. Juni 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Mörtelzusatz: Was ist Dispersionspulver?

Die Baustoffindustrie verwendet Dispersionspulver vor allem als Zusatzmittel für Trockenmörtel aller Art. Sie verbessern zum Beispiel die Verarbeitungseigenschaften und die Untergrundhaftung der jeweiligen Bauprodukte. Da es sich bei den pulverförmigen Zusätzen um Kunststoffe handelt, spricht man auch von getrockneten Polymerdispersionen.

Mörtel haben im Bauwesen einen riesigen Einsatzbereich. Man verwendet sie zum Beispiel zum Vermauern von Mauerwerksteinen, für die unterschiedlichsten Putz-Anwendungen, als Fliesenkleber, als Dichtungsschlämme oder auch für Fugen-, Spachtel- und Ausgleichsmassen. Alle diese Produkte werden heutzutage überwiegend in Form von Trockenmörteln angeboten – also als pulverförmige Sack-oder Siloware. Und viele dieser Baustoffe enthalten polymere Dispersionspulver als Zusatz.

Was bewirken Dispersionspulver?

Trockenmörtel haben den Vorteil, dass der Verarbeiter auf der Baustelle nur noch eine vorgeschriebene Menge Wasser hinzufügen sowie das Ganze verrühren muss. Er hat dann sofort einen gebrauchsfertigen Mörtel mit vom Hersteller garantierter, gleichbleibender Qualität zur Hand. Und manche der positiven Baustoffeigenschaften werden eben durch das hinzugefügte Dispersionspulver verursacht.

So sorgen Dispersionspulver im Mörtel zum Beispiel für einen geringeren Wasserbedarf und dafür, dass der angerührte Baustoff länger verarbeitungsfähig bleibt. Auch das Haftungsvermögen auf dem Untergrund wird positiv beeinflusst. Das Kunststoffpulver verbessert zudem die Elastizität und verringert die Wasserdurchlässigkeit des Materials.

Industrielle Herstellung

Die Pulver werden aus Polymerdispersionen hergestellt und redispergieren bei der späteren Anwendung. Grafik: Wacker Chemie AG

Die Pulver werden aus Polymerdispersionen hergestellt und redispergieren bei der späteren Anwendung. Grafik: Wacker Chemie AG

Dispersionspulver wurden erstmals 1957 vom deutschen Hersteller Wacker produziert. Die Wacker Chemie AG ist nach eigener Aussage auch heute noch Marktführer in dieser Produktkategorie. Die Pulver entstehen, indem man zunächst flüssige Polymerdispersionen herstellt und diese anschließend trocknet.

Polymerdispersionen enthalten winzige Polymerpartikel, die sehr fein in Wasser verteilt, aber nicht in der Flüssigkeit gelöst sind. Diese Form der Dispersion (Feststoff in Flüssigkeit) wird übrigens auch als Suspension bezeichnet. Dagegen spricht man von einer Emulsion, wenn eine Flüssigkeit in einer anderen Flüssigkeit fein verteilt ist.

Zur Herstellung von Dispersionspulver werden die Polymerdispersionen (oder Polymersuspensionen) per Sprühtrocknung behandelt. Dabei verflüchtigt sich das Wasser. Was übrigbleibt, sind aber nicht die ursprünglichen, winzigen Kunststoffpartikel, sondern deutlich größere Pulverkörner. Diesen fügt man noch ein Antibackmittel hinzu, um das Zusammenbacken der Pulverkörner zu verhindern. Als Ergebnis entsteht ein trockenes, rieselfähiges, gut lagerbares Material – das fertige Dispersionspulver.

Für die Anwendung in Trockenmörtelprodukten ist eine Sache entscheidend: Die industriell hergestellten Dispersionspulver sind redispergierbar. Fügt man dem Mörtel Anmachwasser hinzu, lösen sich die Dispersionspulverkörner auf und die ursprünglichen, winzigen Polymerpartikel werden wieder freigesetzt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Zusatzmittel ihre positiven Eigenschaften entfalten können.

Nachhaltige Neuentwicklung

Wacker vermarktet seine Dispersionspulver seit vielen Jahren unter dem Markennamen „Vinnapas“. Anfang 2020 präsentierte der Hersteller nun eine neue Generation der Zusatzmittel, die für mehr Nachhaltigkeit stehen soll. Bei „Vinneco 5044 N“ handelt es sich nach Wacker-Angaben um das erste Dispersionspulver für Bauanwendungen auf Basis nachwachsender Rohstoffe.

Das neue Pulver verbessert die Haftung, Biegezugfestigkeit, Verformungsfähigkeit, Abriebfestigkeit und Verarbeitbarkeit von Trockenmörtelprodukten und kann als vollwertige Alternative zum klassischen Dispersionspulver Vinnapas 5044 N eingesetzt werden. Bei der Herstellung von Vinneco 5044 N setzt Wacker aber auf biobasierte Essigsäure, ein Nebenprodukt der Holzindustrie. Die Rohstoffherkunft schränkt der Chemiekonzern zudem weiter ein: Eingesetzt wird nur Essigsäure aus Holz, das aus PEFC-zertifizierten Wäldern mit maximal 400 km Entfernung zum Wacker-Standort Burghausen stammt.

Essigsäure spielt neben Ethylen eine Hauptrolle bei der Herstellung von Polymerdispersionen. Aus den beiden Stoffen produziert Wacker in mehreren Schritten die flüssige Polymerdispersion Vinylacetat-Ethylen (VAE), aus der dann im Sprühtrockner das Dispersionspulver wird. Bisher verwendete man in der Produktion herkömmliche Essigsäure, die üblicherweise aus fossilen Quellen wie Erdgas oder Erdöl stammt. Nun bietet Wacker mit der biobasierten Essigsäure also eine nachhaltige Alternative.

Nach Angaben des Konzerns ist es für Qualität und Eigenschaften von Dispersionspulvern egal, ob das in ihnen enthaltene VAE mit konventioneller oder mit biobasierter Essigsäure hergestellt wurde. Baustoffhersteller, die bislang Vinnapas 5044 N für die Produktion ihrer Trockenmörtel eingesetzt haben, können daher auch das neue Vinneco 5044 N verwenden, ohne dass sie ihre Prozesse und Rezepturen verändern müssen. Die 5044-N-Produkte eignen sich insbesondere für Trockenmörtel in den Anwendungsbereichen Dichtungsschlämmen und Wärmedämmverbundsysteme (WDVS).


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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