RM Rudolf Müller
Der Oberputz wird mit einem Filzbrett geglättet.  Alle Fotos: Baumit

Der Oberputz wird mit einem Filzbrett geglättet.  Alle Fotos: Baumit

Bauchemie
26. Juli 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Was ist Filzputz?

Der Begriff Filzputz bezeichnet keine spezielle Mörtelrezeptur, sondern vielmehr eine Form der Putzverarbeitung. Wird die oberste Putzschicht mit einem Filzbrett strukturiert, erhält man eine sehr glatte Oberfläche: einen gefilzten Oberputz. Das gelingt am besten mit feinkörnigem Kalk- beziehungsweise Kalkzementmörtel.

Für gefilzte Oberflächen benötigt man also einen Putzmörtel, der nur fein gesiebte Sandkörner enthält. Zum Einsatz kommt er, wenn eine besonders glatte Optik gewünscht ist. Der zu filzende Oberputz lässt sich manuell mit der Glättkelle auftragen, man kann das feinkörnige Material aber auch gut maschinell als Spritzputz verarbeiten. Für Filzarbeiten kommen meist Kalkputze mit einem geringen Zementanteil zum Einsatz – so genannte Kalkzementputze.

Anwendungsbereiche und -grenzen

Schon vor dem Filzen sollte die Putzoberfläche möglichst eben sein.

Schon vor dem Filzen sollte die Putzoberfläche möglichst eben sein.

Filzputz wird vor allem im Innenbereich verarbeitet. Auch ohne weitere Beschichtungen garantieren die glatten, nur fein strukturierten Oberflächen eine edle Anmutung, die auch gut in Wohnhäuser passt. Dass der Putz üblicherweise Kalk enthält, ermöglicht feuchtigkeitsregulierende Wand- und Deckenbeschichtungen, die einen hohen pH-Wert haben und deshalb unempfindlich gegenüber Schimmelpilzbefall sind. Natürlich kann man Filzputz auch überstreichen, es sollten dann aber diffusionsoffene Innenfarben zum Einsatz kommen.

Selbst in Feuchträumen lassen sich die klassischen Filzputzmörtel problemlos verwenden. Warum? Aufgrund der sehr feinkörnigen Gesteinskörnung entstehen relativ dichte Putzschichten, die kaum Wasser aufnehmen. Aus demselben Grund ist Filzputz nicht nur im Innenbereich, sondern grundsätzlich auch an bewitterten Fassaden verwendbar. Während in Innenräumen prinzipiell auch reine Kalkmörtel zum Einsatz kommen können, ist im Außenbereich Kalkzementputz unabdingbar.

Im Fassadenbereich beschränkt sich die Filztechnik zudem meist nur auf ausgewählte Teilbereiche. Bei typischen Rauputzfassaden kommt es zum Beispiel häufig vor, dass man zur optischen Absetzung die Fenster mit schmalen Streifen aus gefilztem Putz umrahmt. Auch an Fassadensockeln wird gerne gefilzt. Die Beschränkung auf Teilbereiche hat aber nicht nur optische Gründe, sondern hängt auch damit zusammen, dass die Verarbeitung von Filzputz auf größeren Flächen generell sehr fehleranfällig ist. Es drohen vor allem feine Haarrisse, die auf der glatten Oberfläche durchaus auffallen und sich mit der Zeit zu größeren Rissen oder sogar Löchern ausweiten können.

Die Rissanfälligkeit gefilzter Oberflächen gilt nicht nur für den Außen-, sondern auch für den Innenbereich. Deshalb sollte die Verarbeitung auch dort nur auf kleineren Flächen erfolgen. Trotzdem lassen sich auch ganze Wände oder Decken sicher filzen, wenn man sie zuvor – zum Beispiel mithilfe von Putzleisten – in kleinere Abschnitte unterteilt. Angesichts der geschilderten Fehleranfälligkeit sollte man die Filzputzverarbeitung aber generell nur von ausgebildetem Fachpersonal ausführen lassen.

Anspruchsvolle Verarbeitung

Das Filzbrett kommt erst zum Einsatz, wenn die Mörteloberfläche leicht ausgesteift ist.

Das Filzbrett kommt erst zum Einsatz, wenn die Mörteloberfläche leicht ausgesteift ist.

Kalkputz verarbeitet man in der Regel in zwei Schichten, wobei der Unterputz mindestens 10 mm dick sein sollte und vor dem Auftrag der zweiten Schicht erst einmal komplett durchtrocknen muss. Der Hersteller Baumit empfiehlt hier eine Wartezeit von mindestens einem Tag pro Millimeter Auftragsdicke. Bei Temperaturen unter 10 °C könne sich die Trocknungszeit noch weiter verlängern. Kommt anschließend Filzputz als Oberputz zum Einsatz, so geschieht dies meist in einer Schichtdicke von 3–4 mm.

Bereits vor dem Filzen sollte man das Material möglichst gleichmäßig und eben auf dem Untergrund verteilen – das erleichtert die folgende Arbeit. Bevor das Oberflächenfinish beginnen kann, muss der Putzmörtel zudem an der Oberfläche bereits leicht ausgesteift sein. Baumit empfiehlt hier die Prüfung per Daumendruck. Der Putz dürfe dabei nicht mehr nachgeben, was bei einer Auftragsdicke von 3 mm nach 15 bis 30 Minuten der Fall sei – je nach Temperatur und Witterung. Für eine qualitativ hochwertige Filzoberfläche ist es aber auch essenziell, dass die zu bearbeitende Putzschicht nicht schon zu stark ausgesteift ist. Man sieht auch hier: Filzputz ist Profisache!

Das eigentliche Filzen erfolgt mit einem Filzbrett. Das ist ein Reibebrett aus Holz oder Kunststoff mit einer Filzauflage. Damit reibt man dann die Putzoberfläche in kreisenden Bewegungen ab und glättet diese somit. Dabei ist es ganz wichtig, dass die Filzauflage stets gut durchfeuchtet ist. Alternativ kann man auch den Untergrund anfeuchten. Die Glättung kann auch mit einem Schwammbrett erfolgen, also einem Reibebrett mit Schwammauflage. Damit lassen sich dann zwar nicht ganz so glatte Oberflächen erzielen, doch dafür sinkt die Wahrscheinlichkeit von Haarrissen in der fertigen Putzoberfläche.

Filzfähiger Leichtputz

Der Hersteller Baumit hat dieses Jahr mit dem neuen „Klima-Mono Filz“ übrigens erstmals einen Kalk-Leichtputz auf den Markt gebracht, der sich einlagig als Filzputz aufbringen lässt. Das ist insofern etwas Besonderes, weil Leichtputze, die durch Verwendung porenreicher Gesteinskörnungen oder sonstiger Leichtzuschläge eine hohe Wärmedämmung bieten, normalerweise zweilagig aufzutragen sind. Der Klima-Mono Filz eignet sich dagegen auch als einlagig aufzubringender Filzputz.

Der naturweiße Kalkputz mit zusätzlichem Weißzementanteil ist ein Leichtputz vom Typ II – also mit einer Trockenrohdichte von weniger als 1.000 kg/m3 – und enthält nur fein gesiebte Sandkörner mit einem Durchmesser zwischen null und 1,2 mm. Das Produkt eignet sich ausschließlich für den Innenbereich und lässt sich nicht nur als gefilzter Oberputz, sondern auch als Unterputz in Innenräumen aller Art – einschließlich Feuchträumen – verwenden. Es ist zudem universell auf Mauerwerk aller Art einsetzbar. Nach Baumit-Angaben erhärtet Klima-Mono Filz fast 70 % schneller als vergleichbare Leichtputze, die Oberfläche sei bereits am selben Tag filzbar.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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