
Glatte Marmor-Optik: Kalkglätte ist aber auch überstreichbar. Foto: Rockwool Group – Heck Wall Systems
Was ist Kalkglätte?
Verputzte Innenwände liegen im Trend. Auch die so genannte Kalkglätte kommt hier als abschließende Sichtoberfläche infrage – optisch ansprechend und zugleich wohngesund. Wie der Name schon andeutet, ermöglicht der mineralische Oberputz besonders glatte Oberflächen mit marmorartiger Anmutung. Wer will, kann diese noch mit einer diffusionsoffenen Innenwandfarbe überstreichen. Doch Kalkglätte funktioniert auch pur – als fertige Wandgestaltung ohne weitere Beschichtungen.
Kalkglätte – oft auch Kalkspachtel genannt – ist ein Innenputz, der als glättende und zugleich porenfüllende Endbeschichtung überwiegend auf Kalk- oder Kalkzement-Unterputzen zum Einsatz kommt. Für die direkte Anwendung auf gipsgebundenen Untergründen eignet sich das Produkt allerdings nicht – das gilt auch für entsprechende Trockenbauplatten. Man kann aber Kalkglätte trotzdem auf Gipskartonplatten oder Gipsfaserplatten aufbringen, wenn diese Untergründe zuvor mit einer geeigneten Grundierung behandelt wurden. Nähere Infos dazu sind den Verarbeitungshinweisen der Hersteller zu entnehmen.
Feinkörniger Putzmörtel

Der Auftrag erfolgt mit einer Glättkelle. Fotos (3): Heck Wall Systems
Kalkglätte wird üblicherweise als pulverförmige Sackware verkauft. Es handelt sich also um ein Trockenmörtelprodukt, das vor dem Gebrauch noch mit Wasser zu mischen ist. Hauptbestandteil des Putzmörtels ist pulverförmiges Kalkhydrat. Das lässt sich herstellen, indem man Branntkalk mit Wasser „löscht“. Kalkhydrat wird daher auch als Löschkalk bezeichnet.
Neben dem Bindemittel Kalkhydrat enthält Kalkglätte wie jeder Mörtel natürlich auch noch Gesteinskörnungen. Das Besondere: Es kommen nur sehr feinkörnige Materialien zum Einsatz. Das ermöglicht den besonderen Glätteeffekt. Die Korngröße der mineralischen Zusätze in Kalkglätte-Produkten liegt üblicherweise zwischen null und 0,5 mm. Neben sehr kleinen Körnern kommt auch Gesteinsmehl zum Einsatz. Davon spricht man, wenn der Korndurchmesser kleiner als 0,063 mm ist.
Kalkhydrat und sehr feinkörnige „Sande“ beziehungsweise sogar Mehle sind sozusagen die Grundzutaten jeder Kalkglätte. Darüber hinaus unterscheiden sich die Rezepturen unterschiedlicher Hersteller natürlich im Detail. Die Kalkglätte von Kreidezeit etwa enthält neben Kalkhydrat sowie Marmorkörnung und Marmormehl auch Zellulose und Methylzellulose – wahrscheinlich für eine bessere Wasserpufferung. Multipor spricht bei seinem Produkt „Finish GP830“ etwas allgemeiner von „Füllstoffen, Faser und veredelnden Zusätzen“. Bei der Rotkalk-Glätte von Knauf gehört neben wasserrückhaltenden Zusätzen auch Weißzement zur Rezeptur.
Wohngesund und vielfältig gestaltbar

Neben glatten Oberflächen lassen sich per Spachtel auch Strukturen im Putz erzeugen.
Die von Natur aus weiße Kalkglätte ermöglicht sehr ebene Oberflächen mit natürlicher, warm-weicher Anmutung. Genauso wie normaler Kalkputz hat sie zudem eine hohe Alkalität und ist daher schimmelhemmend. Und auch sonst verfügt der Innenputz über alle Vorteile des Baustoffs Kalk: Er ist diffusionsoffen, kann Schadstoffe absorbieren und wirkt zudem antibakteriell und antistatisch. Aufgrund des hohen pH-Werts ist allerdings auch Vorsicht geboten. Beim Mischen mit Wasser sowie bei der Verarbeitung der frischen Mörtelmasse sollte man Schutzhandschuhe und Schutzbrille tragen.
Die matt schimmernde, marmorartige Oberfläche von Kalkglätte funktioniert pur als fertige, weiße Wandgestaltung. Man kann sie nach kompletter Durchtrocknung aber auch mit einer diffusionsoffenen Innenwandfarbe überstreichen. Hersteller wie Kreidezeit bieten zudem natürliche Erd- und Mineralpigmente an, mit denen sich die Kalkglätte selbst in vielfältigen Tönen durch und durch einfärben lässt. Solche dekorativen Zuschlagstoffe erinnern an Edelputze für die Fassade, und tatsächlich bezeichnet Kreidezeit seine Kalkglätte auch als Edelputz für den Innenbereich.
Auch unabhängig von dekorativen Zuschlagstoffen lässt sich Kalkglätte optisch „aufpolieren“. Ein Beispiel ist der Einsatz so genannter Glätteseife. Dabei handelt es sich in der Regel um Olivenöl-Seifenkonzentrat, das auf die geglättete Putzschicht aufgetragen wird. Optisch erzeugt diese Behandlung einen Glanzeffekt, hinzu kommt eine schmutz- und wasserabweidende Wirkung, ohne dass die Diffusionsfähigkeit beeinträchtigt wird.
Natürlich lassen sich frische Kalkglätte-Oberflächen auch kreativ mit dem Spachtelwerkzeug bearbeiten. Geschickte Handwerker zaubern auf diese Weise interessante, dreidimensionale Strukturen in den Putz. Mit speziellen Maserier-Werkzeugen kann man zudem Holzstrukturen in den noch feuchten Putz zeichnen. Nach solchen Putzbearbeitungen kann dann aber natürlich nicht mehr von einer geglätteten Oberfläche die Rede sein!
Mehrschichtiger Auftrag

Mit speziellen Maserier-Werkzeugen sind auch Holzmaserungen möglich.
Das Oberflächenglätten erfolgt in der Regel mithilfe einer Glättkelle. In der Regel wird die Kalkglätte in zwei Schichten von jeweils etwa 1 mm Stärke aufgetragen, unter Umständen kann auch eine dritte Schicht notwendig werden. Jede Schicht muss erst trocknen, bevor die nächste Schicht aufgetragen werden darf. Die empfohlene Gesamtputzdicke variiert von Produkt zu Produkt. Üblich sind maximal 2 bis 3 mm (ohne Unterputz).
Beim Mischen mit Wasser sind die vom Hersteller vorgeschriebenen Mengenverhältnisse einzuhalten. Das Einrühren sollte mit einem kräftigen Rührwerk erfolgen. Anschließend 15 Minuten quellen lassen und dann noch einmal durchrühren. Erst dann ist die Kalkglätte verarbeitungsfertig.
Die Qualität der Endbeschichtung hängt nicht zuletzt vom Geschick des Handwerkers beim Umgang mit der Glättkelle ab. Hersteller Baumit beschreibt es für sein Produkt „Klima Glätt W“ wie folgt: Die Schlussschicht „wird unter Druck vollflächig auf den Untergrund aufgetragen und während der Trocknungsphase immer wieder verpresst bis der gewünschte Glanzgrad erreicht ist“.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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