
Antimikrobiell beschichtete Griffe können sogar Corona-Viren abtöten. Foto: Roto
Antimikrobielle Tür- und Fenstergriffe
Mikroben sind überall: im Boden, in der Luft, aber auch in unseren Körpern. Die meisten dieser Mikroorganismen erfüllen wichtige Aufgaben im Stoffwechsel des Lebens, doch manche machen uns auch krank. Hersteller von Tür- und Fenstergriffen haben deshalb Beschichtungen entwickelt, die antimikrobiell wirken. Manche können sogar Viren wie SARS-CoV-2 abtöten.
Mikroben sind mikroskopisch kleine Lebewesen, die aus Zellen bestehen. Man nennt sie auch Mikroorganismen. Beide Begriffe bedeuten dasselbe und sind ein Sammelausdruck für so unterschiedliche Organismen wie Bakterien, Pilze, Algen und Protozoen („Urtiere“).
Umstritten ist dagegen, ob auch Viren zu den Mikroben gehören. Manche zählen sie dazu, manche nicht. Viren bestehen jedenfalls nicht aus Zellen. Andererseits sind sie ebenfalls mikroskopisch klein und können Krankheiten auslösen. Genauso wie Bakterien haften sie auf vielen Flächen und überleben dort relativ lange. Über menschliche Handflächen geraten sie auch regelmäßig auf Tür- und Fenstergriffe.
Antibakterielle Beschichtungen
Viele Hersteller von Beschlägen haben daher Griffe im Angebot, die antimikrobiell wirken. So bietet zum Beispiel Glutz antibakterielle Beschläge, die langfristigen Schutz vor vielen Bakterien, Schimmel- und Hefepilzen sowie Algen versprechen. Funktionieren soll dies durch eine spezielle Pulverlack-Beschichtung der Metallbeschläge. Da der antibakterielle Wirkstoff in den Pulverlack eingebunden ist, kann er nicht aus der Oberfläche austreten und wirkt nach Herstellerangaben langfristig. Laut Glutz wird die Aktivität von Bakterien um 99,9 % reduziert. Gegen Viren bietet die Beschichtung allerdings keinen Schutz.
Ähnlich verhält es sich mit der antimikrobiellen Oberfläche Secu-San, die der Beschlaghersteller Hoppe für seine Tür- und Fenstergriffe aus Aluminium und Edelstahl entwickelt hat. Sie bietet aktiven Schutz vor der Verbreitung von Bakterien und anderen, aus Zellen aufgebauten Keimen. Die Beschichtung enthält in diesem Fall Silberionen. Nach Angaben von Hoppe zerstört das Silber die Zellmembran der Keime und blockiert so die Atmung und Nahrungsaufnahme der Zelle. Die Zellteilung werde gestoppt, der Keim sterbe ab. Unabhängige Tests hätten belegt, dass Secu-San das Wachstum von Keimen um mehr als 99 % reduziere. Die Wirkungsweise werde auch durch eine regelmäßige Reinigung der Griffe nicht beeinträchtigt.
Antiviraler Zusatznutzen

Bei ABACO handelt es sich um eine PVD-Beschichtung mit integrierten Silberionen. Foto: Südmetall
Es gibt aber auch Griffbeschichtungen, die nicht nur antibakteriell, sondern auch antiviral wirken. Das gilt zum Beispiel für die Beschichtung ABACO des Beschlagherstellers Südmetall. Dabei handelt es sich um eine so genannte PVD-Oberfläche. PVD steht für „Physical Vapour Deposition“ (physikalische Gasphasenabscheidung), ein Beschichtungsverfahren, das sehr widerstandsfähige Oberflächen entstehen lässt.
Bei ABACO sorgt die PVD-Beschichtung in Kombination mit Silberionen für eine antivirale Wirkung. Laut Hersteller werden Bakterien nach etwa 45 Minuten abgetötet. Nach zwei Stunden soll sich auch eine 99,99-prozentige antivirale Wirksamkeit einstellen. Durch unabhängige Tests des Biology Institute an der Universität von Campinas (Brasilien) konnte Südmetall nachweisen, dass die derzeitige ABACO-Rezeptur auch gegen die Gattung der Betacoronaviren hilft. Zu dieser Gattung gehört auch das Virus SARS-CoV-2, das die Krankheit Covid-19 auslöst und für die aktuelle Pandemie verantwortlich ist.
Mithilfe der ABACO-Beschichtung lassen sich also Corona-Ansteckungen durch Schmierinfektion über Tür- und Fensterklinken verringern. Auch wenn inzwischen bekannt ist, dass sich „Corona“ vor allem durch Tröpfcheninfektion und Aerosole ausbreitet, ist das natürlich eine gute Sache – vor allem für Bereiche mit viel Publikumsverkehr wie zum Beispiel in Schulen, Krankenhäusern und Hotels oder auf Flughäfen und Bahnhöfen. Südmetall garantiert die antibakteriellen und antiviralen Eigenschaften der Oberfläche über eine Dauer von 20 Jahren.
Antiviral-Technology für Fenstergriffe

Aufbau einer antiviralen Beschichtung mit transparenter AVT-Oberfläche. Grafik: Roto
Im Pandemiejahr 2020 hat auch der Beschlaghersteller Roto eine antivirale Lösung auf den Markt gebracht. Mit „Roto AVT“ beschichtete Fenstergriffe machen nach Herstellerangaben Viren, Bakterien sowie Pilze inaktiv und reduzieren somit das Risiko einer Schmierinfektion und neuer Infektionsketten. Das Kürzel AVT steht übrigens für „Antiviral Technology“.
Standardmäßig gibt es die neue Beschichtung bisher nur bei den Drehkipp-Beschlagprogrammen „Roto AL“ und „Roto AL Designo“ für Aluminiumfenster. „Das freilich ist nur der Anfang“, kündigte vergangenen Oktober Matthias Nagat an, Leiter Sortimentsvermarktung und Produktanpassungen Roto Aluvision. „Auch für Holz- und Kunststofffenster können bei Bedarf Fenstergriffe und andere Bedienelemente mit Roto AVT bereitgestellt werden. Weitere Bauteilgruppen werden folgen.“
Bei der Roto-Lösung handelt es sich um eine transparente, dünnschichtige und haptisch kaum wahrnehmbare Beschichtung, die nach Angaben des Herstellers eine sehr harte und porenfreie Oberfläche erzeugt und damit einen Lotus-Effekt auslöst, wie man ihn auch von manchen Dachziegeln kennt. Viren, Bakterien und andere Mikroorganismen haben es daher schwer, an den Griffen haften zu bleiben. Wasser perlt einfach ab. Darüber hinaus enthält die Beschichtung spezielle Wirkstoffe, welche laut Roto Viren inaktivieren, weil sie deren Hülle angreifen und diese porös machen.
Für die neue Beschichtung hat Roto den Nachweis erbracht, dass sie auch wirksam gegen Influenzaviren und Covid-19-Viren (SARS-CoV-2) ist und der Schutz auch dann bestehen bleibt, wenn ein Fenstergriff sehr häufig genutzt wird. Für die aufpreispflichtige AVT-Beschichtung garantiert Roto eine Wirksamkeit bis zu drei Jahren.
Nachträgliche Griffbehandlung
Wer nicht gleich neue Tür- oder Fensterklinken kaufen möchte, kann übrigens den Viren- und Bakterienschutz seiner Beschläge auch im Nachhinein noch verbessern. Ein Beispiel dafür bietet der bayerische Hersteller Logis, der eine transparente Antikeimfolie zum Aufkleben entwickelt hat, die Schutz vor Schmierinfektionen bieten soll.
Die „Logis Grips Antikeimfolie“ wirkt nach Herstellerangaben bis zu einem Jahr gegen Bakterien und behüllte Viren wie Corona und Influenza. Sie eignet sich nicht nur für Griffe und Klinken aller Art, sondern beispielsweise auch für Lichtschalter, Tresen oder Touchscreens. Die Folien gibt es als vorgefertigte Pads für Türklinken und kleine Flächen sowie in verschiedenen Rollengrößen für alle anderen Arten von Oberflächen.
Die antimikrobielle Wirkung der Klebefolien basiert nach Herstellerangaben einerseits auf der porendichten Oberfläche, auf der Keime aller Art schlecht haften können, und zum anderen auf Wirkstoffen in der Folie, die Viren und Bakterien unschädlich machen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
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