RM Rudolf Müller
Funktionsweise Tageslichtspot

Tageslichtspots kann man sowohl in Steil- als auch in Flachdächer einbauen. Grafiken: Velux

 
Bauelemente
18. Juni 2014 | Artikel teilen Artikel teilen

Praktische Notlösung für fensterlose Räume: Tageslichtspots

Arbeits- und Wohnräume, die ausschließlich durch Kunstlicht beleuchtet werden, haben einen negativen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen. Zu wenig Tageslicht kann sogar krank machen. Für Räumlichkeiten, bei denen der Einbau von Fenstern nicht möglich ist, gibt es aber eine praktische Notlösung: so genannte Tageslichtspots.

Vor allem für den Schlaf-Wach-Rhythmus ist der Einfluss des natürlichen Lichtes wichtig. Unser Körper wird nämlich automatisch aktiv, sobald Tageslicht ins Spiel kommt – auch wenn wir uns eigentlich gar nicht bewegen. Denn das Licht hemmt die Bildung des Schlafhormons Melatonin, das bei Dunkelheit verstärkt gebildet wird. Und stattdessen wird die Produktion des Glückshormons Seratonin angekurbelt.

Lichtmangel im modernen Leben

Theoretisch kann man einem Mangel an Tageslicht natürlich leicht entgegenwirken – man muss sich tagsüber einfach nur eine gewisse Zeit im Freien aufhalten. Doch das scheint in der heutigen Zeit oft einfacher als gesagt. Der frühe Mensch hat zwar in dunklen Höhlen gehaust, aber dafür war er tagsüber sicher weitaus länger draußen als die meisten heutigen Menschen. Der moderne Mensch verbringt oft den größten Teil seiner Arbeits-, aber auch seiner Freizeit innerhalb von Gebäuden, und dort ist er häufig mit zu viel Kunstlicht und zu wenig Tageslicht konfrontiert.

Das gilt für tiefe Räume, die nur über ein Fenster verfügen, und natürlich noch viel mehr für komplett fensterlose Räume. Gerade Badezimmer befinden sich oft im Inneren von Gebäuden und haben dann keinen natürlichen Zugang zu Tageslicht. Beim Menschen kann der Aufenthalt in solchen Räumen zu verstärkter Antriebslosigkeit und Müdigkeit führen – unter anderem auch deshalb, weil der Körper zu wenig Vitamin D produziert. Denn die körpereigene Vitamin-D-Herstellung wird durch Licht angeregt. Das funktioniert im Prinzip auch mit Kunstlicht, allerdings fällt der Effekt hier wesentlich geringer aus. So reichen bereits 22 Minuten Sonnenlicht in der Mittagszeit aus, um die Vitamin-D-Konzentration im Körper zu erhöhen. Eine UV-B-Leuchtstofflampe, die ultraviolette Sonnenlicht-Strahlung simuliert, benötigt dagegen etwa 30 Stunden, um denselben Effekt zu erzielen.

Reflektierende Röhren

Natürlich wäre es das Beste, wenn die Architektur von Gebäuden grundsätzlich über Fensterlösungen verfügt, die eine ausreichende Menge an Tageslicht garantieren. Aber das funktioniert leider nicht überall. Mit den so genannten Tageslichtspots gibt es allerdings eine Möglichkeit, auch innen liegende Räume mit natürlichem Licht zu versorgen, die aus baulichen Gründen keine Fenster haben. Dabei handelt es sich im Grunde um ein relativ einfaches System: Kernstück eines Tageslichtspots ist eine Röhre, die von innen mit einem reflektierenden Material beschichtet ist und auf diese Weise das Licht von draußen in den Innenraum leitet.

Die Außenseite der Röhre wird entweder durch eine Glasscheibe abgeschlossen oder durch spezielle transparente Kuppeln, die durch ihre erhöhte Lage und besondere Form (z. B. als Prismen) für eine besonders hohe Lichtausbeute sorgen. Die verwendeten Glasmaterialien sind in der Regel äußerst robust (Sicherheitsglas) und haben eine selbstreinigende Oberfläche, sodass der Lichteintrag nicht irgendwann durch Schmutzpartikel gestoppt wird.

Entscheidend für die Menge des Lichtes, die am Ende im Raum ankommt, ist natürlich auch die Reflexion innerhalb der Röhre. Man muss sich dabei vergegenwärtigen, dass die Röhre in der Regel nicht einfach senkrecht vom Dach bis zur Raumdecke verläuft, sondern oft mehrfach gekrümmt werden muss, um ihr Ziel zu erreichen. Auf einem solchen Weg kann schon einiges an Licht „verschluckt“ werden. Die Hersteller von Tageslichtspots arbeiten daher mit hochreflektierenden Schichten im Innern der Röhren. Diese bieten in der Regel einen Reflexionsgrad, der irgendwo zwischen 98% und fast 100% liegt. Ein geringer Lichtverlust ist aber bei jeder Reflexion innerhalb der Röhre unvermeidlich.

Einfache Montage

Tageslichtspot über einer Dusche

Klassisches Anwendungsbeispiel in einem fensterlosen Bad. Foto: tdx/Interferenz

Die Montage eines Tageslichtspots ist nicht nur im Neubau, sondern auch bei Bestandsgebäuden in relativ kurzer Zeit möglich. Die Röhren werden meist zwischen dem Gebäudedach und der Decke des Raumes montiert, der durch den Tageslichtspot beleuchtet werden soll. Auch eine Montage an der Fassade ist bei vielen Systemen möglich.

Mit Tageslichtspots lassen sich beachtliche Längen überbrücken. Die maximale Rohrlänge unterscheidet sich von Hersteller zu Hersteller. Manche begrenzen sie auf 6 m, andere gehen weit darüber hinaus – beispielsweise bis zu 18m.

Dazu ist allerdings zu sagen, dass ein sehr langes Rohrsystem auch einen besonders breiten Durchmesser notwendig macht, damit noch eine ausreichende Lichtmenge am Ende des Rohres ankommt. Denn bei jeder Spiegelung kommt es ja – wie oben bereits erwähnt – zumindest zu einem geringen Lichtverlust. Über die Distanz summiert sich das. Bei gleich bleibendem Rohrdurchmesser bieten Tageslichtspots daher mit zunehmender Rohrlänge eine geringere Lichtintensität.

Der Durchmesser der Rohre und damit die für den Einbau erforderliche Dach- beziehungsweise Deckenöffnung variiert je nach Produkt. Bei herkömmlichen Tageslichtspots ist aber eine deutlich geringere Einbaufläche notwendig als etwa bei einem Dachfenster. Üblich sind Röhrendurchmesser von 25 cm bis hin zu rund 50 cm.

Typische Leuchtenoptik

Am raumseitigen Ende der Röhre sorgen Streuscheiben dafür, dass der darunter liegende Raum mit dem reflektierten Licht von draußen optimal ausgeleuchtet wird. Der Raumabschluss des Tageslichtspots sieht normalerweise kaum anders aus als eine herkömmliche flache Deckenleuchte. In der Regel befindet sich unter der Streuscheibe sogar zusätzlich eine ganz normale künstliche Lichtquelle, sodass man auf elektrischen Lampenbetrieb umschalten kann, wenn es draußen zu dunkel wird. Aber auch wenn der Spot im Raum wie eine normale Lampe daherkommt, kann man mit dem System natürlich sehr gut Besucher beeindrucken. Licht ohne Strom in einem fensterlosen Raum ist eben einfach eine faszinierende Angelegenheit.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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