Was ist ein Blower-Door-Test
Das Gebäudeenergiegesetz schreibt für Neubauten vor, „dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig nach den anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist“ (§ 13). Diese Luftdichtheit der Gebäudehülle müssen Bauherren mithilfe einer speziellen Differenzdruckmessung nachweisen – dem so genannten Blower-Door-Test.
Die notwendige Prüfung der Dichtheit des Gebäudes wird in § 26 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) näher erläutert. Bevor dieses im November 2020 in Kraft getreten ist, war das Thema Luftdichtheit in der alten Energieeinsparverordnung (EnEV) geregelt, die aber ebenso wie das frühere Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) durch das GEG abgelöst wurde.
Wichtig zu wissen: Das GEG hat die alten EnEV-Regelungen zum Blower-Door-Test nicht einfach eins zu eins übernommen, sondern zumindest teilweise verändert.
Was heißt Luftdichtheit?
Die Forderung nach Luftdichtheit für Neubauten bedeutet unter anderem, dass durch geschlossene Fenster und Außentüren keine Luft aus den Innenräumen nach außen dringen darf. Die komplette Gebäudehülle – mit Ausnahme nicht verschließbarer Öffnungen – muss praktisch genauso dicht sein wie Außenwände. Das gilt auch für die Anschlussfugen von Fenstern und Türen.
Die Anforderung der Luftdichtheit gilt zudem auch für den Dachbereich. Bevor der Wärmeschutz von Gebäuden in Deutschland durch Verordnungen und Gesetze geregelt wurde, waren zum Beispiel klassische Steildächer mit Ziegeleindeckung oft ziemlich luftdurchlässige Konstruktionen. Noch in den 1970er-Jahren war es durchaus üblich, dass durch Dächer der Wind pfiff – man betrachtete das quasi als natürliche Belüftung.
Heute dagegen müssen Dachhandwerker bei Neubauten die geforderte Luftdichtheitsschicht aufwändig herstellen. Das geschieht in der Regel durch Verlegung von so genannten Dampfbremsen. Diese Folienwerkstoffen sorgen – wenn sie fehlerfrei verarbeitet sind – für Luftdichtheit. Außerdem schützen sie die Dachdämmstoffe sowie das Dachtragwerk vor Feuchtigkeit aus dem Innenraum.
Hauptzweck der Luftdichtheit – bei Dächern und Außenwänden – ist aber der Wärmeschutz. Seit man Häuser aufwändig und teuer dämmt, will man natürlich unbedingt vermeiden, dass der Effekt verpufft, weil warme Innenraumluft über Fugen, Ritzen oder Löcher in der Gebäudehülle trotzdem nach draußen strömt. Bereits kleine Undichtigkeiten können zu großen Wärmeverlusten führen und zudem Feuchteschäden auslösen. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik hat gemessen, dass durch eine undichte Fuge von nur 1 mm Breite und 1 m Länge pro Tag 800 g Tauwasser in die Baukonstruktion gelangen können.
Aufspüren von Leckagen
Um mögliche Leckagen in der Gebäudehülle zu finden, muss bei Neubauten der Blower-Door-Test durchgeführt werden. Für die genaue Durchführung dieses Tests verwies die alte Energieeinsparverordnung auf die DIN EN 13829. Das GEG dagegen fordert eine Luftdichtheitsüberprüfung gemäß Anhang NA der DIN EN ISO 9972: 2018-12. Nach Angaben des Fachverbandes Luftdichtheit im Bauwesen wurde dieser nationale Anhang der europäischen Norm eigens für das GEG verfasst. Für Neubauten, deren Bauantrag noch vor dem Inkrafttreten des GEG gestellt wurde, gelten übrigens noch die Bestimmungen der EnEV, für alle anderen das neue Recht.
Grundsätzlich gilt, dass bei der Durchführung des Blower-Door-Tests alle verschließbaren Öffnungen der Gebäudehülle (Fenster, Türen) zu schließen sind. Nur eine Außentür (oder ein Fenster) bleibt zunächst geöffnet. Dort nämlich wird die Blower-Door – die „Gebläse-Tür“ – eingebaut. Dabei handelt es sich um einen Ventilator, der mit einer luftdichten Plane umgeben ist, welche die gesamte Öffnung dicht verschließt. Der oben genannte nationale Anhang zur DIN EN ISO 9972 enthält übrigens eine verbindliche Checkliste zur Gebäudepräparation für den Blower-Door-Test (Tabellen NA.1 bis NA.3).
Beim Test erzeugt man im betreffenden Gebäudeteil mithilfe des Ventilators einen Unterdruck oder Überdruck und misst anschließend im Gebäude die Luft-Volumenströme in Kubikmeter pro Stunde. Falls sich undichte Stellen in der Gebäudehülle befinden, strömt durch diese kältere Außenluft von draußen nach, was dann zu einer Erhöhung der Volumenströme führt. Auf diese Weise lassen sich Leckagen in der Gebäudehülle aufspüren. Diese lassen sich zum Beispiel mithilfe eines thermischen Anemometers „sichtbar“ machen. Ein solches Gerät ist in der Lage, lokale Windgeschwindigkeiten zu messen.
Um unerwünschte Leckagen in der Gebäudehülle während eines Blower-Door-Tests aufzuspüren, kommen außerdem auch häufig Thermografie-Kameras zum Einsatz. Die Aufnahmen dieser Infrarotkameras stellen farblich dar, an welchen Stellen im Gebäude kühle Außenluft einströmt. Eine weitere Variante zum Aufspüren von Leckagen besteht ferner darin, das Gebäude von innen mit künstlichem Rauch zu vernebeln. Von außen lässt sich dann beobachten, an welchen Stellen der Rauch durch die Gebäudehülle entweicht.
Maximale Luftwechselrate vorgeschrieben
Der Blower-Door-Test nach Anhang NA der DIN EN ISO 9972 schreibt neben der Unterdruck- auch eine zusätzliche Überdruckmessung vor. Bei manchen Leckagen verringert dies die Wahrscheinlichkeit, dass sie unentdeckt bleiben. Das wichtigste Ergebnis liefert die Messung bei einer Druckdifferenz von 50 Pascal zwischen drinnen und draußen. Das GEG schreibt nämlich vor, wie hoch der Luft-Volumenstrom bei dieser Druckdifferenz (Unter- und Überdruck) maximal sein darf.
Laut § 26 des GEG darf dieser in Kubikmeter pro Stunde gemessene Volumenstrom bei Gebäuden ohne Lüftungsanlage „höchstens das 3fache des beheizten oder gekühlten Luftvolumens des Gebäudes in Kubikmetern betragen“. Bei Gebäuden mit Lüftungsanlagen ist maximal das 1,5-fache erlaubt. Für Gebäude mit einem beheizten oder gekühlten Luftvolumen von über 1.500 m3 erlaubt § 26 GEG dagegen höhere Volumenströme (siehe dazu § 26 GEG, Absatz 3).
Was im GEG sehr kompliziert klingt, bedeutet vereinfacht gesprochen, dass bei Gebäuden ohne Lüftungsanlage die Luftwechselrate nicht höher als 3 und bei Gebäuden mit Lüftungsanlagen nicht höher als 1,5 sein darf. Die Luftwechselrate ist nämlich genau der Wert, der angibt, wie oft das Innenvolumen eines Gebäudes bei 50 Pascal Druckdifferenz innerhalb einer Stunde komplett mit neuer Luft gefüllt wird. Sie wird daher auch als n50-Wert bezeichnet.
Der Luftaustausch in Räumen erfolgt üblicherweise, indem Luft von außen nachströmt. Im Fall des Blower-Door-Tests handelt es sich um Luft durch Undichtigkeiten in der Gebäudehülle, weil sämtliche andere Öffnungen zuvor ja geschlossen wurden. Je mehr Luft durch Undichtigkeiten in das Gebäude nachströmt, umso mehr Luft muss der Ventilator wieder nach draußen befördern, damit die für die Messung entscheidende Druckdifferenz von 50 Pascal erhalten bleibt.
Änderungen bei der Gebäude-Präparation
Der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen (FLiB) moniert seit Jahren, dass viele Luftdichtheitsmessungen bei Neubauten fehlerhaft durchgeführt würden. Kaum jemandem sei bewusst, dass man Fördermittelbetrug begeht, wenn günstige Kredite oder Fördergelder fließen, obwohl der in vielen Fällen vorgesehene Dichtheitstest die Vorgaben der geltenden Messnorm nicht einhält.
Mit Einführung der neuen Messnorm durch das GEG dürfte sich dieser Missstand nicht gerade verbessert haben. Denn Messdienstleister können nun einiges zusätzlich falsch machen, wenn sie Neuregelungen im Anhang NA der DIN EN ISO 9972 nicht beachten. Der FLiB weist darauf hin, dass sich insbesondere die Gebäude-Präparation für den Test entscheidend verändert hat. Zu den Änderungen infolge des Normwechsels zählt etwa, dass nicht verschließbare Außenluftdurchlässe der freien Lüftung im Vorfeld eines Blower-Door-Testes nicht mehr temporär abgedichtet werden dürfen.
Zu „EnEV-Zeiten“ war nämlich genau das üblich. Bevor der Luftdichtheitstest durchgeführt wurde, bemühten sich die Messdienstleister, zum Beispiel Fensterfalzlüfter, Fahrschachtbelüftungen von Aufzügen oder Öffnungen zum Rauch- und Wärmeabzug (RWA) mit geeigneten Abdichtungsmaßnahmen vorübergehend dichtzubekommen. Das führte dazu, dass Gebäude beim Dichtheitstest gute Kennwerte erreichten, obwohl durch diese Öffnungen im Nutzungszustand ein ständiger Luftaustausch stattfindet. Mit dem neuen GEG ist diese Messpraxis nach FLiB-Angaben nicht länger zulässig.
Durch das GEG und dessen Bezug auf den nationalen Anhang schreibt der Gesetzgeber nun erstmals ein Mess- und Präparationsverfahren vor, das die Luftdurchlässigkeit von Gebäuden weitgehend im Nutzungszustand erfasst. Anstatt, wie bisher üblich, Lüftungswärmeverluste durch absichtlich vorhandene Öffnungen, die im Nutzungszustand offenstehen, beim Blower-Door-Test per Abdichten auszublenden, fließen diese nun in den Dichtheitskennwert mit ein. Im Ergebnis liegt der in der energetischen Berechnung angesetzte Dichtheitskennwert damit näher an der gebauten Wirklichkeit – so der FLiB.
Der Fachverband begrüßt diese Änderung ausdrücklich und verweist auch auf die erheblichen Erleichterungen für Messdienstleister. „Messende sparen sich jede Menge Arbeit, wenn sie nicht zig Fensterfalzlüfter abkleben und später in den Ursprungszustand zurückversetzen müssen“, nennt Verbandsgeschäftsführer Oliver Solcher ein Beispiel. Dass Neubauten durch die neuen Regeln gleich reihenweise beim Blower-Door-Test durchfallen, sei dagegen eine unbegründete Sorge. Das zeigen die Ergebnisse einer Umfrage, die der FLiB im Frühsommer unter seinen Mitgliedern durchgeführt hat. Nähere Infos zu dieser Befragung finden Interessierte in dieser Pressemitteilung des Verbandes.
Dieser Text ist eine Aktualisierung unseres ursprünglichen Beitrags „Was ist ein Blower-Door-Test und wie funktioniert er?“ von Oktober 2014.
