Schallschutz nach DIN 4109
Die erstmals 1989 eingeführte und zuletzt 2018 überarbeitete Schallschutznorm DIN 4109-1 („Schallschutz im Hochbau“) regelt Mindestanforderungen an Bauteile. Vor allem in Wohnhäusern entsprechen diese nicht mehr den heutigen Ansprüchen. Die im August 2020 eingeführte DIN 4109-5 definiert deshalb Anforderungen an einen wahrnehmbar höheren Schallschutz. Dieser kann freiwillig vereinbart werden, ist aber im Gegensatz zu den Mindestanforderungen nicht baurechtlich verpflichtend.
Die DIN 4109-1 beschreibt Mindestanforderungen an die Schalldämmung von Bauteilen, die zur Begrenzung von Aufenthaltsräumen in Wohn- oder Nichtwohngebäuden eingesetzt werden. Die Anforderungen beziehen sich auf die Schalldämm-Fähigkeiten trennender Gebäudebauteile wie Wände, Decken und Fußböden.
Da die Bundesländer in ihren jeweiligen Landesbauordnungen auf die Schallschutznorm verweisen, sind deren Anforderungen nicht nur bloße Empfehlungen, sondern gesetzlich verpflichtend. Sie sind beim Bau von Gebäuden also auch ohne explizite Vereinbarung – zum Beispiel zwischen Hausbesitzer und Gebäudeplaner – zwingend einzuhalten.
DIN 4109-1 schreibt Mindestanforderungen vor
Aber wie gesagt: Die DIN 4109-1 regelt nur Mindestanforderungen. Diese sollen sicherstellen, dass Menschen in Aufenthaltsräumen vor unzumutbaren Belästigungen durch Schallübertragung geschützt sind. Die Norm fordert nicht, dass in den schutzbedürftigen Räumen überhaupt keine Geräusche von außen oder aus benachbarten Räumen hörbar sein dürfen.
Die DIN 4109-1 schreibt beispielsweise für Trennwände zwischen fremden Wohn- oder Arbeitsbereichen ein bauteilbezogenes Schalldämm-Maß von mindestens 53 dB vor. Entsprechende Mindestanforderungen definiert die Norm zum Beispiel auch für den Schallschutz von Haustrennwänden und den Trittschallschutz von Gebäudedecken.
Das Mindest-Schalldämm-Maß von 53 dB für Wohnungstrennwände bedeutet, dass diese den Schallpegel aus einem Senderaum im Empfangsraum um mindestens 53 dB senken müssen. Die Wände müssen also nicht schalldicht sein, sondern den Geräuschpegel von nebenan nur zum Teil „schlucken“. Dort wo Bewohner direkt Wand an Wand wohnen, gibt es also kein Recht auf komplette Abschirmung von Geräuschen aus benachbarten Wohnungen. Trennwände, die so etwas garantieren, müssten deutlich mehr Schall schlucken als von der Norm gefordert.
Tatsächlich erfüllen die in DIN 4109-1 formulierten Anforderungen nicht einmal die bereits anerkannten Regeln der Technik für den Schallschutz im modernen Wohnungsbau. Deshalb werden bei Neubauten schon seit Langem meist höhere Schallschutzanforderungen vereinbart.
Schallausbreitung über flankierende Bauteile
Die DIN 4109 regelt nicht nur Mindestanforderungen an den Schallschutz im Hochbau, sondern legt auch das Verfahren fest, nach dem die Einhaltung der geforderten Schalldämm-Maße für raumtrennende Bauteile nachzuweisen ist. Das vorgeschriebene Nachweisverfahren berücksichtigt nicht nur die direkte Schallübertragung über die unmittelbaren Trennwände beziehungsweise Decken/Fußböden zwischen Sende- und Empfangsraum, sondern umfasst auch eine Berechnung der Schallausbreitung über flankierende Bauteile.
Zum Hintergrund: Schallwellen breiten sich von einen in den anderen Raum nicht nur direkt über die dazwischenliegenden Trennwände, sondern auch indirekt über flankierende Bauteile aus. Sofern die beiden Räume nur eine gemeinsame Trennwand haben, gibt es vier flankierende Bauteile, die an diese Trennwand angrenzen: die beiden gemeinsamen Seitenwände, die gemeinsame Decke und der gemeinsame Fußboden.
Bei Massivbauten werden etwa 80 % des Schalls direkt über die Trennwand übertragen. Bei Leichtbauwänden ist das anders. Hier legen die Schallwellen viel häufiger auch Umwege ein, welche die flankierenden Bauteile miteinbeziehen. Bei zwei Räumen mit einer Trennwand und vier flankierenden Bauteilen ergeben sich insgesamt 13 Übertragungswege, über die Geräusche vom Sende- in den Empfangsraum gelangen können.
Zur Überprüfung, ob eine Bauteilkonstruktion das jeweils geforderte Schalldämm-Maß einhält, fordert die DIN 4109 die Berechnung der Schalldämm-Maße für all diese Übertragungswege. Auf Grundlage der Schalldämm-Maße aller 13 Übertragungswege, wird dann das resultierende Schalldämm-Maß der Gesamtkonstruktion ermittelt.
Was ist das Schalldämm-Maß?
Das Schalldämm-Maß R wird in Dezibel (dB) angegeben, was zugleich die Maßeinheit des Schallpegels ist. Das ist insofern logisch, weil sich R aus der Differenz zwischen dem Schallpegel im Senderaum und dem Schallpegel im Empfangsraum ergibt. Wenn die DIN 4109 zum Beispiel für eine Haustrennwand eine Mindest-Schalldämmung von 57 dB vorschreibt, dann muss die Wand 57 dB „schlucken“ – den erhöhten Schallpegel aus dem Nachbarhaus also mindestens um diesen Wert senken.
Zur Veranschaulichung: Musik in Diskolautstärke verursacht durchschnittlich einen Schallpegel von etwa 110 dB. Wenn nun eine Haustrennwand diesen Pegel um 57 dB senkt, kommen durch diese Wand nur noch 53 dB in den Räumen des Nachbarhauses an. Das wäre dann leiser als zum Beispiel normale Sprache in 1 m Entfernung (60 dB). Das spezielle Ermittlungsverfahren des Schalldämm-Maßes R erfasst allerdings nur Schallwellen mit einer Frequenz von 100 bis 3.150 Hertz. R erlaubt damit keine Aussagen darüber, inwieweit Bauteile die Bassfrequenzen einer Stereoanlage abschirmen können.
Die Ausrichtung von Schallschutzanforderungen allein anhand des bauteilbezogenen Schalldämm-Maßes ist auch noch aus einem anderen Grund trügerisch. Der wahrgenommene Geräuschpegel in einem Raum hängt nämlich gar nicht nur von der Beschaffenheit der Trennwände sowie Decken und Fußböden zum Nachbarraum ab. Auch Größe und Geometrie des Empfangsraumes spielen eine Rolle. Schallwellen, die sich aus einem großen Senderaum in einen kleinen Empfangsraum bewegen, sind dort lauter zu hören als in einem größeren Empfangsraum – auch wenn die Schalldämmung von Trennwand und flankierenden Bauteilen in beiden Fällen exakt dieselbe ist.
DIN 4109-5 empfiehlt erhöhten Schallschutz
Zur DIN 4109-1 gehörte lange Zeit das Beiblatt 2, das zusätzliche Empfehlungen für einen erhöhten Schallschutz enthielt, die über die Mindestanforderungen hinausgehen. Dieser erhöhte Schallschutz war zwar nicht verpflichtend, konnte für ein konkretes Bauprojekt aber freiwillig vereinbart werden. Seit knapp drei Jahren ist das Beiblatt 2 Geschichte. Die meisten seiner Inhalte finden sich aber in der im August 2020 eingeführten DIN 4109-5 wieder – dem fünften Teil der Schallschutznorm.
Die DIN 4109-5 definiert Anforderungen für einen wahrnehmbar höheren bauteilbezogenen Schallschutz, der über die Mindestanforderungen hinausgeht. Die Norm gilt für Wohngebäude sowie für Gebäude mit Wohn- und Arbeitsbereichen, nicht aber für reine Bürogebäude oder sonstige reine Nichtwohngebäude. Der erhöhte Schallschutz von Hotels und Beherbergungsstätten sowie von Krankenhäusern und Sanatorien wird ebenfalls von der DIN 4109-5 erfasst.
Für raumtrennende Wände bedeutet erhöhter Schallschutz nach DIN 4109-5, dass das Schalldämm-Maß des Bauteils mindestens 3 dB höher sein muss als die Mindestanforderung der DIN 4109-1. Trennwände zwischen Aufenthaltsräumen verschiedener Wohnungen sollten demnach ein bauteilbezogenes Schalldämm-Maß von mindestens 56 dB erreichen. Wir erinnern uns: Die Mindestanforderung liegt nur bei 53 dB. Für Treppenhauswände zwischen Aufenthaltsräumen von Wohnungen und fremden Fluren beziehungsweise Treppenhäusern verlangt die DIN 4109-5 ebenfalls ein Schalldämm-Maß von mindestens 56 dB.
Der durch Trittschall verursachte Schallpegel im Empfängerraum soll beim erhöhten Schallschutz um mindestens 5 dB gegenüber den Mindestanforderungen verringert werden. Und Geräusche von gebäudetechnischen Anlagen müssen um mindestens 3 dB reduziert sein, um die Anforderungen des erhöhten Schallschutzes nach DIN zu erfüllen.
Anders als die Mindestanforderungen aus Teil 1 der Norm ist die Einhaltung der erhöhten Anforderungen natürlich freiwillig. Zur Pflicht werden sie erst, wenn sie in einem privatrechtlichen Bauvertrag festgelegt wurden. Besonders in Mietwohnungsgebäuden, wo viele Menschen Wand an Wand wohnen, empfiehlt sich ein erhöhter Schallschutz unbedingt. Seit August 2020 können Bauherren, Planer und Bauausführende entsprechende Anforderungen auf Grundlage der neuen DIN 4109-5 vereinbaren.
Dieser Text ist eine Zusammenfassung und Aktualisierung der BaustoffWissen-Beiträge „Schallschutz nach DIN 4109“ (5/2013) und „Schallschutz: Was ist neu an der DIN 4109?“ (12/2016).