RM Rudolf Müller
Verlegen großformatiger Fliesen

Auf bestimmten Untergründen trocknet der Klebemörtel bei großformatigen Fliesen aufgrund des geringen Fugenanteils deutlich langsamer.

Boden und Wand
17. März 2010 | Artikel teilen Artikel teilen

Mit System, Sorgfalt und Sauberkeit (2. Teil)

Wie man großformatige Fliesen und Platten fachgerecht verlegt

Hans-Peter Schmied, Anwendungstechniker bei der PCI Augsburg GmbH, erklärt euch im zweiten Teil des Fachwissens-Beitrags über fachgerechtes Verlegen großformatiger Fliesen, welche Unterschiede es bei den Materialien Keramik, Naturstein und Kunststein gibt und was man dabei unbedingt beachten sollte.

Bei zementgebundenen Untergründen ist die Verlegung von großformatigen Fliesen und Platten mit konventionellen Verlegesystemen möglich. Dagegen ist insbesondere bei der Verlegung auf calciumsulfatgebundenen Untergründen zu beachten, dass aufgrund des geringen Fugenanteils bei großformatigem Belagsmaterial die Austrocknung des Klebemörtels deutlich verlangsamt wird. Bei ungeeigneter oder unzureichender Grundierung des Untergrundes können Schäden in der Grenzschicht und damit eine Ablösung des Belages eintreten.In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, die Untergrundprüfung und -Vorbehandlung äußerst sorgfältig durchzuführen. Dazu gehört aus Sicht der PCI zwingend das Anschleifen der Estrichoberfläche bzw. das Abschleifen eventuell vorhandener Sinterschichten, auch wenn dies vom Estrichhersteller als nicht erforderlich angesehen wird. Denn neben der Verbesserung der Oberflächengüte bewirkt der Schleifprozess auch eine Beschleunigung des Austrocknungsverhaltens. Auch die Restfeuchtemessung mittels CM-Gerät direkt vor der Verlegung ist unverzichtbar. Bei Verwendung konventioneller Dispersionsgrundierungen (z. B. „Gisogrund“) sind zwingend die vorgegebene Verbrauchsmenge und die Wartezeit bis zur Verfilmung einzuhalten. Nur dann wird eine ausreichend feuchtigkeitssperrende Wirkung erzielt. Zeitsparend ist der Einsatz der Blitzgrundierung „Gisogrund Rapid“, die bereits nach etwa zehn Minuten verfilmt und deshalb ein rasches Verlegen des Belages ermöglicht.

Fliesen und Platten aus Keramik

Trocknung Grundierung

Zeitsparend ist der Einsatz der Blitzgrundierung „Gisogrund Rapid“, die bereits nach etwa zehn Minuten verfilmt und deshalb ein rasches Verlegen des Belages ermöglicht.

Konventionelles keramisches Material (Steingut, Steinzeug, Feinsteinzeug) ist im Hinblick auf das Verformungspotenzial in der Regel unproblematisch und kann unter Berücksichtigung der vorgenannten Besonderheiten relativ unkompliziert verlegt werden. Diese sehr filigranen, als „Porzellankeramik“ bezeichneten Feinsteinzeugplatten (3 bis 11 mm Dicke) werden mit und ohne rückseitige Beschichtung ausgeliefert und sind bis zu Formaten von 300 x 100 cm erhältlich. Bei diesem Belagsmaterial ist eine absolute Ebenflächigkeit des Untergrundes erforderlich. Auch die folgenden Umstände sind zu beachten, um bei bzw. nach der Verlegung keine unangenehmen Überraschungen zu erleben:

Die Bruchgefahr ist bei diesen Platten relativ groß (zumindest bei den dünnschichtigen Varianten), auch wenn sie als „flexibel“ bezeichnet werden.Sollte es notwendig sein, eine Platte wieder aus dem Kleberbett herauszunehmen, kann dies nur mit Hilfe eines Drahtes erfolgen, der unter der Platte durchgeführt wird. Der Versuch, die Platte mit der Kelle herauszuhebeln, würde unweigerlich zum Bruch der Platte führen. Bei Verwendung eines normal abbindenden Dünnbettmörtels besteht folgende Gefahr: Aufgrund der Biegefähigkeit der Platten kommt es bei zu früher Belastung im Mittelbereich der Platte zu einer Stauchung der noch weichen Kleberstege. Nach Entlastung der Platte führt dies zum Verlust der Verbundhaftung, die im Verlauf der Nutzung fortschreitet. Ein Schaden ist mittelfristig programmiert. Deshalb ist hier die weitestgehend hohlraumfreie Bettung bei Bodenbelägen zwingend erforderlich. Sollte eine ausreichend lange Trocknungszeit vor Begehen und Verfugen des Belages nicht möglich sein, ist die Verwendung von schnell abbindenden Klebemörteln erforderlich.

Fliesen und Platten aus Naturwerkstein

Messung von Fliesen-Verformung

Fliesen aus Natur- und Kunsttein neigen zur Verformung. Wie stark diese ist, kann man messen.

Wegen der enormen Vielfalt an verschiedenen Gesteinssorten mit all ihren Unterschieden und den teils abenteuerlichen (und irreführenden) Namen ist eine pauschale Angabe bezüglich des zu verwendenden Verlegemörtels schwierig. Vor allem die Wasseraufnahme und die damit eventuell verbundene Verformungsneigung des zu verlegenden Materials sind genauestens zu prüfen. Insbesondere diverse Schiefersorten, Grauwacke und Serpentinite zeigen ein hohes Verformungspotenzial. Eine einfache Prüfmethode sollte hier bereits im Vorfeld angewendet werden: Die Platte wird im Lieferzustand bezüglich ihrer Ebenflächigkeit mit einem Stahllineal über die Diagonale überprüft. Danach wird die Platte in ein flaches Wasserbecken eingelegt, so dass sich etwa die Hälfte der Plattenstärke im Wasser befindet. Sollten sich innerhalb von zwei Stunden Verformungen von über 0,5 mm gegenüber dem Ursprungszustand zeigen, ist eine Verlegung mit zementären Klebemörteln nicht möglich. In diesem Fall muss auf Reaktionsharzprodukte zurückgegriffen werden.

Fliesen und Platten aus Kunststein

Verformung von Naturstein-Fliese

Insbesondere diverse Schiefersorten, Grauwacke und Serpentinite zeigen ein hohes Verformungspotenzial. Die Platten werden deshalb nach der Lieferung auf ihre Ebenflächigkeit mit einem Stahllineal über die Diagonale geprüft.

Kunststeinplatten werden unter Verwendung unterschiedlicher Bindemittel (Polyester-, Epoxid- und Acrylharz, aber auch Zement) und diversen Zuschlägen (Natursteinbruch, Glas, Quarz etc.) hergestellt. Häufig sind solche Platten – vor allem bei großen Formaten – noch mit einer rückseitigen Armierungsschicht aus Glasfasergewebe und Reaktionsharz verstärkt. Diese Platten sind optisch sehr ansprechend, haben aber verlegetechnisch ihre Tücken:

Die Verbundhaftung mit zementären Klebesystemen kann unzureichend sein.
Das Bindemittel der Kunststeinplatten ist entscheidend für die Wahl des Klebesystems (zementär oder Reaktionsharz). Polyesterharze verseifen, wenn sie einem alkalischen Milieuausgesetzt sind. Da zementäre Verlegemörtel hochalkalisch sind und dies im Nassbereich bei ständiger Durchfeuchtung auch bleiben, ist besondere Sorgfalt bei der Prüfung und Beurteilung von polyestergebundenen Platten anzuraten. Auch was die Verformungsneigung solcher Kunststeinplatten angeht, ist Vorsicht geboten. Hier ist die oben erwähnte Vorprüfung im „Wasserbett“ ebenfalls notwendig. Nur wenn keine oder eine nur geringe Verformung (max. 0,5 mm über die Diagonale) nachgewiesen werden kann, ist die Verlegung mit zementären Materialien möglich. Die Verwendung von schnell abbindenden Klebemörteln ist auch hier generell sinnvoll, um ein rasches Erhärten des Klebemörtels unter der Platte zu gewährleisten. Bei Platten, die zu starker Verschüsselung neigen, empfehlen wir grundsätzlich den Einsatz wasserfreier Reaktionsharz-Systeme (z. B. „Collastic“ oder „Durapox NT“).

Fazit

Die Verlegung von großformatigen Fliesen und Platten ist im Vergleich zu Standardformaten anspruchsvoller und komplexer; sie ist jedoch kein Hexenwerk. Wenn man die materialspezifischen und verlegetechnischen Besonderheiten kennt und berücksichtigt, ist die Ausführung eines einwandfreien Belages für geschultes Fachpersonal möglich. Die Fachberater und Anwendungstechniker der PCI Augsburg GmbH stehen im Bedarfsfall selbstverständlich gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Praxistipps für die Verarbeitung von großformatigen Fliesen und Platten:
Zum Tragen und Ansetzten Saugheber verwenden.
Bei starker Rückseitenprofilierung (z. B. Waffelmuster) empfiehlt sich das Abspachteln der Plattenrückseite, auch bei Verwendung eines Fließbettmörtels; denn Lufteinschlüsse können den Haftverbund einschränken.Zum Herausnehmen einer frisch verlegten Platte einen Stahldraht unter der Platte hindurch ziehen, wodurch diese vom Kleberbett getrennt wird.
Zu frühe Belastung des Belages vermeiden; falls erforderlich, Hartschaumplatten zur Lastverteilung auflegen.

Quelle: Hans-Peter Schmied, Anwendungstechnik PCI Augsburg GmbH



 

Fachgerechte Verlegung von großformatigen Fliesen und Platten

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