
Lehmsteine werden häufig zur Ausmauerung von Fachwerk verwendet. Alle Fotos: Claytec
Lehmsteine: Typen und Einsatzbereiche
Aus Lehmerde lassen sich nicht nur Putze, Bauplatten oder Stampflehmwände herstellen, sondern auch Mauerwerksteine. Diese werden vor allem zur Ausmauerung von Fachwerk, zur Konstruktion nichttragender Innenwände und Vorsatzschalen sowie zur Beschwerung von Holzbalkendecken eingesetzt. Es gibt zudem auch schwere Steine, die für tragendes Mauerwerk zugelassen sind. Allen Lehmsteintypen gemeinsam ist, dass sie im Unterschied zu den artverwandten Ziegelsteinen nicht gebrannt werden.
Wie wir bereits im Beitrag „Woraus bestehen Lehmböden?“ erläutert haben, handelt es sich bei Lehm um ein natürliches Gemisch aus sandigen bis steinigen Erdbestandteilen und Ton. Die Tonmineralien haben in diesem Gemisch die kleinste Korngröße (< 0,002 mm) und wirken als Bindemittel. Ob Erde als Lehm bezeichnet wird, hängt aber nicht nur von den einzelnen Bestandteilen, sondern von auch von deren Mengenanteilen ab. Von Lehm spricht man, wenn nicht der Tongehalt, sondern der Anteil von Sand und Schluff überwiegt. Steine mit deutlich mehr Ton, die zudem gebrannt werden, bezeichnet man dagegen nicht als Lehm-, sondern als Ziegelsteine.
Ungebrannt und vielseitig

Leichtlehmsteine enthalten Zuschläge wie Holz- und Strohhäcksel.
Lehmsteine dagegen sind immer ungebrannt. In der Praxis werden sie vor allem zur Ausmauerung von Fachwerk verwendet, aber auch zum Bau nichttragender Innenwände sowie zur Beschwerung von Holzbalkendecken. Außerdem lassen sich mit Lehmsteinen auch Vorsatzschalen bauen – zum Beispiel zur Herstellung einer Innendämmung. Dafür wird eine Lehmsteinschale vor eine bestehende Wand gemauert und der dazwischen liegende Hohlraum mit Leichtlehm gefüllt. Schließlich gibt es auch besonders feste Lehm-Vollsteine, mit denen man sogar tragende Wände errichten darf. Diese müssen im Außenbereich allerdings verputzt werden, weil Lehm wasserlöslich und frostempfindlich ist.
Die verschiedenen Anwendungen erfordern zum Teil auch verschiedene bauphysikalische Eigenschaften der Steine. Die Industrie stellt deshalb Loch- und Vollsteine in unterschiedlichen Formaten und mit unterschiedlichen Gewichten zur Verfügung. Schwere Lehmsteine werden in der Regel ausschließlich aus Lehm gefertigt, Leichtlehmsteine enthalten dagegen auch Leichtzuschläge wie zum Beispiel Holz-, Stroh- und Hanfhäcksel oder auch Blähton. Dadurch werden sie leichter und ihre Wärmedämmung verbessert sich. Schwerere Lehmsteine eignen sich dafür besser für den Schallschutz. Außerdem bieten sie eine höhere Wärmespeicherfähigkeit und tragen stärker zur Regulierung der Raumluftfeuchtigkeit bei.
Genauso wie Lehmputze, Lehmbauplatten oder Stampflehmwände gelten auch Lehmsteine als wohngesunde Baustoffe, die keinerlei VOC-Gefahrstoffe ausgasen, sondern – im Gegenteil – sogar zur Verbesserung des Innenraumklimas beitragen. Sofern sie nicht zu leicht sind, eignen sie sich als Wärmepuffer. Außerdem ist Lehm diffusionsoffen, kann also überschüssigen Wasserdampf aus der Raumluft zwischenzeitig aufnehmen und bei Bedarf zeitversetzt wieder abgeben. Starke Durchfeuchtung sollte allerdings vermieden werden.
Was sind Grünlinge?

Grünlinge (hier als Lochstein) sind ungebrannte Ziegel.
Bei den bisher genannten schweren und leichten Produkten handelt es sich um Steine, die aus speziell aufbereiteter Lehmerde bestehen. In diesem so genannten Baulehm wirkt der Ton zwar als Bindemittel, er überwiegt aber nicht mengenmäßig. Anders verhält es sich mit den so genannten Grünlingen – einer weiteren Lehmstein-Variante. Diese Produkte verfügen über einen weitaus höheren Tonanteil. Sie enthalten keine Leichtzuschläge und sind relativ schwer, eignen sich gleichwohl aber nur für nichttragendes Mauerwerk.
Im Prinzip sind Grünlinge ungebrannte Ziegel. Um das zu verstehen, muss man sich noch mal die Bestandteile von Ziegelsteinen in Erinnerung rufen: Ton, Lehm und Sand. Diese Zutaten sind praktisch identisch mit denen von Lehmsteinen. Ziegel enthalten aber deutlich mehr Tonmineralien, und außerdem werden sie gebrannt. Bei den von Lehmbaustoffherstellern als Grünlinge vermarkteten Lehmsteine handelt es sich tatsächlich oft um Rohlinge, die von der Ziegelindustrie vor dem Brennen aussortiert wurden.
Grünlinge werden wie Ziegelsteine im Strangpress-Verfahren geformt, aber – wie erwähnt –nicht gebrannt. Aufgrund ihres hohen Anteils an kleinkörnigem Ton haben diese Steine eine hohe Rohdichte. Nach Angaben des Dachverbandes Lehm reagieren Grünlinge aber auch sehr empfindlich auf Feuchtigkeit, was ihre Anwendung auf den Innenbereich begrenzt. Dort bieten sie eine große Wärmespeichermasse und wirken dadurch regulierend auf die Raumlufttemperatur.
Beispiel Claytec-Sortiment
Die verschiedenen Lehmsteintypen und ihre Einsatzbereiche lassen sich gut veranschaulichen, indem man zum Beispiel einen Blick auf das Sortiment von Claytec wirft. Der Lehmbaustoffhersteller bietet mit dem „Lehmstein schwer NF 1800“ einen massiven Vollstein, der sogar für tragendes Mauerwerk zugelassen ist. Daneben gibt es aber auch fünf Leichtlehmsteine, die Claytec zum Ausmauern von Sichtfachwerk sowie zur Konstruktion von Vorsatzschalen und nichttragenden Wänden im Innenausbau empfiehlt. Diese fünf Steine unterscheiden sich durch ihr Format. Sie enthalten neben Lehm auch Holz- und Strohhäcksel und tragen aufgrund ihrer relativ geringen Rohdichte zum Wärmeschutz im Gebäude bei.
Frei von Holz und Stroh sind dagegen die schwereren Grünlinge im Angebot des Herstellers. Diese bezieht Claytec aus einer Ziegelproduktion, wo sie per Strangpresse hergestellt und luftgetrocknet, nicht aber gebrannt wurden. Diese stranggepressten Lehmsteine mit hohem Tonanteil werden für Anwendungen im Trockenbau beziehungsweise für Innenmauerwerk verwendet. Bei der Grünling-Variante DF (Dünnformat) etwa handelt es sich um einen Vollstein, der sich wegen seiner geringen Höhe (5,2 cm) ideal für Deckenfüllungen und -auflagen sowie für wärmespeichernde Innenschalen und Wandfüllungen eignet. Für solche Stapelwände werden die Steine ohne Mörtel einfach trocken aufeinandergestapelt.
Als Alternative bietet Claytec zudem einen 2DF-Grünling (2 x Dünnformat). Diesen Lochstein empfiehlt der Hersteller einerseits für Innenwände und andererseits ebenfalls für Stapelschalen sowie Deckenauflagen/-füllungen. Schließlich gehört ein NF-Grünling im Mauerstein-Normalformat zum Sortiment (24 cm Länge, 11,5 Breite, 7,1 cm Höhe). Dieser eignet sich auch für nichttragendes, mit Mörtel verklebtes Innenmauerwerk.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
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