
Nivellieren mit dem Stiftrakel. Fotos: Bostik
Großformate richtig verlegen
Großformatige Fliesen aus Feinsteinzeug sind vor einigen Jahren auf den deutschen Markt geschwappt. Heute sind diese Fliesen absoluter Trend und aus der modernen Gestaltung für keramische Oberbeläge nicht mehr wegzudenken. Jedoch stellt sich wiederholt die Frage, wie werden diese „großformatigen Trümmer“ verlegt? Gibt es Möglichkeiten der Risikominimierung?
Grundsätzlich gibt es gravierende Unterschiede bei keramischen Fliesen. Eine der wichtigsten Eigenschaften für die Verlegung ist die Saugfähigkeit einer Fliese.
Steingutfliesen nehmen einen guten Anteil an Wasser auf und werden typischerweise als Wandbekleidung im Innenbereich eingesetzt. Steinzeugfliesen, auch Grobkeramik genannt, sind aufgrund ihrer deutlich dichteren Stoffzusammensetzung mit erheblich weniger Saugfähigkeit ausgestattet.
Neben den Anwendungen im Innenbereich an Wand und Boden sind die Steinzeugfliesen auch im Außenbereich vorgesehen, insofern sie über ein zusätzliches Frostsicherheitssiegel verfügen. Und dann gibt es noch das sogenannte Feinsteinzeug. Während die beiden vorbenannten Fliesen gepresst und gebrannt werden, wird Feinsteinzeug unter Hochdruck trocken gepresst. Es entsteht ein extrem dichter Scherben, der so gut wie kein Wasser mehr aufnehmen kann.
Was bedeutet die Saugfähigkeit einer Fliese für die Verlegung?

Großformate in einem Supermarkt. Fotos: Bostik
Physikalisch betrachtet haben Steingut- beziehungsweise Steinzeugfliesen gleichwohl einen guten beziehungsweise einen geringeren Anteil von Kapillargefäßen, worin sich auch die Aufnahmefähigkeit von Wasser begründet. Feinsteinzeugfliesen haben aufgrund ihrer dichten Sinterung diesen Kapillaranteil nicht. Die Bedeutung für die Verlegung: Bei Anwendung eines Fliesenklebers mit dem Bindemittel Zement können sich beim Abbinden (Hydratation) auch Zementfädchen in den Kapillaren verkrallen, während eine Feinsteinzeugfliese auf die Adhäsionskraft des Klebers angewiesen ist. Das heißt, grob betrachtet werden Feinsteinzeugfliesen nicht verankert, sondern angehaftet.
Welche Bedeutung haben die Größen einer Fliese für die Verlegung?
Während Fliesen mit saugendem Charakter nahezu und fast ausschließlich in „handlichen“ Formaten erhältlich sind, werden Feinsteinzeugfliesen in immer mehr Größen und Varianten angeboten, zum Beispiel sind Größen wie 60 x 60 oder 45 x 90 und 20 x 120 Zentimeter keine Seltenheit. Ein kurzer Ausflug in die normativen Regelwerke zeigt, dass solche Formate nicht erfasst werden (zum Beispiel nicht zu finden in DIN ZTV 18352, DIN 18157). Hingegen in zusätzlichen Informationen des Fachverbandes (ZDB) werden solche Formate verlegetechnisch erfasst – jedoch mit Hinweis auf eine Sonderkonstruktion.
Das heißt, alles was in der Ausführung oder Herstellung nicht einem normativen Standard entspricht, muss gesondert mit dem Bauherrn vereinbart werden (dies gilt übrigens nicht nur für Bauarbeiten). Weiterhin gibt es parallel zur normierten Vorgabe auch eine anerkannte Regel der Technik oder den Stand der Technik – welcher im Wesentlichen auf Erfahrungen beruht. Nicht ein Einzelner hat Erfahrungen gesammelt, sondern mehrere haben Erfahrungen zusammengetragen und verstehen untereinander, wovon gesprochen wird. Nach circa zehn Jahren der Verlegung von Großformaten würde ich sagen, der Stand der Technik ist aktuell, wenn die Empfehlungen des Fachverbandes und die der Bauchemie befolgt werden.
Wie werden Großformate verlegt? Gibt es Wege zur Risikominimierung?
Ab wann ein Großformat ein solches ist, wird in der Fachinformation des ZDB definiert – ab einer Seitenlänge von 60 Zentimetern. Gleichwohl wird auch
vorgegeben, dass die Mindestdicke der Fliesen 8 Millimeter zu betragen hat. Die Feldbegrenzung von mit Großformat bekleideten Flächen wird auf eine Seitenlänge von 5 Metern beschränkt, und eine Verlegung im Verband ist nicht vorgesehen (auch nicht diagonal).
Die Restfeuchte in den Estrich-Untergründen ist nach CM-Methode zu messen (CA beheizt 0,3 CM%, unbeheizt 0,5 CM%; CT beheizt 1,8 CM%, unbeheizt 2,0 CM%). Platten ab einer Einzelgröße von 0,25 Quadratmetern sind zusätzlich mit einer rückseitigen Kratzspachtelung zu versehen und im kombinierten Verfahren (buttering-floating) weitestgehend hohlraumfrei zu verlegen. Eine Mindestfugenbreite der Fugen ist mit 3 Millimetern vorgegeben.
Die Fliesen, die in solchen Größen produziert und geliefert werden, bestehen nahezu zu 100 Prozent aus dem besonders „adhäsionsbedürftigen“ Feinsteinzeug.
Neben den Empfehlungen des Fachverbandes wird von der Bauchemie allgemein und ergänzend empfohlen, unbedingt geeignete Klebemörtel zu verwenden, in unserem Fall mit einem hohen Kunststoffanteil (Adhäsion) und kristalliner Wassereinbindung (der Kleber ist im Reaktions-/Trocknungsverhalten nicht auf die Wasserabgabe an die Umgebung angewiesen, sondern bindet das Anmischwasser in die „Mörtelmatrix“ ein).
Gleichwohl ist über die Steuerung von Schnellzementen eine Verarbeitungszeit von circa 50 Minuten sowie eine Verfugung schon nach etwa sechs Stunden möglich. „Floorflex XXL C2 E(F) S1“ von Bostik bietet diese vielen Vorteile, geschaffen für den Fliesenleger, wenn es darum geht, Großformate zügig und ohne Warten auf Reaktionsmechanismen zu verlegen.
Außerdem ist es von Vorteil, eventuell Unebenheiten in der Unterkonstruktion vorab zu egalisieren, damit eine Verlegung in gleichmäßiger Schichtstärke möglich ist (weitestgehend hohlraumfrei). „Ardalan Best XL“ bietet als selbstnivellierende Spachtelmasse die Möglichkeit, eine Schichtstärke von 1 bis 20 Millimetern zu überbrücken, als Feinnivellement auf Estrichen im Neubau oder im Bestand – ebenfalls schnellabbindend.
Sicherheit durch Entkopplungsmaßnahmen

Feinnivellement vor der Verlegung von Großformaten. Fotos: Bostik
Ein weiteres Maß an Sicherheit bieten Entkopplungsmaßnahmen, Schichten, die zwischen Unterkonstruktion und Oberbelag eingearbeitet werden. Diesenfalls
kann auf plattenartige mit zusätzlicher Dämmfunktion und Trittschallminderung (Dämmplatte) oder auf eine dünnschichtig-vliesartige („Nibolay Renofleece“) zugegriffen werden. Beide Produkte sind dazu geeignet, Spannungen aus dem Untergrund beziehungsweise Spannungen aus dem Oberbelag abzumindern, gar statische Risse bis zu 1 Millimeter zu überbrücken.
Spannungen werden schon allein aufgrund von unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten zwischen Untergrund und Keramik verursacht (thermische Belastung). Insbesondere sind diese bei beheizten Konstruktionen zu erwarten. Auch bei der Verlegung von „nicht erlaubten“ Verbänden, zum Beispiel Plankenverlegung mit Holzoptikfliesen, römische Verbände, zu enge Fugen und so weiter kann das eingegangene Risiko begrenzt werden.
Entkopplungsmaßnahmen sind im Regelfall nicht dazu geeignet, um echte Dehnfugen im Estrich zu übergehen, zu überarbeiten. Sind Dehnfugen im Untergrund, müssen diese auch in den Oberbelag übernommen werden.
Natürlich tragen auch widerstandsfähige Fugenmörtel zur Gesamtstabilität des Belags bei. Die Feinsteinzeugfliese saugt auch an der Flanke nicht. Das heißt, die Anforderung nach Adhäsionskraft wird auch für die starre Verfüllung der Fugen gefordert. „Ardacolor Flex CG2 WA“ erfüllt diese Eigenschaft und bietet darüber hinaus die ebenfalls gewünschte rasche Reaktion sowie auch einen erhöhten Abriebwiderstand und ein verringertes Wassereindringvermögen.
Zum Autor
Robert Kolbeck
ist Fliesenlegermeister und Hochbautechniker und arbeitet für die Anwendungstechnik von Bostik, Borgholzhausen.
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