RM Rudolf Müller
Flachdächer werden immer beliebter – auch im Wohnbau.  Foto: Pixabay

Flachdächer werden immer beliebter – auch im Wohnbau.  Foto: Pixabay

Dach
18. Mai 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Flachdächer im Trend

Im Bereich der Gewerbeimmobilien ist das Flachdach schon seit Langem fest etabliert. Doch auch bei anderen Gebäudearten befindet es sich mittlerweile auf dem Vormarsch – nicht zuletzt auch im Wohnbau. Die Gründe für den Flachdachtrend und die dadurch entstehenden neuen Herausforderungen für Hersteller, Verarbeiter, Planer und Fachhandel beleuchtet eine Marktanalyse des Beratungsunternehmens S&B Strategy.

Die im März 2022 vom Münchner Beratungsunternehmen S&B Strategy veröffentlichte Kurzanalyse „Dynamik am deutschen Flachdachmarkt“ verzeichnet für den hiesigen Flachdachmarkt trotz Coronakrise weiterhin ein stabiles Wachstum. Dabei profitiere das Segment Flachdach zunehmend vom krisenresistenten Wachstum im Wohnbau. Insgesamt wächst der Marktanteil der Flachdächer in Deutschland schon seit einiger Zeit. Gleichwohl geht S&B Strategy davon aus, dass sich die Nachfrage nach Gewerbeflachdächern in den nächsten Jahren etwas abschwächen werde, weil die Einflüsse von Corona und Ukraine-Krieg den Gewerbeneubau insgesamt schwächen.

Gewerbe – Wohnbau – Öffentlich

S&B Strategy hat nach eigenen Angaben eine „grobe Erhebung“ der Flachdachanteile bei den unterschiedlichen Gebäudetypen vorgenommen. Die so ermittelten prozentualen Anteile stehen zwar nicht in der Kurzanalyse, wurden BaustoffWissen aber auch Nachfrage mitgeteilt. Sie bestätigen die dominierende Stellung des Flachdachs im Bereich der deutschen Gewerbeimmobilien (inklusive Industriebauten). Demnach kommt das Flachdach hier aktuell auf einen Anteil von 80 bis 90 %. Als Flachdach gezählt wurden dabei alle Dächer mit einer Neigung von weniger als 10°. Im Umkehrschluss haben also nur 10 bis 20 % der Gewerbedächer ein geneigtes Dach (Dachneigung ab 10°).

Im Wohnbau sieht die Verteilung bisher genau umgekehrt aus. Hier haben geneigte Dächer bisher einen Anteil von geschätzt 80 bis 85 %. Flachdächer kommen laut Erhebung von S&B Strategy nur auf 15 bis 20 %. Gleichwohl erobern Flachdächer in diesem Bereich mittlerweile zunehmend Marktanteile – zwar nur langsam, aber stetig. S&B Strategy geht davon aus, dass dies in den kommenden Jahren so weiter geht. Bei öffentlichen Gebäuden ist das Verhältnis zwischen Flachdach und geneigtem Dach übrigens annähernd fifty-fifty (siehe Grafik).

Auch wenn Flachdächer im Wohnbereich bisher „nur“ einen Anteil von maximal 20 % ausmachten, geht es dabei dennoch um gewaltige Umsätze. Schließlich ist der Wohnbau mit Abstand der größte Posten innerhalb des gesamten Neubauvolumens. Wie der Kurzanalyse zu entnehmen ist, umfasste der deutsche Wohnungsneubau allein im Jahr 2020 ein Volumen von 70 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Beim Gewerbeneubau waren es nur 27 Milliarden, im öffentlichen Bau 6 Milliarden.

Gründe für den Flachdachtrend

Tortendiagramme aus der Kurzanalyse. Grafik: S&B Strategy

Tortendiagramme aus der Kurzanalyse. Grafik: S&B Strategy

Für mehr Wohnhäuser mit Flachdach – vor allem in urbanen Regionen – sprechen bestimmte Vorzüge, die immer mehr an Bedeutung gewinnen. Flachdächer lassen sich einfach begrünen und leisten dann einen klimafreundlichen Beitrag zur CO2-Reduktion und zum Regenwassermanagement. Durch Verdunstungseffekte kühlen Gründächer zudem ihre Umgebung ab und verbessern somit auch das lokale Mikroklima. Nicht zuletzt bieten sie zusätzlichen Lebensraum für Tiere, aber auch für den Menschen selbst – etwa in Form einer Dachterrasse oder eines Dachgartens.

Neben veränderten Nutzungsbedürfnissen bringt S&B Strategy auch technische Fortschritte ins Spiel, um zu erklären, warum Flachdächer mittlerweile bei allen Gebäudearten auf dem Vormarsch sind. So seien die entsprechenden Dachaufbauten heute länger haltbar und zugleich kostengünstiger. Die wasserfeste Abdichtung von Flachdachkonstruktionen sei noch vor einigen Jahren ein häufiges Problem gewesen. Diesbezügliche Schäden seien aber durch die hochwertigen Abdichtungsbahnen von heute mittlerweile zuverlässig vermeidbar.

Apropos Abdichtung: Im Bestand der deutschen Flachdächer dominieren weiterhin Bitumenbahnen, doch Kunststoffbahnen haben in den letzten Jahrzehnten aufgeholt. Vor allem bei großen Flächen auf Produktions- oder Lagerhallen erhalten sie aufgrund ihrer leichteren Verlegbarkeit oft den Vorzug. Im Wohnbau dagegen schätzt man traditionell eher die besonders langlebige Bitumenbahn.

Für die nächsten Jahre prophezeit die Kurzanalyse eher ein höheres Wachstum bei den Bitumenbahnen. Warum? Einerseits, weil der Wohnbau zunehmen wird, während der Gewerbebau eher leicht rückläufig sein dürfte. Andererseits, weil sich Bitumenbahnen in besonderer Weise für begrünte Flachdächer eignen.

Flachdach-Bauvorhaben zunehmend komplex

Die Treiber des Flachdachtrends machen Flachdach-Bauvorhaben allerdings auch zunehmend komplex. Nach Ansicht von S&B Strategy werden Anbieter, die Gesamtlösungen wie zum Beispiel für die Dachbegrünung oder Regenwassermanagement anbieten können, langfristig einen relevanten Wettbewerbsvorteil haben.

Kunden würden zunehmend maßgeschneiderte Lösungen und ein gutes Serviceangebot erwarten. Das stelle Hersteller, Verarbeiter, Planer und den Fachhandel vor neue Herausforderungen. „Auf Basis der identifizierten Kundenbedarfe müssen Unternehmen klar herausarbeiten, welche Kompetenzen intern bereits vorhanden sind, welche selbst aufgebaut werden können und was gegebenenfalls zugekauft werden muss“, sagt Patrick Seidler, Partner bei S&B Strategy.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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