RM Rudolf Müller
Nahtfügung von EPDM-Bahnen mittels Heißluftverschweißung.  Alle Fotos: Carlisle CM Europe

Nahtfügung von EPDM-Bahnen mittels Heißluftverschweißung.  Alle Fotos: Carlisle CM Europe

Dach
18. August 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

EPDM-Bahnen fürs Flachdach

Wasser- und luftdichte Kunststoffbahnen aus EPDM werden in der Baupraxis vielfältig verwendet. Sie eignen sich zum Beispiel für die äußere Abdichtung von Kellerwänden (K-Wanne), aber auch zur Abdichtung von Gartenteichen. Haupteinsatzgebiet ist allerdings die Flachdachabdichtung. In diesem Anwendungsfeld hat EPDM-Kautschuk besonders viele Vorteile.

Für die Flachdachabdichtung stehen heute nicht nur klassische Bitumenbahnen, sondern auch ein breites Sortiment an Kunststoffdachbahnen zur Verfügung. Neben Varianten aus thermoplastischen Kunststoffen haben sich insbesondere flexible Elastomer-Produkte durchgesetzt, die aus synthetischem Kautschuk bestehen. Marktführer sind hier die so genannten EPDM-Bahnen, die seit etwa 50 Jahren auf dem Markt sind. Die Abkürzung steht für Ethylen-Propylen-Dien-Monomer-Kautschuk.

Widerstandsfähiges Polymer

Großflächige EPDM-Planen werden maßgeschneidert für das jeweilige Bauvorhaben vorkonfektioniert.

Großflächige EPDM-Planen werden maßgeschneidert für das jeweilige Bauvorhaben vorkonfektioniert.

Anders als viele andere Kunststoffe enthält EPDM keine Weichmacher und bleibt dennoch – selbst bei großen Temperaturunterschieden – dauerhaft elastisch. Man kann den Werkstoff extrem dehnen: Seine Reißdehnung liegt nämlich bei über 500 %! Man müsste das Material also schon um mehr als das fünffache seiner Anfangslänge dehnen, bevor es dann irgendwann reißen würde.

EPDM ist zudem witterungsbeständig, UV-stabil, unempfindlich gegenüber hohen und tiefen Temperaturen beziehungswiese gegenüber starken Temperaturschwankungen, säure- sowie laugenresistent und beständig gegen Mikroorganismen. Als Resultat all dieser Eigenschaften ergibt sich eine lange Lebensdauer.

Der Hersteller Carlisle hat seine EPDM-Produkte vom Süddeutschen Kunststoff Zentrum (SKZ) in Würzburg einem Langzeit-Test unterziehen lassen. Ergebnis: Unter mitteleuropäischen Klimabedingungen erreichen sie eine Gebrauchsdauer von deutlich mehr als 50 Jahren. Dass die Kunststoffbahnen weniger wiegen als herkömmliche Bitumenbahnen, ist nicht nur vorteilhaft bei nachträglichen Dachaufstockungen, sondern passt auch sonst zu dem den Anforderungen vieler Sanierungsobjekte.

EPDM verträgt sich zudem gut mit vielen anderen typischen Materialien im Flachdachbereich. Bei Sanierungen lässt es sich problemlos auch auf alten Bitumenbahnen verlegen. Da der Kunststoff durchwurzelfest ist, eignet er sich zudem bestens als Abdichtung unterhalb eines Gründach-Schichtaufbaus.

Vielfältiges Sortiment

Früher bestanden EPDM-Bahnen voll und ganz aus synthetischem Kautschuk. Heute wird solch homogenes Material auf dem Flachdach meist nur noch für Detailausbildungen verwendet. Bei modernen EPDM-Bahnen handelt es sich dagegen in der Regel um mehrschichtige Verbundmaterialen. Meist verfügen sie unterseitig über eine Trägerschicht aus Glasfaser- beziehungsweise Kunststoffgitter oder -vlies. Dadurch verbessert sich die Festigkeit und mechanische Belastbarkeit der Bahnen.

Eine Besonderheit sind die „Resitrix“-Bahnen von Carlisle. Diese verfügen einerseits über eine innenliegende Glasfaserträgereinlage – zwischen zwei EPDM-Schichten – und sind andererseits auf der Unterseite mit polymermodifiziertem Bitumen sowie einer hauchdünnen Haftbrücke beschichtet. Nach Herstellerangaben hat dies den Vorteil, dass sich die Bahn sehr einfach auf nahezu alle Untergründen verlegen lässt. Dank der durchgehenden Polymerbitumenschicht kann man die Bahnen beliebig zuschneiden und an jeder Stelle einfach per Heißluftgerät – ohne offene Flamme – mit einer anderen Bahn verschweißen.

Bahnen und Planen

Hier erfolgt die Nahtfügung mithilfe eines Schweißautomaten.

Hier erfolgt die Nahtfügung mithilfe eines Schweißautomaten.

Einige Hersteller bieten nicht nur die typischen Bahnrollen an, sondern auch großflächige EPDM-Planen. Diese bestehen übrigens immer aus homogenem EPDM. Schließlich muss man die Planen für den Transport falten, und das wäre mit einer Trägerverstärkung schwierig. Der Vorteil der Planen liegt darin, dass sie im Herstellerwerk maßgeschneidert für das jeweilige Bauobjekt vorkonfektioniert werden. Bei Carlisle verbindet man dazu homogene EPDM-Bahnen ohne Zugabe von Klebern per Heiß-Vulkanisation.

Durch die Planenvorfertigung im Werk muss der Dachhandwerker auf der Baustelle keine manuelle Nahtfügung zwischen Einzelbahnen mehr vornehmen. Das ermöglicht eine schnellere Dachabdichtung und sichert eine hohe Qualität, da die Verschweißung der Nähte im Werk unter optimalen Bedingungen erfolgt. Allerdings erfordert die Verlegung großer Planen auch mehr Manpower. Um sie auf der Dachoberfläche ausbreiten zu können, benötigt man schon mehrere Menschen zum Anpacken.

Verarbeitung

EPDM-Abdichtungen müssen, anders als Bitumenbahnen, nicht mehrlagig verlegt werden. Es genügt der einfache Querschnitt der Bahnen, um das Dachschichtenpaket sicher vor Wassereintritt zu schützen. Einzelne Bahnen werden untereinander im Bereich der Nahtüberdeckungen verschweißt. Anders als bei Bitumen-Schweißbahnen kommt dafür kein Propangasbrenner zum Einsatz. Stattdessen verwendet man Schweißtechniken ohne offene Flamme. In der Regel wird mit dem Heißluftfön gearbeitet. Die Heißluftverschweißung senkt das Brandrisiko durch Dacharbeiten erheblich. Das ist nicht zuletzt für den Holzbau eine wichtige Eigenschaft.

Je nach Produkt und Objektanforderung lassen sich EPDM-Bahnen sowohl lose auf dem Untergrund verlegen als auch punktuell, streifenförmig oder vollflächig verkleben. Bei der losen Verlegung ist es möglich, die Bahnen zumindest punktuell mit Dübeln zu fixieren. Die Sicherung kann aber auch durch Auflasten erfolgen. Das können zum Beispiel Gesteinskörnungen sein oder bei einem Gründach eben die Substratauflage.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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