RM Rudolf Müller
Das Stahldach des Kärlingerhauses erhielt Mitte 2021 eine neue Schutzbeschichtung.  Alle Fotos: Sika Deutschland GmbH

Das Stahldach des Kärlingerhauses erhielt Mitte 2021 eine neue Schutzbeschichtung.  Alle Fotos: Sika Deutschland GmbH

Bauchemie
13. Dezember 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Korrosionsschutz für Stahlblechdächer

Stahlblech für Dacheindeckungen verfügt zwar in der Regel bereits über eine verzinkte Oberfläche, im Außenbereich reicht das als Korrosionsschutz aber oft nicht aus. In vielen Fällen veredelt man die Metalloberfläche daher mit zusätzlichen Schutzbeschichtungen. Das diesbezügliche Produktangebot ist riesig. Die Auswahl hängt unter anderem von den jeweiligen atmosphärischen Umgebungsbedingungen sowie von der gewünschten Schutzdauer ab.

Im Industrie- und Hallenbau werden Stahlblechdächer vor allem in Form von Trapezprofilen eingesetzt. Als „schickere“ Alternative stehen so genannte Stehfalzbleche zur Verfügung. Diese findet man nicht nur auf Industrie- und Gewerbegebäuden, sondern unter anderem auch auf historischen Prunkbauten und sogar im modernen Wohnungsbau. Schließlich gibt es mittlerweile auch Dachbleche, deren Formgebung an klassische Dachziegel beziehungsweise Dachsteine angelehnt ist. Solche Dachpfannen aus Metall kommen meist bei Wohngebäuden zum Einsatz. Doch egal welche Formen der Stahl auf dem Dach annimmt, in der Regel handelt es sich um verzinkte Bleche, auf die man vielfach noch zusätzliche Schutzbeschichtungen aufträgt.

Verzinkung + Zusatzbeschichtung

Beim Kärlingerhaus kam eine Grundbeschichtung (rot) und eine Deckbeschichtung (grün) zum Einsatz.

Beim Kärlingerhaus kam eine Grundbeschichtung (rot) und eine Deckbeschichtung (grün) zum Einsatz.

Von Verzinkung (Galvanisierung) spricht man, wenn Stahl mit Zink beschichtet wird, um damit seine Rostanfälligkeit zu verringern. Beim am häufigsten angewendeten Verfahren der Feuerverzinkung werden die Stahlblechteile in ein etwa 450 °C heißes Bad mit geschmolzenem Zink eingetaucht. Die Zinkmoleküle bleiben anschließend an der Stahloberfläche kleben. Der eigentliche Korrosionsschutz entsteht, weil Zink mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft zu Zinkoxid reagiert. Die sich so ausbildende Schutzpatina enthält üblicherweise auch Zinkcarbonat, weil Zink auch mit CO2 reagiert.

Solange die Verzinkung unbeschädigt ist, schützt sie den Metallkern sicher vor Witterungseinflüssen, die zu Rostbildung führen können. Allerdings ist die Schutzschicht ziemlich dünn, mitunter hat sie eine Stärke von lediglich 7 Mikrometer. Zur Veranschaulichung: Ein Mikrometer entspricht 0,001 Millimeter. Der Prozess der Galvanisierung lässt sich zwar mehrmals wiederholen, sodass Schichtdicken bis etwa 42 Mikrometer möglich werden. Doch auch das ist ja nicht gerade „ein Brett“.

Vor allem im Außenbereich ist eine so dünne Patina nicht dauerhaft vor – zumindest punktuellen – Zerstörungen gefeit. Bereits durch das Begehen der Dächer kann dies geschehen. Aber auch durch aggressive Schadstoffe aus Luft und Niederschlägen, die sich vor allem auf flach geneigten Dachflächen schnell niederschlagen können, oder durch die salzhaltige Luft in Küstennähe kann es zu Schäden am Zinküberzug kommen.

Bei Stahlblechdächern greift man daher häufig auf zusätzliche Schutzbeschichtungen zurück. Dabei handelt es sich oft um mehrschichtige Oberflächenveredelungen, wobei die äußere Schicht üblicherweise eine glatte Oberfläche aufweist, auf der Schmutzpartikel oder auch Moose und Flechten nur schwer Halt finden. Die zusätzliche Beschichtung erhöht übrigens nicht nur die Schutzdauer, sondern minimiert auch die Wahrscheinlichkeit, dass Zink aus der Dachblechoberfläche durch Niederschläge ausgewaschen wird und infolgedessen in Boden und Grundwasser gelangt.

Korrosivitätskategorien und Schutzdauer

Vor der Neubeschichtung wird das Metalldach mit einem Hochdruckgerät gereinigt.

Vor der Neubeschichtung wird das Metalldach mit einem Hochdruckgerät gereinigt.

Dieser zusätzliche Korrosionsschutz wird seit 1998 durch die europäische Norm DIN EN ISO 12944 geregelt. Sie trägt den Titel „Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme“ und gilt also für Stahlbauten allgemein, nicht nur für Stahldächer. Die Norm regelt unter anderem die Zuordnung von Beschichtungssystemen zu einer von insgesamt fünf Korrosivitätskategorien (C1–C5). Diese basieren auf unterschiedlichen atmosphärischen Umgebungsbedingungen.

Beschichtungssysteme der Korrosivitätskategorie C1 dürfen nur im Innenbereich eingesetzt werden – genauer gesagt: in beheizten Gebäuden mit neutraler Atmosphäre. Produkte, die dagegen die Kategorien C2 bis C5 erreichen, kann man auch draußen verwenden, sie sind also grundsätzlich auch für Dachanwendungen geeignet. C2-Produkte eignen sich allerdings nur für ländliche Bereiche mit geringer Luftverunreinigung. C3-Produkte schützen auch noch sicher bei Stadt- und Industrieatmosphäre – aber nur bei mäßiger Luftverunreinigung.

C4 steht für industrielle Bereiche mit starker atmosphärischer Belastung und ist zudem das Mittel der Wahl für Stahlblechdächer, die sich in Küstenbereichen mit mäßiger Salzbelastung befinden. Produktsysteme der Korrosivitätskategorie C5 schließlich bieten einen sehr starken Schutz. Sie eignen sich auch für industrielle Bereiche mit aggressiver Atmosphäre und hoher Feuchte sowie für Küstenbereiche mit hoher Salzbelastung.

Aber auch die hier vorgestellten Beschichtungssysteme halten nicht ewig. Ihre Haltbarkeit ist je nach Produkt jedoch sehr unterschiedlich. Die DIN EN ISO 12944 unterscheidet vier Schutzdauerkategorien. Produktsysteme mit einer sehr hohen Schutzdauer von über 25 Jahren werden mit dem Kurzzeichen VH („very high“) gekennzeichnet. Das Kürzel H („high“) steht für eine hohe Schutzdauer von 15 bis 25 Jahren, bei M wie „medium“ dagegen wird nur eine Schutzdauer von sieben bis 15 Jahren garantiert. Das Kurzzeichen L („low“) schließlich steht für eine niedrige Schutzdauer von bis zu sieben Jahren.

Objektbeispiel Kärlingerhaus

Das Kärlingerhaus zählt zu den größten Berghütten in den Berchtesgadener Alpen.

Das Kärlingerhaus zählt zu den größten Berghütten in den Berchtesgadener Alpen.

Da viele Hersteller Beschichtungssysteme für alle fünf Korrosivitätskategorien anbieten und in jeder einzelnen Kategorie auch noch Produkte mit unterschiedlicher Schutzdauer üblich sind, ist der Markt für derartige Stahlbeschichtungen ziemlich unübersichtlich. Grundsätzlich gilt allerdings, dass auch Beschichtungssysteme mit sehr hoher Schutzwirkung und -dauer irgendwann erneuert werden müssen.

Das wollen wir an dieser Stelle beispielhaft am verzinkten Blechdach des Kärlingerhaus illustrieren – einer Berghütte des Deutschen Alpenvereins. Von diesem Objekt stammen auch die Fotos zu diesem Artikel. Das auf 1.638 Metern Höhe gelegene Kärlingerhaus am Funtensee im Nationalpark Berchtesgarden ist extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt. Der Funtensee ist bekannt als Deutschlands Kältepol mit extremen Temperaturen bis minus 45 °C. Im Juli 2021 wurde der Korrosionsschutz des 500 m² großen Stahlblechdaches am dortigen Kärlingerhaus durch ein hochbeständiges Beschichtungssystem des Bauchemie-Herstellers Sika erneuert.

Das beim Kärlingerhaus eingesetzte Beschichtungssystem erreicht nach Herstellerangaben die Korrosivitätskategorie C3 und die Schutzdauer M (sieben bis 15 Jahre). Als Deckbeschichtung kam das einkomponentige Produkt „SikaCor-6630 High Solid EG“ auf Basis eines Kunstharz-Kombinationsbindemittels mit aktiv wirksamen Korrosionsschutzpigmenten zum Einsatz. Auf dem Dach des Kärlingerhaus muss es künftig den Einwirkungen von Eis, Schnee und Hagelschlag sowie starken Temperaturschwankungen und hoher UV-Strahlung standhalten. Beim Kärlingerhaus konnte die Neubeschichtung übrigens direkt auf die vorhandene Altbeschichtung aufgebracht werden, da diese noch ausreichend haftfest war.

Zu Beginn der Sanierungsarbeiten reinigten die Experten des Fachbetriebs Summek Maler- und Trockenbau zunächst die Altbeschichtung mit dem biologisch abbaubaren Produkt „SikaCor Wash“ unter Zuhilfenahme eines Hochdruckgerätes. An Stellen, an denen die Altbeschichtung bereits abgewittert war und vereinzelt Roststellen aufwies, trugen die Verarbeiter die Korrosionsschutzgrundbeschichtung „SikaCor Aktivprimer Rapid“ auf. Nach deren Trocknung folgte der Anstrich mit der Deckbeschichtung. Diese kam im Farbton DB 601 zum Einsatz, der den Blechdächern den für die Region Berchtesgaden typischen Grünton verleiht.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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