
Die geringe Stärke von circa 50 Millimeter des vorhandenen WDVS entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen für wirksamen Wärmschutz an der Fassade. Foto: VDPM
Dämmung „Auffrischen“ durch Aufdopplung
Wenn technisch der Rückbau von alten WDV-Systemen nicht erforderlich ist, aber trotzdem die Dämmung „aufgefrischt“ werden soll, kann aufgedoppelt werden. Dabei wird ein zweites WDVS (Neusystem) auf den bestehenden Wandaufbau aufgebracht. Dabei sind die Randbedingungen der Zulassung beziehungsweise allgemeinen Bauartgenehmigung einzuhalten. Der VDPM hat jüngst die Verbandszulassung für seine Mitgliedsunternehmen erneuert. Nachfolgend werden die wichtigsten Punkte erläutert, die beachtet werden müssen.
Gemäß der allgemeinen Bauartgenehmigung (bisher: Zulassung) des VDPM dürfen grundsätzlich alle Fassaden mit einem bestehenden WDVS mit Putzsystem und Polystyrol- oder Mineralwolle-Dämmstoffen (Platte und Lamelle) auf massiven Untergründen mit gegebenenfalls einlagig anbetonierten Holzwolle-Leichtbauplatten („verlorene Schalung“) aufgedoppelt werden.
Dafür ist die Standsicherheit des bestehenden Wandaufbaus inklusive des bestehenden WDVS zu prüfen. Ist diese gegeben, kann eine Aufdopplung mit einem Neusystem unter Verwendung von Polystyrol (EPS)- oder Mineralwolle-Dämmstoffen erfolgen. Die Gesamtdämmstoffdicke aus Alt- und Neusystem darf 200 Millimeter nicht überschreiten. Wird ein Altsystem mit EPS- durch ein Neusystem ebenfalls mit EPS-Dämmstoff modernisiert, darf die resultierende Dämmstoffgesamtdicke bis 400 Millimeter betragen.
Insbesondere bei Dämmstoffdicken > 200 Millimeter ist bei der Verarbeitung darauf zu achten, dass Zwängungspunkte eine ausreichende Bewegungsmöglichkeit haben. Im Rand- und Kantenbereich ist eine ausreichende Befestigung notwendig.
Baurechtliche Regelungen
WDVS sind „Bausätze“ im Sinne der Bauproduktenverordnung. Sie stellen eine Sonderform eines Bauprodukts dar, das aus mehreren Komponenten auf der Baustelle zusammengefügt wird. Die zur Aufdopplung einsetzbaren WDVS benötigen in Deutschland eine allgemeine bauaufsichtlichen Zulassung oder eine ETA. Sie gilt als Verwendbarkeitsnachweis im Sinne der Landesbauordnungen und regelt unter anderem folgende bauordnungsrechtliche Anforderungen:
- Standsicherheit
- Brandschutz
- Wärme- und Feuchteschutz
- Schallschutz
Die Allgemeine Bauartgenehmigung beschreibt außerdem die Anforderungen an die Ausführung einer Aufdopplung. Wie bei allen WDVS gilt auch hier: Die einwandfreie Funktion wird durch die fachgerechte Ausführung aufeinander abgestimmter Systemkomponenten gewährleistet. Neben der Allgemeinen bauaufsichtlichen Bauartgenehmigung beziehungsweise Zulassung sind stets die Bauvorschriften der Länder zu beachten.
Analyse des Ist-Zustandes

Mehrere Öffnungen an der Wand sind notwendig, um vor der Aufdopplung die Standsicherheit und Tragfähigkeit des bestehenden WDVS prüfen zu können. Foto: VDPM
Für die Aufdopplung geeignet sind Untergründe und Altsysteme, deren Standsicherheit sowie Tragfähigkeit für eine WDVS-Aufdopplung durch partielle Sondierungs- beziehungsweise Bauteilöffnungen und entsprechende Beurteilung eines Sachkundigen nachgewiesen wurden. Gängige Praxis ist dabei, das Alt-WDVS an fünf repräsentativen Stellen mit jeweils etwa 0,5 Quadratmeter großen „Beurteilungsfenstern“ zu versehen. Im Rahmen der Ist-Zustands-Analyse sind zusätzlich das Eigengewicht des Altsystems, insbesondere des Putzsystems, sowie die vorhandene Dämmstoffdicke beziehungsweise HWL-Plattendicke zu ermitteln.
Bei sichtbaren Schäden, wie zum Beispiel Rissen oder Abplatzungen, ist eine wesentliche Aufgabe die Ermittlung der Ursachen. Neben der Aufnahme systemseitiger Aspekte sollte die Analyse alle eventuellen schadensauslösenden Faktoren baulicher Art, wie zum Beispiel mangelhafte Wasserführung oder undichte Anschlüsse, erfassen.
Planung der WDVS-Aufdopplung
Auf Basis der Ist-Zustands-Analyse muss entschieden werden, ob das Altsystem für eine direkte Aufdopplung geeignet ist oder ob Zusatzmaßnahmen zur Ertüchtigung des Altsystems erforderlich sind.
Sinnvoll ist eine Aufdopplung in der Regel in folgenden Fällen:
- nicht zeitgemäßer Dämmstandard
- dauerhafte Abzeichnung von Dämmplattenfugen oder Dübeln
- hohe Wärmeverluste über lineare und/oder punktförmige Wärmebrücken
- Notwendigkeit höherer Stoßfestigkeiten durch Umnutzung von Gebäuden
- Neugestaltung von Gebäuden in Struktur und Farbe
- großflächige Instandsetzung zum Beispiel bei Rissen, Abplatzungen oder Vandalismus
- Wärmeschutz
Die rechnerische Berücksichtigung des Altsystems erfolgt dabei entweder auf Basis eines nachgewiesenen Bemessungswertes der Dämmstoffplatten (diese sind selten verfügbar) oder mittels pauschaler Rechenwerte. In der Allgemeinen Bauartgenehmigung des VDPM werden Pauschalwerte zugrunde gelegt (siehe Allgemeine Bauartgenehmigung Z-33-49-1505 des VDPM). Bei der Berechnung können die Dübel des Altsystems, die Haftsicherungsanker beziehungsweise Stahldrahtschlaufen der HWL-Platten sowie das Putzsystem vernachlässigt werden. Die mögliche Abminderung der Dämmleistung durch die stets notwendige Verdübelung des Neusystems ist hingegen zu berücksichtigen. Details können der Allgemeinen Bauartgenehmigung entnommen werden (Anlage 2.1).
Feuchteschutz, Schallschutz, Brandschutz
Vor der Aufdopplungsmaßnahme ist eine bauphysikalische Beurteilung des vorhandenen Wandaufbaus vorzunehmen. Der Nachweis des klimabedingten Feuchteschutzes erfolgt nach DIN 4108-3.
Für die Anforderungen an den Schallschutz gilt DIN 4109. Werden objektspezifische Anforderungen gestellt, sind weitere Untersuchungen notwendig, gegebenenfalls als Einzelnachweis.
Die Baustoffklasse des Altsystems ist für die Klassifizierung des späteren Gesamtsystems entscheidend. Altsysteme mit EPS-Platten gelten als „normalentflammbar“, sofern sie nicht nachweislich „schwerentflammbar“ sind. Altsysteme mit Mineralwolle-Platten oder Mineralwolle-Lamellen gelten als „schwerentflammbar“, sofern sie nicht nachweislich „nichtbrennbar“ sind.
Anbetonierte HWL-Platten in Dicken zwischen 25 und 100 Millimeter mit oder ohne Putze werden als „schwerentflammbar“ eingestuft, in anderen Dicken als „normalentflammbar“, sofern diese nicht nachweislich „schwerentflammbar“ sind.
Die Klassifizierung des Neusystems ergibt sich aus dessen Allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung beziehungsweise aus den Regelungen in Anhang 11 der MVV TB. Die Gesamtsysteme dürfen in Abhängigkeit von den Einstufungen der Alt- und Neusysteme dort verwendet werden, wo bauaufsichtlich bestimmte Mindestanforderungen an Außenwandbekleidungen bestehen (siehe Allgemeine Bauartgenehmigung Z-33-49-1505 des VDPM). Im Fall von anbetonierten HWL-Platten sind einige ergänzende Hinweise in der Allgemeinen Bauartgenehmigung zu beachten.
Wie bei WDVS-Neusystemen gilt auch für aufgedoppelte Gesamtsysteme, wenn in mindestens einem der beiden Systeme EPS-Dämmstoff verwendet wurde: Das Gesamtsystem ist nur dann schwerentflammbar, wenn die konstruktiven Brandschutzmaßnahmen (Brandriegel) gemäß der Bauartgenehmigung eingebaut sind. Diese müssen durch das Altsystem bis auf den nichtbrennbaren Wandbildner geführt werden. Nähere Informationen enthält die Allgemeine Bauartgenehmigung sowie das ausführliche Kompendium WDVS & Brandschutz, das beim VDPM (www.vdpm.info) bestellt werden kann.
Ohne die konstruktiven Brandschutzmaßnahmen sowie grundsätzlich bei Gesamtdämmstoffdicken > 300 Millimeter sind die aufgedoppelten Systeme normalentflammbar eingestuft. Der VDPM empfiehlt die Ausführung als schwerentflammbares System.
Standsicherheit

Die neuen Dübel müssen so dimensioniert sein, dass sie kraftschlüssig durch beide Dämmschichten bis ins Mauerwerk reichen; nach dem Verdübeln folgen die normalen Arbeitsschritte mit Armieren, Verputzen und gegebenenfalls einer (farbigen) Schlussbeschichtung. Foto: VDPM
WDVS müssen die Kräfte aus Windsog, Eigengewicht und hygrothermischer Wechselwirkungen an den Untergrund weiterleiten. Der Lastabtrag wird von den Dübeln und der „schubsteifen“ Dämmschicht übernommen. Der Abtrag der einwirkenden Windsoglasten wird bei aufgedoppelten Systemen grundsätzlich den Dübeln zugewiesen.
Um die Standsicherheit des Gesamtsystems (Alt- und Neu-WDVS) zu gewährleisten, werden die Dämmplatten des Neusystems vollflächig oder anteilig (mindestens 40 Prozent Klebeflächenanteil; Details siehe Bauartgenehmigung) mit Klebemörtel angeklebt. Die Verwendung von Klebeschaum ist bei der Aufdopplung nicht zulässig.
Die Dübelung wird durch beide Dämmschichten bis in den tragenden Wandbaustoff vorgenommen. Die Dübel entsprechend der Zulassung des Neusystems müssen für den jeweiligen Untergrund geeignet sein. Die erforderliche Dübelmenge ergibt sich aus den Regelungen der AbZ des Neusystems beziehungsweise aus Anhang 11 der MVV TB. Die Anzahl der Alt-Dübel spielt bei der Berechnung der notwendigen Dübelmenge des Gesamtsystems keine Rolle. Die zu erwartende Windsogbelastung wird objektspezifisch ermittelt (geographische Lage, Orientierung der Fassadenabschnitte).
Für das Gesamtsystem (Alt- und Neu-WDVS) gelten Höchstwerte des Gesamtgewichts (siehe Allgemeine Bauartgenehmigung Z-33-49-1505 des VDPM).
Konstruktive Details
Entscheidend zur Gewährleistung eines funktionssicheren und dauerhaften WDVS ist neben der fachgerechten Verarbeitung die sach- und fachgerechte Planung von Konstruktionsdetails. In der Planung von WDVS im Fall von Aufdopplungen sind den Details Fugen, An- und Abschlüsse, Durchdringungen, Sockel- und Perimeterdämmung besondere Beachtung zu schenken. Konstruktive Wärmebrücken sollen optimiert werden.
Verarbeitung
Die Aufdopplung von bestehenden WDVS unterscheidet sich nur in wenigen Arbeitsschritten von der Montage eines Neusystems auf Mauerwerk oder Beton. Die Dämmplatten des Neusystems sollten möglichst in der ersten, untersten Lage mit einer halben Dämmplattenhöhe verarbeitet werden. Dies bedeutet zwar einen erhöhten Aufwand, da diese mittig geschnitten werden müssen, bietet aber durch den dadurch entstehenden Versatz viele Vorteile. Nach der Dämmplattenmontage erfolgt die weitere Verarbeitung wie gewohnt. Nach Abschluss der Arbeiten wird dem Auftraggeber eine Übereinstimmungserklärung übergeben, die eine Ausführung gemäß der allgemeinen Bauartgenehmigung bestätigt und dem Kunden einen Überblick über die verwendeten Systembestandteile und gegebenenfalls eingebaute Brandschutzmaßnahmen vermittelt.
Zum Autor

Ralf Pasker ist Geschäftsführer Dämmsysteme beim Verband für Dämmsysteme, Putz & Mörtel (VDPM).
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