RM Rudolf Müller
Windkraftanlage

Bereits 7,4% der gesamten Stromproduktion in Deutschland stammte 2012 aus Windkraftanlagen. Erich Westendarp / pixelio.de

Energetisches Bauen
16. Juli 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Erklärt: Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

Im Jahr 2000 beschloss die damalige rot-grüne Bundesregierung ein Gesetz, das bis heute einen großen Einfluss auf den deutschen Strommarkt hat. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) setzt Anreize, damit Menschen in die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen investieren und verpflichtet zugleich die Netzbetreiber, diesen Strom zu einem festen Vergütungssatz abzunehmen.

Das Ziel des Gesetzes wird im ersten Paragraphen des EEG klar formuliert. Demnach geht es darum, „den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung mindestens zu erhöhen auf 35% spätestens bis zum Jahr 2020„. Als weitere Zielvorgaben werden ein Anteil von 50% bis 2030, 65% bis 2040 und 80% bis 2050 genannt. Das bisherige Zwischenfazit dieses ehrgeizigen Projekts kann sich durchaus sehen lassen: Nach Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) betrug der Beitrag erneuerbarer Energiequellen an der Gesamtstromproduktion in Deutschland 2012 schon fast 23% (2011: 20,5). Spitzenreiter bei den „Erneuerbaren“ war dabei die Windkraft mit einem Anteil von 7,4%, gefolgt von Biomasse (6,6%) und Photovoltaik (4,5%).

Die Zahlen zeigen auch, dass bisher nicht der Solarstrom die führende Rolle unter den erneuerbaren Energien einnimmt – auch wenn die Photovoltaik mehr im Fokus der Medienberichterstattung steht. Letzteres hängt mit dem zuletzt überproportionalen Wachstum bei Photovoltaikanlagen zusammen und damit, dass die Technik millionenfach auf den Dächern von Privathäusern installiert wurde. Sie ist sozusagen gesellschaftlich breit verankert. Windradtürme sind dagegen Großprojekte und nichts für den heimischen Garten.

Klimaschutz als höherer Zweck

Im EEG findet man aber nicht nur die oben genannten Zahlen als Zielvorgabe, sondern auch eine Argumentation dafür, warum das Gesetz überhaupt eingeführt wurde. In § 1 heißt es: „Zweck dieses Gesetzes ist es, insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern.

Im Klartext heißt das: Das EEG fördert „sauberen Ökostrom“, damit dieser so weit wie möglich die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen ersetzt, die als klima- und umweltschädlich eingestuft werden. Der „höhere Zweck“ des Klima- und Umweltschutzes dient also als Rechtfertigung dafür, dass der Staat mit dem EEG aktiv in den Strommarkt eingreift und eine weitgehende Absatzgarantie für Strom aus erneuerbaren Quellen eingeführt hat. Unterstützt wird diese Argumentation durch die Formulierung, man wolle die „volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung (…) verringern„. Gemeint ist damit, dass die bisher in Deutschland dominierende Stromerzeugung durch Kohleverbrennung zwar günstigen Strom liefert, dass dabei aber die gesellschaftlichen Kosten unter den Tisch fallen, die durch Umweltverschmutzung und hohen CO2-Ausstoß anfallen. Diese Argumentation ist von entscheidender Bedeutung für die Rechtfertigung des EEG. Denn zunächst einmal sorgt die Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien für höhere Kosten, die der Verbraucher zu tragen hat, und diese lassen sich nur rechtfertigen, wenn die Alternative – das Beharren auf fossilen Brennstoffen – langfristig nicht noch teurer wäre.

Anspruch auf Einspeisevergütungen

Entwicklung der Preise und Förderung von Solaranlagne

Die Entwicklungen der Anschaffungskosten und staatlichen Förderung für Solarstromanlagen.

Das EEG gewährt dem Besitzer einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien weit reichende Garantien. Seine Anlage wird an das allgemeine Stromnetz angeschlossen und der erzeugte Strom vorrangig abgenommen. Die Netzbetreiber werden sogar verpflichtet, für den eingespeisten Strom 20 Jahre lang einen festen Preis an den Anlagenbetreiber zu zahlen. Es sei denn, dieser möchte seinen Strom freiwillig direkt vermarkten. Bis vor kurzem erhielten Anlagenbetreiber zudem einen „Eigenverbrauchsbonus“ für Strom, den sie nicht ins Netz einspeisten, sondern selbst verbrauchten. Diese Regelung ist für Neuanlagen ab April 2012 allerdings abgeschafft worden.

Übrigens ist das Prinzip der so genannten Einspeisevergütungen gar keine Erfindung des EEG. Bereits das Stromeinspeisungsgesetz von 1991 verpflichtete die Stromversorger zur Netzeinspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien und zur Zahlung von Vergütungen. Mit dem EEG haben sich die Vergütungssätze aber deutlich erhöht und sie wurden den Anlagenbetreibern erstmals für einen Zeitraum von 20 Jahren fest garantiert.

Bei der Höhe der Einspeisevergütung nach dem EEG gibt es eine Staffelung in Abhängigkeit von der Anlagengröße. Je kleiner die Anlage, umso höher die Vergütung pro Kilowattstunde. Außerdem ist die Vergütung unterschiedlich hoch, je nachdem aus welcher Energiequelle der Strom stammt. Für Photovoltaikanlagen liegen die Sätze zum Beispiel deutlich höher als für Windräder. Der Gesetzgeber bringt damit praktisch zum Ausdruck, dass manche Energiequellen eine höhere Förderung benötigen als andere.

Schließlich hängt die Höhe der Einspeisevergütung auch vom Zeitpunkt der Anlagen-Inbetriebnahme ab. Das EEG sieht nämlich vor, dass die Vergütung für Neuanlagen jedes Jahr sinkt. Zur Veranschaulichung ein Beispiel aus dem Bereich der Photovoltaik: Für eine typische Einfamilienhaus-Anlage, die im Jahr 2000 in Betrieb genommen wurde, erhält der Betreiber 20 Jahre lang eine Einspeisevergütung von rund 50 Cent pro Kilowattstunde Strom. Bei einer vergleichbaren Anlage, die Mitte 2013 ans Netz gegangen ist, beträgt die Vergütung dagegen nur noch etwa 15 Cent pro Kilowattstunde. Mit dieser starken Degression wollte der Gesetzgeber schon bei Einführung des EEG den abzusehenden Umstand berücksichtigen, dass die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energiequellen im Laufe der Jahre immer günstiger wird und die Förderung der Technik somit kontinuierlich gesenkt werden kann.

Wer zahlt die Vergütung?

Der Betreiber einer Anlage für Strom aus erneuerbaren Energien bekommt also für den Strom, den er ins Netz einspeist, eine feste Vergütung – und zwar von den Netzbetreibern. Diese verkaufen den Strom, um die gezahlte Vergütung zu refinanzieren. Da aber die Vergütung in der Regel höher ist als der Preis, zu dem der Netzbetreiber den Strom weiterverkaufen kann, entsteht ein Minus, das letztlich von allen Stromkunden ausgeglichen wird. Unsere Stromrechnungen enthalten nämlich die so genannte „EEG-Umlage„. Das Komische ist nur, dass die Höhe dieser Umlage in letzter Zeit stark steigt, obwohl die Einspeisevergütungen doch kontinuierlich sinken. Wie es dazu kommen kann, erklären wir im zweiten Teil unsers Fachwissen-Beitrags über das EEG.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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