RM Rudolf Müller
Kleinere Aufdachanlagen verzeichneten in den letzten Jahren starke Zuwächse.  Foto: Pixabay

Kleinere Aufdachanlagen verzeichneten in den letzten Jahren starke Zuwächse.  Foto: Pixabay

Energetisches Bauen
11. Oktober 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Studie zum Photovoltaik-Ausbau

Der Photovoltaik-Ausbau in Deutschland geht voran. Vor allem kleinere Aufdachanlagen für Privathäuser verzeichneten in den letzten Jahren starke Zuwächse. Die Anzahl der neu installierten Batteriespeicher hat sich zuletzt sogar mehr als verdoppelt – auch hier dominieren die Heimspeicher für den Privatbereich. Das sind nur zwei von vielen interessanten Ergebnissen einer neuen Kurzstudie des Fraunhofer ISE.

Die Kurzstudie „Photovoltaik- und Batteriespeicherzubau in Deutschland“ hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) vor Kurzem in aktualisierter Fassung veröffentlicht. Erstmals wurden nun auch die Batteriespeicher in die Betrachtung miteinbezogen. Das 25 Seiten starke Papier basiert auf einer Auswertung des Marktstammdatenregisters der Bundesnetzagentur zum Stichtag 31. Januar 2022. In diesem Register müssen seit 2019 alle Stromerzeugungseinheiten registriert werden, die an das allgemeine Versorgungsnetz angeschlossen sind. Das gilt auch für Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) und Batteriespeicher aller Größenklassen.

Boom bei kleinen Aufdachanlagen

Zunahme der PV-Anlagen zwischen 2000 und 2021 nach Leistungsklassen (FFA: Freiflächenanlagen). Grafik: Fraunhofer ISE

Zunahme der PV-Anlagen zwischen 2000 und 2021 nach Leistungsklassen (FFA: Freiflächenanlagen). Grafik: Fraunhofer ISE

Nach Angaben der Fraunhofer-Auswertung wurden in Deutschland bis Ende 2021 insgesamt rund 2,2 Mio. PV-Anlagen installiert. Bemerkenswert: Rund 10 % davon kamen in nur einem Jahr – nämlich 2021 – dazu. Der Anlagenzubau hat zuletzt insbesondere bei den kleineren Aufdachanlagen mit einer Leistung von weniger als 30 Kilowatt stark zugenommen. In Summe repräsentieren die vielen neuen Kleinanlagen eine durchaus nennenswerte Solarstromkapazität. Der Anteil der Anlagen mit weniger als 30 Kilowatt Leistung am gesamten Leistungszubau hat sich in den vergangenen Jahren verdoppelt – von 18,8 % im Jahr 2018 auf 36,2 % im Jahr 2021.

Als einen wichtigen Grund für den jüngsten Zuwachs bei den PV-Anlagen der Leistungsklassen bis 30 Kilowatt nennt das Fraunhofer ISE den Abbau regulatorischer Hürden. Seit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2021 ist nämlich der selbst verbrauchte Strom von PV-Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung von der EEG-Umlage befreit. Das hat die Solarmodule für private Hausbesitzer deutlich attraktiver gemacht. „Der Wegfall der Umlagepflicht auf Selbstverbrauch für PV-Anlagen im Segment zehn bis 30 Kilowatt macht sich bemerkbar und setzt Kräfte frei“, urteilt Dominik Peper, einer der Autoren der Kurzstudie.

Die Fraunhofer-Auswertung zeigt auch, dass sich der PV-Anlagenausbau in Deutschland mittlerweile gleichmäßiger auf alle Bundesländer verteilt als früher. Zwischen 2001 und 2010 wurden noch mehr als die Hälfte aller in Deutschland neu zugebauten PV-Anlagen in den beiden südlichsten Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern installiert. Seitdem aber hat der Norden – und hier insbesondere der Nordwesten – aufgeholt. Besonders stark konnte Nordrhein-Westfalen seinen Anteil am Anlagenzubau steigern (2021: 19,6 %). Auch in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz war der Anteilszuwachs in den letzten Jahren größer als in den meisten anderen Bundesländern.

Klein- und Großanlagen

Die weitaus meisten neu installierten Aufdachanlagen verfügten 2021 über eine Leistung von weniger als zehn Kilowatt. Der Anteil dieser Anlagen am gesamten Anlagenzubau lag bei 67,4 %. Das ist insofern wenig verwunderlich, weil der Flächenbedarf dieser Anlagen der Flächenverfügbarkeit auf den Dächern vieler Einfamilienhäuser entspricht. Das größte Zuwachsplus gab es 2021 aber bei den Anlagen im Bereich zehn bis 20 Kilowatt – ebenfalls noch eine Größe, die für viele Privathäuser passt. 2021 entfielen 11,5 % des Leistungszubaus auf dieses Segment. 2020 waren es nur 2,7 %.

Die Installation größerer PV-Aufdachanlagen mit 30 bis 750 Kilowatt Leistung erfolgt größtenteils auf Dächern von Gewerbeanlagen. Rein mengenmäßig ist die Anzahl der jährlichen Neuanlagen in diesem Bereich viel geringer als der Zuwachs bei den privaten Aufdachanlagen. Trotzdem repräsentieren sie viel PV-Leistung. 2019 betrug der Anteil dieser Großanlagen am gesamten Leistungszubau 52,6 %. Zuletzt lag dieser Wert nur noch bei 22,5 % (2021), was nicht zuletzt mit dem Anteilsanstieg bei Anlagen der Leistungsklassen 10 bis 30 Kilowatt zusammenhängt.

Nicht nur Südausrichtung

Damit im Tagesverlauf möglichst viel Sonnenstrahlen auf die Solarmodule treffen, entscheiden sich die meisten Hausbesitzer – sofern möglich – für eine Ausrichtung nach Süden. Trotzdem sinkt seit 2013 der Anteil der Richtung Süden, Süd-West oder Süd-Ost ausgerichteten Anlagen, weil mittlerweile auch zunehmend Anlagen installiert werden, die nach anderen Himmelsrichtungen ausgerichtet sind.

2021 waren „nur“ noch 41,9 % aller neu installierten PV-Anlagen nach Süden ausgerichtet, außerdem 18,2 % nach Süd-West und 12,7 % nach Süd-Ost. Im selben Jahr hatten immerhin 10,8 % der neu installierten PV-Anlagen eine Ausrichtung nach Osten und Westen. 7,5 % befanden sich auf der Westseite, 5,5 % „blickten“ nach Osten, 0,9 % nach Norden-Osten, 0,8 % nach Nord-Westen und 0,74 % nach Norden. Der starke Zuwachs bei den Anlagen mit Ost-Westausrichtung freut Dominik Peper: „Dies ist eine erfreuliche Entwicklung, da diese Ausrichtung sehr netzdienlich ist und zu einer Verstetigung der Photovoltaik-Leistung über den Tag beiträgt“.

Dass Hausbesitzer ihre PV-Anlagen mittlerweile auch nach Himmelsausrichtungen ausrichten, die nicht die optimale Stromausbeute versprechen, ist gleichwohl auf den ersten Blick verwunderlich. Die Fraunhofer-Forschenden vermuten, dass dies mit dem Rückgang der Anlagenpreise zusammenhängt. Manche Immobilienbesitzer verfügen ja gar nicht über Dachflächen mit Südausrichtung. In diesem Fall scheinen mittlerweile auch Anlagen mit suboptimaler Ausrichtung und niedrigerem Ertrag noch wirtschaftlich realisierbar.

Deutliches Wachstum bei Batteriespeichern

Auch die Anzahl der Batteriespeicher ist zuletzt stark gestiegen. Grafik: Fraunhofer ISE

Auch die Anzahl der Batteriespeicher ist zuletzt stark gestiegen. Grafik: Fraunhofer ISE

Auch bei den neu installierten Batteriespeichern für PV-Anlagen belegt die Fraunhofer-Auswertung ein deutliches Wachstum. Hier verdoppelte sich der Zubau sogar zuletzt. Während für 2019 insgesamt 42.133 neue Batteriespeicher im Marktstammdatenregister registriert wurden, waren es 2020 bereits 85.779. Und letztes Jahr lag die Anzahl bereits bei 132.000.

Laut Kurzstudie waren Ende 2021 in Deutschland insgesamt 326.048 Batteriespeicher für PV-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 3.521 Megawattstunden installiert, wovon mehr als ein Drittel erst 2021 neu hinzugekommen ist. Bei diesen Zahlen geht das Fraunhofer ISE aber von einer starken Untererfassung aus. Vermutlich haben viele Besitzer von Batteriespeichern diese noch gar nicht registriert.

Auch bei den Speichern dominieren rein mengenmäßig die Produkte fürs private Heim. Batterien mit einer Kapazität zwischen 5 und 10 Kilowattstunden machten zuletzt etwa 60 % des Anlagenzubaus aus. Batteriespeicher mit einer Kapazität ≤ 5 Kilowattstunden kamen dagegen 2021 nur noch auf einen Anteil von rund 13,8 % des Zubaus. Seit 2016 wächst zudem auch der Anteil der größeren Batteriespeicher mit einer Kapazität zwischen 10 und 20 Kilowattstunden. 2021 lag er bei 24,4 %.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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