RM Rudolf Müller
   Mit einer Rollladenbeschattung kann man die Module flexibel vor Überhitzung schützen.  Foto: Schanz Rollladensysteme

Mit einer Rollladenbeschattung kann man die Module flexibel vor Überhitzung schützen.  Foto: Schanz Rollladensysteme

Energetisches Bauen
21. Juli 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Solarthermie: Was tun gegen Überhitzung?

Wer als Hausbesitzer Solarthermie-Module auf dem Dach installiert, will eigentlich die Wärme der Sonneneinstrahlung einfangen, um damit Brauchwasser für den eigenen Haushalt zu erhitzen. Doch vor allem im Sommer ist es möglich, dass die Solarkollektoren auch mal zu heiß werden und dabei Schaden nehmen. Ein Sonnenschutz für Solarthermie-Anlagen kann deshalb sinnvoll sein – so paradox das auch klingt.

Bei der Solarthermie wird Sonnenlicht mithilfe von Kollektoren in Wärmeenergie umgewandelt. Diese leitet man an einen wassergefüllten Pufferspeicher weiter, der wiederum mit dem häuslichen Rohrsystem für Warmwasser und/oder Heizungsanlage verbunden ist. Wie ein solcher Pufferspeicher funktioniert, haben wir bereits im Beitrag „Was ist ein Sonnenhaus?“ genauer beschrieben.

Soll auch die Heizung mit Sonnenwärme betrieben werden, müssen die Solarmodule auf dem Dach entsprechend leistungsfähig sein. Problem: Die Anlage liefert am meisten Wärme, wenn sie am wenigsten gebraucht wird – nämlich im Sommer. Zu Zeiten, in denen gar nicht geheizt wird, sind die Module auf dem Dach eigentlich überdimensioniert. Sie produzieren dann viel mehr Wärme als im Haus verbraucht beziehungsweise gespeichert werden kann. Das ist die Ursache des Überhitzungsphänomens bei Solarthermie.

Überdimensionierte Module

„Die meisten Solarthermie-Anlagen sind so konzipiert, dass sie in der Übergangszeit, also im Frühjahr und im Herbst, genug Energie erzeugen, um das Brauchwasser zu erwärmen. Für den Sommer sind sie jedoch zu groß“, bestätigt Steffen Schanz, kaufmännischer Leiter beim Hersteller Schanz Rollladensysteme. Sein Unternehmen bietet auch Rollläden, mit denen man Solarthermie-Module bei Bedarf beschatten kann.

Wie gesagt: Ein Sonnenschutz für Solartechnik kann sinnvoll sein, wenn die Solarkollektoren mehr Wärmeenergie liefern, als der Pufferspeicher im Haus aufnimmt. Ist die voreingestellte Maximaltemperatur des Pufferspeichers erreicht, wird die Verbindung zu den Solarthermie-Modulen nämlich gekappt. Kurzfristig ist das in der Regel kein Problem. Wenn aber aus dem Speicher längere Zeit kaum Energie für Heizungs- oder Trinkwassererwärmung abfließt, droht gewissermaßen ein Hitzestau. Wenn die Kollektoren nämlich zwischenzeitlich immer weiter Sonnenwärme „einsammeln“, können sie überhitzen.

Überhitzungsschäden

Die Wärmeenergie der Solarkollektoren wird an einen wassergefüllten Pufferspeicher weitergeleitet. Grafik: Sonnenhaus-Institut

Die Wärmeenergie der Solarkollektoren wird an einen wassergefüllten Pufferspeicher weitergeleitet. Grafik: Sonnenhaus-Institut

Davon betroffen sind zwar vor allem Anlagen, die zur Heizungsunterstützung eingesetzt werden. Aber auch ältere Solaranlagen, die nur das Trinkwasser erwärmen, können zu Problemen führen, wie der Beschattungsexperte Schanz ausführt: „Vor zehn, 15 Jahren haben viele Familien von der staatlichen Förderung profitiert und sich Solarthermie-Anlagen installieren lassen. Heute sind die Kinder aus dem Haus und die Anlagen entsprechend überdimensioniert. Dazu kommen die immer heißeren Sommer mit immer intensiverer Sonneneinstrahlung.“

Bei Solarthermie-Kollektoren erwärmt das Sonnenlicht einen Absorber, der von vielen kleinen Röhren durchzogen wird. In diesen Röhren befindet sich eine Wärmeträger-Flüssigkeit, die Wärme aufnimmt und sie über ein weiteres Rohrsystem sowie einen Wärmetauscher an das Wasser im Speicher abgibt. Anschließend fließt sie abgekühlt zu den Kollektoren zurück. Wenn der Puffer allerdings seine Maximaltemperatur erreicht hat, also kein zusätzlicher Wärmebedarf besteht, schaltet sich der Solarkreislauf vorübergehend aus. In der Folge kann sich die Wärmeträger-Flüssigkeit in den Kollektoren so stark erhitzen, dass sie verdampft.

Durch den Dampfdruck kann es unter Umständen zu Schäden an den Kollektorröhren kommen, auch die Isolierungen und Dichtungen können porös werden. Außerdem ist es möglich, dass die Solarflüssigkeit dauerhaft Schaden nimmt, wenn sie infolge langanhaltender Überhitzung zu anderen chemischen Substanzen zerfällt.

Schutz durch Rollläden

Nun ist der sommerliche Stillstand des Solarkreislaufs – die so genannte thermische Stagnation – an sich nichts Ungewöhnliches. Moderne Solarthermie-Anlagen sind auf das Überhitzungsphänomen eingestellt, ihre Komponenten sollten hohen Temperaturen und Drücken eigentlich standhalten können. Und verdampfte Solarflüssigkeit kondensiert bei kühleren Temperaturen auch wieder und funktioniert dann oft weiter wie bisher. Wenn der Stillstand des Solarkreislauf allerdings lange anhält und die Hitzebelastung zu hoch wird, kommt es in der Praxis offenbar doch häufiger zu Schäden.

Wer nicht darauf vertrauen will, dass seine Solaranlage auch mit Extremsituationen schon fertig werden wird, für den ist die Montage einer zusätzlichen Solaranlagenbeschattung möglicherweise die richtige Wahl. Mit einer solchen Schutzmaßnahme lässt sich die Sonneneinstrahlung auf die Kollektorfläche jederzeit individuell dosieren. Die im Foto ganz oben zu sehende Lösung des Herstellers Schanz Rollladensysteme besteht aus einem stabilen Alu-Außenrollladen, der wie bei einem Dachfenster über den Kollektoren angebracht wird und sich auch nachrüsten lässt. Nach Herstellerangaben bietet der Rollladen zudem Schutz vor Hageleinschlägen.

Der Rollladen lässt sich je nach Sonneneinstrahlung und Wärmebedarf individuell runterfahren – wahlweise komplett oder auch nur zum Teil. „Hat man beispielsweise drei Kollektoren, die jeweils mit einem Rollladen versehen sind, kann man je nach Wärmebedarf auch nur einen oder zwei davon Wärme erzeugen lassen“, ergänzt Steffen Schanz. In der Urlaubszeit, wenn die Hausbewohner verreist und die Wärme daher gar keinen Abnehmer findet, sollte man die Rollläden am besten ganz geschlossen lassen.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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