
Investitionen in den Wohnungsneubau müssen durch die Miete refinanziert werden. Foto: Tim Reckmann / www.pixelio.de
Studie: Bezahlbares Wohnen – aber wie?
In städtischen Ballungsgebieten sind bezahlbare Wohnungen schon seit längerem knapp. Trotzdem gibt es viel weniger Neubau als angesichts der steigenden Nachfrage notwendig wäre. Das Problem: Potenzielle Investoren zögern beim Wohnungsneubau, weil sie die in Deutschland erzielbaren Kaltmieten für nicht rentabel halten. Eine aktuelle Studie des Pestel-Instituts weist einen Ausweg aus diesem Dilemma.
Was ist überhaupt eine bezahlbare Wohnungsmiete? Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, weil die Zahlungsfähigkeit von Mietern schließlich nicht überall gleich groß ist. Sie hängt vor allem von dem vor Ort erzielbaren Einkommen und der allgemeinen Arbeitsmarktsituation ab. In München sind die Mieten deutlich höher als etwa in weiten Teilen des Ruhrgebietes, aber dafür gibt es in der bayerischen Landeshauptstadt ein höheres Lohnniveau und weniger Arbeitslosigkeit. Die Mieter können sich also im Durchschnitt auch mehr leisten.
Was ist eine bezahlbare Miete?
Trotz aller regionalen Unterschiede haben die Autoren der im September 2014 veröffentlichten Studie „Mietwohnungsbau 2.0?– Bezahlbarer Wohnraum durch Neubau“ versucht zu definieren, wie hoch Mieten in Wohnungsneubauten heute maximal sein dürften, damit man noch von bezahlbarem Wohnraum sprechen kann. Nach ihrer Definition ist die Miete bezahlbar, solange sie maximal ein Drittel des Einkommens eines Haushaltes verschlingt – vorausgesetzt das Einkommen dieses Haushalts liegt mindestens 100% über dem „Hartz IV“-Satz (Arbeitslosengeld II). Wenn wir hier von Miete sprechen, ist übrigens immer die Kaltmiete gemeint, also ohne Nebenkosten wie Heizung und Strom.
Die Studie Mietwohnungsbau 2.0 wurde vom Pestel-Institut aus Hannover erarbeitet und vom Verbändebündnis Wohnungsbau beauftragt. Dem Bündnis gehören mehrere Verbände der Bau- und Immobilienbranche an – unter anderem der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM), die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und der Deutsche Mieterbund.
Anzustrebende Kaltmiete
Auf Grundlage der genannten Definition für bezahlbare Wohnungsmieten hat das Pestel-Institut in seiner Studie eine anzustrebende Kaltmiete von rund 7,50 Euro pro Quadratmeter im bundesweiten Durchschnitt errechnet. Das Problem ist nur: Damit sich Wohnungsneubauten für den Investor in einem Zeitraum von 30 Jahren rentieren, muss die Kaltmiete heute tatsächlich deutlich höher sein.
Um die Differenz genauer zu beziffern, hat das Pestel-Institut die Kosten eines typischen innerstädtischen Mehrfamilienhauses mit zwölf Wohnungen und insgesamt 876 m2 Wohnfläche kalkuliert. Die Studie kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die notwendige Kaltmiete für ein solches Gebäude im Bundesdurchschnitt bei mindestens 10,05 Euro pro Quadratmeter liegen müsste. Eine solche Miete wär nach obiger Definition aber für große Teile der Bevölkerung unbezahlbar.
Lösungsvorschläge

Vor allem in den städtischen Ballungsgebieten gibt es zu wenig Wohnungsneubau. Foto: Deutsche Poroton GmbH
Was also tun? Müssen wir uns damit abfinden, dass die notwendigen Investitionen in den Wohnungsneubau ausbleiben, weil sie eben nicht rentabel sind? Oder muss der Staat vielleicht noch mehr Wohngeld zahlen, damit künftig auch Normalverdiener in Neubauwohnungen leben können? Die Autoren der Pestel-Studie schlagen nichts dergleichen vor, obwohl auch sie den Staat in die Pflicht nehmen. Als infrage kommende Maßnahmen zur Erreichung eines „bezahlbaren Bauens und Wohnens“ nennen sie in ihrer Studie unter anderem die Reduzierung der Baulandkosten um 25% und die Reduzierung des Fremdkapitalzinses um 1%. Als mit Abstand wirkungsvollstes Instrument schlagen sie allerdings etwas anderes vor: eine Verbesserung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für Wohnungsbauinvestoren.
Höhere Abschreibungssätze
Nach dem deutschen Einkommensteuergesetz können Investoren bisher jedes Jahr 2% der Herstellungskosten für ein Wohngebäude von der Steuer abschreiben (§7 Abs. 4 Satz 1, EStG). Das verringert ihr zu versteuerndes Einkommen und erhöht damit ihren Gewinn. Das Pestel-Institut schlägt nun in seiner Studie vor, den bisherigen Abschreibungssatz um zwei Prozentpunkte auf 4% pro Jahr zu erhöhen. Die Investoren würden dann auf einen Schlag deutlich mehr Steuern sparen. Im Umkehrschluss – so die Argumentation – könnten sie dann geringere Mieten für ihre Neubauwohnungen ansetzen.
Für das oben genannte Mehrfamilienhaus mit den zwölf Wohnungen hat das Pestel-Institut berechnet, dass sich die notwendige Quadratmetermiete um 2,63 Euro verringern ließe, wenn der Abschreibungssatz bei 4% läge. Für den Investor gäbe es dann trotz geringerer Mieteinnahmen unterm Strich keine finanziellen Einbußen. Die notwendige Kaltmiete läge dann also nicht mehr bei 10,05 Euro pro Quadratmeter, sondern nur noch bei 7,42 Euro – und damit unterhalb der 7,50 Euro, die die Studie als Obergrenze für bezahlbare Mieten definiert.
Geringes Risiko?
Natürlich weiß man vorher nie, ob solche Rechenspiele in der Praxis tatsächlich funktionieren – ob also wirklich mehr Wohnungs-Neubau mit geringeren Miethöhen ausgelöst würde. Das weiß man allerdings bei staatlichen Marktanreizprogrammen vorher nie. Die Autoren der Pestel-Studie verweisen allerdings darauf, dass das finanzielle Risiko für den Staat gering sei. Das verdeutlichen sie ebenfalls anhand eines Rechenbeispiels mit dem oben genannten Mehrfamilienhaus-Typ. Wenn ein solches Gebäude heute gebaut wird – heißt es in der Studie – fließe am Ende ein Drittel der Investitionssumme an den Staat: vor allem in Form von Steuereinnahmen und als Sozialabgaben für die am Bau beschäftigten Arbeitskräfte.