RM Rudolf Müller
WHG-Rinnensystem

Wo wassergefährdende Stoffe austreten können, sind besonders dichte Rinnensysteme gefragt. Fotos: Birco

Entwässerung
28. Oktober 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Spezialrinnen für wassergefährdende Flüssigkeiten

Verkehrsflächen oder Industriebereiche, auf denen ständig die Gefahr besteht, dass wassergefährdende Stoffe wie Benzin oder Öl unkontrolliert austreten, stellen auch die Entwässerungsplanung vor besondere Herausforderungen. Schließlich können gefährliche Substanzen zusammen mit dem Niederschlagswasser in die Rinnensysteme gelangen. Diese müssen daher besonders dicht sein und eine hohe Resistenz gegen Chemikalien aufweisen.

Vor allem in Bereichen, in denen gefährliche Stoffe abgefüllt oder umgeschlagen werden, gelten erhöhte Sicherheitsanforderungen. Die Flächen müssen gut abgedichtet und damit wasserundurchlässig sein. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass gefährliche Substanzen ins Erdreich versickern und dadurch zunächst das Grundwasser und in der Folge möglicherweise auch Flüsse und Bäche verseuchen.

Bestimmungen im Wasserhaushaltsgesetz

Das deutsche Wasserhaushaltsgesetz (WHG) definiert allgemeine Sicherheitsstandards für Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe – so genannte LAU-Anlagen. Diese müssen so beschaffen sein, „dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist“ (WHG, §62). LAU-Anlagen sind zum Beispiel Tankstellen, Hafenanlagen, Flughäfen, Betriebsgelände der chemischen Industrie, Lackierbetriebe oder Recyclinganlagen.

Auch die Entwässerungssysteme in solchen Bereichen müssen so beschaffen sein, dass eine Gefährdung des Grundwassers ausgeschlossen ist. Entwässerungsrinnen, die das gewährleisten, werden umgangssprachlich oft als „WHG-Rinnen“ beziehungsweise „Rinnen für WHG-Flächen“ bezeichnet. Für solche Rinnen müssen die Hersteller eine bauaufsichtliche Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik vorweisen können. Sonst ist der Einsatz auf WHG-Flächen nicht erlaubt.

Eigenschaften von WHG-Rinnen

Verfugung bei WHG-Rinnenkörpern

Die Fugen zwischen den einzelnen WHG-Rinnenkörpern werden mit speziellen Dichtstoffen verfugt.

Welche Eigenschaften haben nun Entwässerungsrinnen für WHG-Flächen? Natürlich müssen Material und Verarbeitung so beschaffen sein, dass sowohl die Rinnenkörper als auch die Rinnen-Abdeckungen dauerhaft ihre Form und Dichtigkeit beibehalten. Dass zugleich auch der angrenzende Bodenbelag dicht sein muss, versteht sich von selbst. Ebenso wichtig ist es, dass die Rinnen nicht nur witterungsbeständig sind, sondern bei starken Regenfällen auch nicht überlaufen. Daher kommen für in der Regel Produkte mit großem Rückstauvolumen zum Einsatz, die einen sofortigen, sicheren Rückhalteraum für die Flüssigkeit bieten. Nicht geeignet sind dagegen offene Systeme wie zum Beispiel Beton-Muldenrinnen.

Da WHG-Flächen meist Schwerlastbereiche sind, wird als Rinnenmaterial in der Regel Beton beziehungsweise Polymerbeton verwendet. Die Hersteller setzen dabei auf Betonmischungen, die besonders resistent gegen Öle, Benzin und sonstige Chemikalien sind. Da die Dichtigkeit der Produkte das entscheidende Kriterium ist, kommt auch den Fugen zwischen den einzelnen Rinnenkörpern eine große Bedeutung zu. Sie werden normalerweise mit speziellen Dichtstoffen verfugt. Noch sicherer sind solche Betonrinnen, die mit besonders dichten und chemikalienresistenten Kunststoffen ausgekleidet sind. Zum Einsatz kommt dabei zum Beispiel besonders dichtes Polyethylen (PE-HD), das auch gegenüber aggressiven Substanzen unempfindlich ist. Die Abkürzung HD steht für „High Density“ (Hohe Dichte). Die Kunststoffbeschichtungen der einzelnen Rinnen werden nach dem Einbau miteinander verschweißt.

Genaue Planung notwendig

Wichtig ist ferner, dass die Rinnen auch nach dem Einbau jederzeit leicht einsehbar bleiben. Insbesondere die Fugen zwischen den Rinnenkörpern müssen regelmäßig auf ihre Dichtigkeit hin überprüfbar bleiben. Die Entwässerungslinien sind daher von vorne herein so zu planen, dass im Bereich der Fugen Reinigungsöffnungen angeordnet werden.

Eins sollte man auf jeden Fall bedenken: Auch Rinnen mit WHG-Zulassung sind nicht unbedingt gegen alle chemischen Stoffe resistent, die zum Beispiel auf Industriearealen in das Entwässerungssystem geraten können. Auch deshalb ist vor der Produktauswahl die Planung so wichtig. Man sollte sich genau informieren, gegen welche Stoffe die jeweiligen Rinnen tatsächlich chemisch beständig sind und diese Infos mit den Substanzen abgleichen, die auf den eigenen Entwässerungsflächen gegebenenfalls anfallen könnten.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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