RM Rudolf Müller
Prof. Dr. Andreas Laubach (l.) und Prof. Tim Göckel präsentierten den Brücken-Prototyp.  Fotos (2): Christiane Gandner/ Hochschule Koblenz

Prof. Dr. Andreas Laubach (l.) und Prof. Tim Göckel präsentierten den Brücken-Prototyp.  Fotos (2): Christiane Gandner/ Hochschule Koblenz

Forschung, Technik und Trends
12. Januar 2023 | Artikel teilen Artikel teilen

Brücke aus Holz und Granit

Die Hochschule Koblenz hat nach eigenen Angaben die weltweit erste hybrid konstruierte Brücke in Holz-Granit-Verbundbauweise entwickelt. Die neuartige Konstruktion soll künftig vor allem für Geh- und Radwegbrücken zum Einsatz kommen. Verglichen mit Betonbrücken ist die Hybridbauweise nicht nur nachhaltiger, sondern auch langlebiger.

Der bisher einzige Prototyp der Holz-Granit-Brücke hat vor Kurzem dauerhaft seinen Platz im Außenbereich der Mensa der Hochschule Koblenz gefunden. Dort wird der über sechs Meter lange Demonstrator von den Studierenden gerne als Stehtisch genutzt. Das klingt nach Zweckentfremdung, ist aber nicht zweckfrei. Auch in seiner Funktion als Mensatisch dient der Prototyp nämlich weiterhin als Forschungsobjekt. So wird an ihm beispielweise das Verhalten des Materials bei Wintereinbruch gemessen.

Witterungsschutz für das Holz

Die offizielle Vorstellung des Prototyps fand im Herbst 2022 statt.

Die offizielle Vorstellung des Prototyps fand im Herbst 2022 statt.

„Das von uns erforschte System ist den gängigen Verbundbauweisen Stahl und Beton beziehungsweise Holz und Beton ökologisch und ökonomisch überlegen“, erklärt Prof. Tim Göckel, der seit 2015 im Fachbereich „Bauen-Kunst-Werkstoffe“ der Hochschule Koblenz die Professur für Ingenieurholzbau und Konstruktive Grundlagen im Bauwesen innehat. Er leitet das Forschungsteam gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Andreas Laubach.

Ausgangspunkt der Forschungsarbeit war die Feststellung, dass Holz als nachwachsender Baustoff in den letzten Jahren immer beliebter geworden ist, jedoch vor Witterungseinflüssen geschützt werden muss. „Die industriell gefertigten Baustoffe Beton und Stahl werden bislang gerne als Verbundmaterial genutzt, haben jedoch eine wesentlich schlechtere Kohlenstoffdioxidbilanz als der Naturstoff Granit“, so Göckel.

Granit allerdings ist als tragendes Baumaterial nur begrenzt einsetzbar. Die Koblenzer Forscher fanden nun allerdings heraus, dass die Kombination des Natursteins mit Holz neue interessante Möglichkeiten eröffnet. Durch den Einsatz von Holz als leistungsstarkes Element im Biegezugbereich lässt sich das Eigengewicht der Gesamtkonstruktion erheblich reduzieren. Gleichzeitig übernimmt der im Biegedruckbereich materialgerecht verbaute Granit, der auch Einwirkungen wie Streusalz gegenüber unempfindlich ist, den erforderlichen Witterungsschutz für das Holz.

Ein wesentliches Ziel des Forschungsprojektes war nicht zuletzt, ein Verbundmittel zu entwickeln, um den Granit und das Holz schubfest miteinander zu verbinden. Außerdem wurden die einzelnen Materialeigenschaften bestimmt, um auf dieser Grundlage das entwickelte Verbundmittel sowie die Dimensionen der einzelnen Bauteile sicher und wirtschaftlich berechnen zu können.

Zu den besonderen Erkenntnissen des Projektes gehört das Wissen, wie sich bei Granit – der im Gegensatz zu Beton nicht fließfähig ist – mittels Klebe- oder Schraubverbindungen oder auf andere Weise eine tragfähige Verbindung mit Holz herstellen lässt. Für den Einsatz der metallischen Verbindungen konnten die Forschenden auf die Unterstützung von Prof. Dr. Robert Pandorf aus der Fachrichtung Maschinenbau zurückgreifen.

Im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelte die Hochschule Koblenz auch ein statistisch abgesichertes Bemessungskonzept für die Verbundbauweise aus Granit und Holz, die insbesondere für Geh- und Radwegbrücken, aber auch für stark genutzte Bereiche in Gebäuden infrage kommt.

Förderung vom BMBF

Die vierjährige Forschungsprojekt wurde vom Bundesbildungsministerium (BMBF) mit rund 416.000 Euro finanziell unterstützt. Diese Fördersumme haben die kooperierenden Unternehmen Kusser Granitwerke und Schaffitzel Holzindustrie sowie das Ingenieurbüro Miebach durch Geld- und Sachmittel im Wert von insgesamt 100.000 Euro weiter aufgestockt. Die Aufstellung des Holz-Granit-Verbundträgers wurde zudem durch die Firma Fertigbau Lindenberg Otto Quast und den Freundeskreis der Hochschule unterstützt.

Schon heute ist übrigens klar, dass es beim Prototyp als Stehtisch nicht bleiben wird. „Eine Kommune in Bayern hat bereits zwei Fußgängerbrücken mit einer Spannweite von jeweils 25 m bei einem der Kooperationsunternehmen bestellt“, freut sich Prof. Dr. Andreas Laubach.


 

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