
Fastdry-Trocknungsmodule lassen sich einfach an feuchte Bauteiloberflächen anbringen. Grafik: Fraunhofer IBP
Bautrockner mit beheizter Mineralwolle
Nach Angaben des Gesamtverbands der deutschen Versicherer wurden in Deutschland allein 2019 etwa 1,1 Mio. Wasserschäden gezählt. Hinzu kommen immer häufiger Starkregen und Hochwasser, die Gebäude schwer beschädigen können. Mit „Fastdry“ hat das Fraunhofer IBP eine innovative Trocknungstechnik entwickelt, die Wände und Decken schnell entfeuchten und zugleich wesentlich energieeffizienter arbeiten soll als herkömmliche Systeme.
Herkömmliche Bautrockner arbeiten meist mit Trockenluftgebläsen – so genannte Adsorptionstrockner. Diese Geräte sind jedoch sehr laut und fressen viel Strom. Letzteres gilt auch für Infrarotheizungen mit Metall-Paneel, die man ebenfalls häufig zur Entfeuchtung von Wänden und Decken einsetzt.
Mit Fastdry haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (Fraunhofer IBP) nun ein ausgesprochen leises Trocknungsmodul entwickelt, das mindestens genauso schnell arbeiten soll wie herkömmliche Systeme, dabei aber wesentlich weniger Energie benötigt. Das dahinterstehende technische Konzept ist verblüffend einfach.
Verblüffend einfach

Der Heizdraht ist in unbrennbare Mineralwolle eingebettet. Grafik: Fraunhofer
Das Trocknungsmodul besteht lediglich aus einer beidseitig kaschierten Dämmplatte, in die ein spiralförmig verlegter Heizdraht mit Stromanschluss und Temperaturregelung integriert wurde. Die rechteckige Platte besteht im Kern aus handelsüblicher Mineralwolle und lässt sich mit der Heizseite direkt an feuchte Wände oder Decken anbringen. Die Befestigung erfolgt platzsparend durch Schrauben. Als Alternative hat das Fraunhofer IBP aber auch Montagehilfen entwickelt, durch die sich eine Beschädigung der Baustoffoberflächen ganz vermeiden lässt (siehe Grafik ganz oben).
Die Stromversorgung erfolgt über die Haushaltssteckdose. Bei eingeschalteter Heizung erwärmt das Modul die feuchte Bausubstanz, wodurch das darin enthaltene Wasser nach und nach verdampft. Da die Materialien des Trocknungsmoduls diffusionsoffen sind, kann der Wasserdampf ungehindert nach außen entweichen. Ist die Rückseite der Wand oder Decke ebenfalls dampfdurchlässig, kann ein Teil des Wasserdampfs auch über diese entweichen.
Der Clou bei der Sache: Durch den Dämmstoff im Paneel bleibt die Wärmeenergie lange in der Wand. Deshalb benötigt das Modul im Verlauf des Trocknungsprozesses weniger Strom als herkömmliche Bautrockner, um die notwendige Aufheiztemperatur zu halten. Laut Fraunhofer IBP arbeitet Fastdry zudem deutlich schneller als herkömmliche Adsorptionsgeräte. Da die Wärme in der Wand isoliert wird, kommt es außerdem nicht zu einer unnötigen Aufheizung des Raumes.
Auch im Vergleich zu Infrarot-Heizplatten soll die Technik besser abschneiden. Nach Angaben des Fraunhofer IBP benötigt Fastdry nur etwa 15 % der Energie, die Standard-Infrarotgeräte für den gleichen Vorgang einsetzen. Das Dämmmaterial Mineralwolle hat im Übrigen den Vorteil, dass es nicht brennbar ist, wodurch das Trocknungsmodul auch strenge Brandschutzvorschriften erfüllt.
Serienreifes Konzept

Die Module werden mithilfe einer Temperaturregelung kontrolliert beheizt. Foto: Fraunhofer IBP
Die Arbeitstemperatur des Heizdrahts liegt typischerweise bei etwa 55 °C. „Wir haben eine Temperatur gewählt, die auch empfindliche Baumaterialien problemlos aushalten“ erläutert Projektleiter Andreas Zegowitz aus der Abteilung Hygrothermik des Fraunhofer IBP. „Heiß genug, um das zügige Entweichen der Feuchtigkeit zu bewirken, aber nicht so heiß, dass der Nutzer sich versehentlich die Hand verbrennen könnte.“
Da weder Gebläse noch Kompressor im Einsatz sind, arbeiten die Fastdry-Geräte zudem lautlos. Sie können problemlos tagsüber im Büro oder in der Privatwohnung über Nacht laufen. Und das im Prinzip sofort, denn nach Aussage der Fraunhofer-Forschenden ist die Technik marktreif und wäre bereit zur Serienproduktion. Die CE-Kennzeichnung der Module des Lizenznehmers liegt ebenfalls vor. „Fastdry war kein Schnellschuss“, betont Prof. Hartwig Künzel, Abteilungsleiter Hygrothermik am Fraunhofer IBP. „Wir haben das Konzept über die Jahre hinweg in vielen Versuchsreihen immer weiterentwickelt und optimiert“.
Die Technik eignet sich übrigens nicht nur für die Sanierung von Wasserschäden in Wohnungen. „Die Module können überall da eingesetzt werden, wo es um das Entfeuchten von Flächen geht, etwa beim Rohbau oder auch bei der Sanierung historischer Gebäude“, sagt Prof. Künzel. Durch ihr geringes Gewicht und die robuste Plattenform sind die Trocknungspaneele zudem leicht zu transportieren und im Lager stapelbar.
Mittlerweile arbeitet das Fraunhofer IBP daran, auch flexible Module zu entwickeln, die man dort anwenden kann, wo keine geraden Baustoffoberflächen vorliegen. Formbare Module sollen dafür sorgen, dass sich beispielsweise auch Säulen oder Holzbalken für den Trocknungsvorgang umwickeln lassen.
Sensoren messen Oberflächentemperatur
Doch wie merkt Fastdry-Modul eigentlich, dass die Wand trocken ist? Dafür haben die Technik-Entwickler extra einen Temperatursensor in das Modul integriert, der kontinuierlich die Oberflächentemperatur sowie die Stromaufnahme der Heizspirale misst. Hintergrund: Je mehr Feuchtigkeit die Wand bereits abgegeben hat, desto weniger Energie ist nötig, um die Temperatur bei etwa 55 °C zu halten.
„Bei gleichbleibender Temperatur und Energieaufnahme beispielsweise über einen Zeitraum von 24 Stunden kann die Wand als trocken angesehen werden“, erklärt Projektleiter Andreas Zegowitz „Das Fastdry-Modul wird dann ferngesteuert abgeschaltet oder manuell vom Netz getrennt. Anschließend kann es von der Wand genommen werden“. So lässt sich verhindern, dass ein Modul weiterläuft und Energie verbraucht, obwohl die Wand längst trocken ist.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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