
Prüfkörper aus naturfaserverstärktem Kunststoff, der dank Vorbehandlung weniger Feuchtigkeit aufnimmt. Foto: Fraunhofer LBF
Aus der Forschung: Feuchteabweisende Naturfasern
Faserverstärkte Kunststoffe kommen auch im Bauwesen zum Einsatz. Meist werden Glasfasern verwendet, die allerdings den Nachteil haben, dass sie nicht nachwachsend und biologisch abbaubar sind. Naturfasern wären eine nachhaltige Alternative, nehmen aber leider zu leicht Wasser auf. Doch es gibt Hoffnung: Fraunhofer-Forscher haben ein spezielles Verfahren entwickelt, durch das Naturfasern weniger Feuchtigkeit aufsaugen.
Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) verwendet man schon seit Längerem zum Beispiel für die Herstellung von Lichtschächten, Schachtabdeckungen, Gitterrosten oder Fensterrahmen. Ähnlich wie Metalleinlagen in Stahlbeton übernehmen die Fasern eine aussteifende Funktion, durch die der Kunststoff eine höhere Steifigkeit und Festigkeit gewinnt. Das ist oft die Voraussetzung dafür, dass Polymere überhaupt die Anforderungen an Werkstoffe im Bauwesen erfüllen.
Zusätzliche Stabilität versprechen kohlefaserverstärkte Kunststoffe – kurz CFK. Kohlenstofffasern sind nämlich noch leichter und deutlich stabiler als Glasfasern. Mit CFK-Werkstoffen lassen sich deshalb sogar tragende Bauteile herstellen, zum Beispiel komplette Brücken inklusive Tragwerk. Allerdings ist dieser moderne Werkstoff bisher noch sehr teuer. Er kommt daher eher für High-Tech-Anwendungen im Flugzeug- und Automobilbau oder für teure Sportgeräte (Tennisschläger) zum Einsatz – weniger im Baubereich.
Naturfaserverstärkte Kunststoffe
Vor allem für tragende Leichtbau-Konstruktionen sind faserverstärkte Kunststoffe ein interessantes Material. Glas- und Kohlefasern haben zudem – anders als Metall-Armierungen im Betonbau – keine negativen Auswirkungen auf die Wärmedämmung. Und sie rosten nicht. Doch einen Nachteil haben sie dann doch: Sie sind nicht besonders nachhaltig, zumindest nicht so nachhaltig wie Naturfasern.
Naturfasern sind nachwachsend, biologisch abbaubar und robust. Sie lassen sich energieärmer als Glas- oder Kohlefasern herstellen, sind noch leichter als diese und haben bessere akustische Eigenschaften. Und man kann sie ebenfalls zur Verstärkung von Kunststoffelementen verwenden. Man spricht dann von naturfaserverstärkten Kunststoffen (NFK). Diese haben allerdings einen Nachteil: Sie nehmen sehr leicht Wasser auf. Das beeinträchtigt ihre mechanischen Eigenschaften, sie werden durch die Feuchtigkeit beschädigt und verlieren ihre sonst guten mechanischen Eigenschaften.
Doch das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF) in Darmstadt hat nun zusammen mit dem Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen eine Lösung für dieses Problem entwickelt. Bei dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt „Bastfix“ setzten die Forscher auf eine spezielle Faserbehandlung. Das Kürzel Bastfix steht für das Forschungsthema „Reduzierung der Feuchtigkeitsaufnahme von Bastfasern und Herstellung drehungsarmer Stapelfasergarne für den Einsatz in Strukturbauteilen“.
Spezielle Faserbehandlung
„Eine reine Oberflächenbehandlung der Naturfasern mit wasserabweisenden Schichten bringt keinen Fortschritt“, erklärt Dr. Roland Klein, Gruppenleiter für Grenzflächendesign im Forschungsbereich Kunststoffe am LBF, die Überlegungen der Forscher. „Das Wasser dringt dann nach wie vor über Schnittkanten oder sonstige Beschädigungen in die Naturfaser ein.“ Doch den Wissenschaftlern gelang es, die Fasern so zu behandeln, dass sie auch in ihrem Innersten feuchteabweisend sind.
Bei dem neu entwickelten Verfahren werden Polymere in den Naturfasern selbst erzeugt. „Zunächst haben wir die Monomere des Kunststoffs in die Hohlräume der Naturfasern eindringen lassen“, erläutert Klein. „Die Polymerisation lief dann direkt im Innern der Fasern ab.“ Für ihre Versuche verwendeten die Forscher Flachsfasern. Durch das neue Verfahren wurden diese durch und durch versiegelt und nicht nur äußerlich benetzt. Das war entscheidend, denn in naturfaserverstärkten Kunststoffen verlaufen Fasergewebe kontinuierlich durch die Kunststoffmatrix hindurch. An Schnittkanten oder beschädigten Stellen kann es daher dazu kommen, dass sich die Gewebe mit Wasser vollsaugen.
Neue Garntechnik

Um die Naturfasern widerstandsfähiger zu machen, wird das Vorgarn mit Monomeren getränkt. Foto: Fraunhofer LBF
Bei dem neuen Verfahren werden Flachsfasern in Form eines Vorgarns verwendet, also in dem Zustand vor dem Verspinnen zu Garnen und deren Weiterverarbeitung zu textilen Flächen. Das hat den Vorteil, dass man die Fasern vollständig mit dem Monomer tränken kann. Bei einem verdrehten Garn oder einem fertigen Gewebe ist das nicht so leicht zu gewährleisten.
Hier kommt nun das neue Garnverfahren des Instituts für Textiltechnik ins Spiel. Für ihr Umwindespinnverfahren ordneten die Aachener Wissenschaftler die Naturfasern parallel an und umwanden die parallelen Stränge mit einem Umwindefilament. Der Vorteil: Die Fasern sind nicht verdreht, was ihnen eine erhöhte Festigkeit verleiht. „Durch diese beiden Entwicklungen wird das Einsatzgebiet für NFK stark erweitert, sodass sie auch in Außenbereichen und hochbeanspruchten Bauteilen eingesetzt werden können“, schildert Klein den Mehrwert.
Einsatzbereiche
Naturfaserverstärkte Kunststoffe werden bisher vor allem in Autos verwendet, zum Beispiel als Innenverkleidung von Türen. Werkstoffe mit feuchtigkeitsabweisenden Fasern wären aber auch für viele andere Bereiche einsetzbar, etwa für die Rotorblätter von Windrädern. Im Baustoffbereich spielen NFK bisher noch keine Rolle. Aber das kann sich in Zukunft ja ändern. „Für Anwendungen wie Fassadenverkleidungen oder Überdachungen wären unsere Materialien zumindest grundsätzlich geeignet, wenn auch bisher sicher noch zu teuer“, so Dr. Roland Klein vom Fraunhofer LBF.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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