
Der Verbrauch fossiler Brennstoffe im Wohnbereich kostet nicht nur Geld, sondern schadet auch dem Klima. Grafik: Pixabay
Klimaschutz: Studie für den Gebäudebereich
Deutschland kann seine bis 2050 angepeilten Klimaschutzziele im Gebäudesektor erreichen, müsste dafür aber die jährliche Sanierungsrate auf mindestens 1,4 % erhöhen. Das ist ein Ergebnis der „Gebäudestudie“, die von der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (Geea), der Deutschen Energie-Agentur (Dena) sowie weiteren Branchenverbänden veröffentlicht wurde.
Der Gebäudesektor spielt eine entscheidende Rolle beim Klimaschutz. In Deutschlands Privathäusern wird nämlich insgesamt mehr Energie verbraucht als im Verkehrssektor oder in der Industrie. Da die häusliche Energieerzeugung zur Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser nach wie vor überwiegend durch das Verbrennen fossiler Energieträger erfolgt (insbesondere Erdgas und Erdöl), ist der Gebäudesektor eben auch für die Freisetzung großer Mengen klimaschädlicher Treibhausgase verantwortlich.
Klimaschutzziele in Gefahr
Die Bundesregierung verfolgt das Langfristziel, dass die Emissionen von Treibhausgasen in Deutschland bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 % gegenüber 1990 sinken sollen. Der Gebäudebestand soll bis zu diesem Zeitpunkt „nahezu klimaneutral“ werden. Die im Oktober 2017 veröffentlichte Gebäudestudie („Szenarien für eine marktwirtschaftliche Klima- und Ressourcenschutzpolitik 2050 im Gebäudesektor“) zeigt allerdings, dass Deutschland seine Klimaschutzziele im Gebäudebereich bei einer Fortschreibung des heutigen Sanierungstempos klar verfehlen würde. Demnach käme der Gebäudesektor bis 2050 nur auf eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 67 % im Vergleich zu 1990, wenn alles so weiter liefe wie bisher.
Vergleich von Alternativszenarien
Es müsste also mehr getan werden, damit die gesteckten Klimaschutzziele erreicht werden können. Aber was und wie viel? Dazu hat sich die Gebäudestudie Gedanken gemacht. In ihr wird ein Zukunftsszenario, das die heutigen Tendenzen einfach unverändert bis 2050 fortschreibt (Referenzszenario), mit zwei ambitionierteren Alternativszenarien verglichen. Dafür wählten die Forscher einerseits ein so genanntes Technologiemix-Szenario, das auf einem breiten Spektrum an Technologien zur Energieerzeugung setzt, und andererseits auf ein „Elektrifizierungs-Szenario“, das auf einen sehr starken Einsatz von erneuerbarem Strom im Wärmebereich abzielt.
Nach Angaben der Studie würde Deutschland bei beiden Alternativszenarien die klimaschutzpolitischen Ziele der Bundesregierung erreichen. Dafür müsste die Raumwärme- und Warmwasserbereitstellung aber verstärkt auf erneuerbare Energien umgestellt werden, und vor allem müsste es im Gebäudebestand zu einer deutlichen energetischen Verbesserung der Gebäudehülle und der Anlagentechnik kommen. Mit anderen Worten: Alte Häuser müssten viel häufiger energetisch saniert werden als bisher.
Steigerung der Sanierungsrate

Laut Studie könnten die Klimaziele 2050 erreicht werden, wenn man jährlich rund 2 % des Gebäudebestands mit Wärmepumpen ausstatten würde. Foto: Pixabay
Nach dem Elektrifizierungs-Szenario müssten bis 2050 jedes Jahr rund 2 % des gesamten Gebäudebestands in Deutschland in der Weise saniert werden, dass Heizungskörper und Warmwasseraufbereitung fortan mit elektrischen Wärmepumpen – also mithilfe regenerativer Energiequellen – betrieben werden. Im Technologiemix-Szenario, das die Studie als technologieoffenes Szenario beschreibt – würde nach Angaben der Forscher eine jährliche Sanierungsrate von 1,4 % genügen, um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen.
Beim technologieoffenen Szenario würden neben Strom für Wärmepumpen auch zunehmend gasförmige und flüssige Brennstoffe zum Einsatz kommen, die aber ursprünglich mithilfe von Ökostrom synthetisch erzeugt wurden. Gemeint ist, dass der sanierte Gebäudebestand zum Teil auch weiterhin über Gas- und Ölheizungen beheizt wird, die aber zunehmend mit synthetischem Gas (Power-to-Gas) oder mit synthetischem Öl (Power-to-Liquid) befeuert werden.
„Wer die Entwicklung der letzten Jahre verfolgt hat, der weiß, dass selbst eine Sanierungsrate von 1,4 Prozent ein ambitioniertes Ziel ist“, betont Andreas Kuhlmann, Geea-Sprecher und Vorsitzender der Dena-Geschäftsführung. Aktuell liege die Sanierungsrate nur bei rund 1 % pro Jahr.
Vergleich der Alternativszenarien
Nach Angaben der Gebäudestudie wäre das technologieoffene Szenario deutlich kostengünstiger als das Elektrifizierungsszenario, da es weniger Investitionen in Gebäudehülle und Anlagentechnik erfordert. Zwar müsste die Energie aus Power-to-Gas- oder Power-to-Liquid-Technologien nach gegenwärtigem Stand noch oft aus anderen Ländern nach Deutschland importiert werden. Doch trotz der daraus resultierenden Kosten sei das Szenario günstiger als das Alternativszenario mit der höheren Verbreitung von Wärmepumpen. Im Vergleich zum Referenzszenario erreiche der technologieoffene Pfad die Klimaschutzziele bei Mehrkosten von insgesamt 12 bis 14 %. Das Elektrifizierungsszenario komme auf Mehrkosten von gut 20 %, so die Studie.
Deutliche Unterschiede weisen die beiden Szenarien auch bei der Entwicklung des Energieverbrauchs im Gebäudesektor auf. Die höhere Sanierungsrate, die die Elektrifizierung mit sich bringt, soll zu einer Senkung des Energieverbrauchs um gut 60 % bis 2050 im Vergleich zu 2015 führen. Im Technologiemix-Szenario liegt der Wert bei circa 47 %, weil weniger saniert wird. Trotzdem lassen sich nach Angaben der Studie auch hier die Klimaschutzziele erreichen, weil der Strom sowie die gasförmigen und flüssigen Brennstoffe ja mithilfe von erneuerbaren Energien erzeugt würden.
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