RM Rudolf Müller
Beispielhafter Aufbau einer Holz-Beton-Deckenplatte.  Grafiken: Fraunhofer WKI/ Christoph Pöhler

Beispielhafter Aufbau einer Holz-Beton-Deckenplatte.  Grafiken: Fraunhofer WKI/ Christoph Pöhler

Forschung, Technik und Trends
17. Februar 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Langzeitverhalten hybrider Holzsysteme

Hybride Baustoffe, die Holz mit Faserverbundkunststoffen oder Beton kombinieren, werden in den letzten Jahren zunehmend erforscht. Manche halten solche hybriden Holzsysteme für den Stahlbeton des 21. Jahrhunderts, weil sie eine verbesserte Nachhaltigkeit und Festigkeit vereinen. Das Fraunhofer-Institut für Holzforschung testet nun erstmals die Langzeitstabilität solcher Bauteile.

Stahlbeton ist langlebig und stabil, weist jedoch einen großen CO2-Fußabdruck auf. Holz wiederum ist zwar nachhaltig und bindet Kohlenstoff, quillt und schwindet aber infolge von Witterungseinflüssen. Außerdem ist der Naturwerkstoff nicht so stabil wie Stahlbeton, vor allem die Zug- und Druckfestigkeiten senkrecht zur Faserrichtung sind vergleichsweise niedrig.

Kombiniert man jedoch Holz mit Materialien wie Faserverbundkunststoffen oder Beton, lassen sich die mechanischen Eigenschaften der Gesamtkonstruktion stark verbessern. Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut (Fraunhofer WKI) könnte man für solche Holz-Hybrid-Werkstoffe selbst Holzarten und Sortierklassen einsetzen, die sich bisher nicht für die Bauindustrie eignen. Das würde den Spielraum für eine klima- und umweltgerechte Forstwirtschaft erweitern.

Fehlende Langzeitdaten

Beispielhafte Darstellung eines Holzbalkens mit Faserverbundkunststoff.

Beispielhafte Darstellung eines Holzbalkens mit Faserverbundkunststoff.

Während es zum Kurzzeitverhalten von Holz-Hybridwerkstoffen bereits verschiedene Studien gibt, ist zum Langzeitverhalten bisher wenig bekannt. Wäre gesichert, dass die Hybridbaumaterialien Wind und Wetter über lange Zeit trotzen können, würden sie vermutlich einen Aufschwung erleben. Eine Nachwuchsforschergruppe will die Wissenslücke nun schließen und untersucht unter der Leitung des Fraunhofer WKI in Braunschweig das Langzeitverhalten und die Dauerhaftigkeit hybrider Holzsysteme. Die Forscherinnen und Forscher aus aller Welt untersuchen Kombinationen aus Holz und Beton ebenso wie Holz, das durch Carbonfasern oder Flachs in einer Polymermatrix zusätzliche Stabilität gewinnt.

Was die Kombination von Schnittholz und Beton angeht, hat das Team zunächst einmal einen neuen Weg entwickelt, die Materialien miteinander zu verbinden. Üblicherweise geschieht dies mechanisch – also über Stahlnägel, Stahlplatten und Stahlnetze. „Indem wir die Materialien über Polyurethan oder Epoxidharz verbinden, können wir das Gewicht der Holz-Hybride senken und den Produktionsprozess um bis zu 15 % beschleunigen“, erläutert Prof. Libo Yan, Senior Scientist und Nachwuchsgruppenleiter am Fraunhofer WKI. Über diese Klebstoffe haben wir auf BaustoffWissen bereits im Beitrag „Holz-Beton-Verbund: Neue Klebtechnik“ informiert.

Versuche und Modelle

Es mag widersprüchlich klingen, aber am Anfang der Untersuchungen zum Langzeitverhalten hybrider Holzsysteme stehen Kurzzeitversuche, die nur einige Stunden oder allenfalls Tage dauern. Beispielsweise messen die Forschenden, wie viel Kraft nötig ist, um die Klebeschicht zwischen Holz und Beton zu zerstören und den Materialverbund auseinanderzureißen. Dafür spannen sie die äußeren Holzteile ein und bringen auf den Beton eine definierte Kraft auf.

Aus solchen und anderen Messungen entwickelt das Forscherteam ein theoretisches Modell. Via Mikroskop untersuchen es auch die Mikrostruktur der Klebestelle. „Wir wollen eine Korrelation zwischen dem makroskopischen Verhalten und der Mikrostruktur herstellen“, sagt Yan. „Dabei gehen wir auch auf die chemische Ebene: Wie beispielsweise verändern sich die chemischen Komponenten an der Schnittstelle? Auf diese Weise können wir die Eigenschaften der Hybridmaterialien gezielt verbessern.“

Langzeittests im Freien

Um das erstellte Modell zu validieren, schließen die Forscherinnen und Forscher an die Kurzzeitversuche nun längerfristige Untersuchungen an. Dafür setzen sie 5 bis 6 m lange Hybridpaneele zwei Jahre lang Wind, Regen und Sonne im Freiland aus. Wie sehr werden sie dadurch in Mitleidenschaft gezogen? Sagt das Modell dies stimmig voraus?

Wenn das Modell diesen Praxisvergleich erfolgreich besteht, kann es für die Vorhersage des Langzeitverhaltens der Bauteile genutzt werden. Dann lässt sich beispielsweise berechnen, wie sich die Holz-Hybridmaterialien über einen Zeitraum von 50 Jahren verhalten.


 

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