RM Rudolf Müller
Der witterungsbereinigte Raumheizwärmeverbrauch in Mehrfamilienhäusern ist 2016 erstmals seit 2005 wieder angestiegen. Foto: Techem

Der witterungsbereinigte Raumheizwärmeverbrauch in Mehrfamilienhäusern ist 2016 erstmals seit 2005 wieder angestiegen. Foto: Techem

Forschung, Technik und Trends
03. April 2018 | Artikel teilen Artikel teilen

Energiekennwerte-Studie: Heizkosten in Mehrfamilienhäusern

Über Energieeffizienz im Gebäudebereich wird seit Jahren viel gesprochen, doch die Praxis kommt weiterhin vielerorts kaum voran. In deutschen Mehrfamilienhäusern ist der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser in letzter Zeit sogar wieder angestiegen. Das ist ein Ergebnis der neuen Energiekennwerte-Studie, die der Energiedienstleister Techem im Dezember 2017 veröffentlicht hat.

Die aktuelle Techem-Analyse basiert auf Daten aus dem Kalenderjahr 2016. Für die Studie wurden die Heizwärme- und Warmwasserverbräuche von 1,3 Millionen Wohnungen in 115.000 deutschen Mehrfamilienhäusern anonym ausgewertet. Der über 200 Seiten starke Ergebnisbericht steht als kostenloses E-Paper im Internet zur Verfügung oder kann in gedruckter Form für 15 Euro über die E-Mail-Adresse energiekennwerte@techem.de bestellt werden (Kennziffer 9982074).

Die Energiekennwerte-Studie von Techem ist Ende 2017 bereits zum 18. Mal erschienen. Sie gilt als Standardwerk für die Immobilienbranche. Die Ergebnisse zeigen regionale Unterschiede im Wärmeverbrauch für Heizung und Wasser bei Mehrfamilienhäusern – bezogen auf die Energiequellen Erdgas, Heizöl und Fernwärme.

Steigender Wärmeverbrauch

Nach der aktuellen Energiekennwerte-Studie ist der Endenergieverbrauch für Raumheizwärme in deutschen Mehrfamilienhäusern im Jahr 2016 für alle Energieträger gestiegen. Die Autoren führen das nicht allein auf die gegenüber dem Vorjahr kühlere Witterung in den Wintermonaten zurück. Auch wenn man den Witterungseinfluss herausrechnet, gab es beim Raumheizwärmeverbrauch erstmals seit 2005 wieder einen deutlichen Anstieg von über 3 % im Vergleich zu 2015.

Diesen Anstieg haben die meisten Konsumenten nur deshalb nicht in ihrem Geldbeutel gespürt, weil im Erhebungsjahr 2016 auch die Preise für Erdgas und insbesondere für Heizöl gefallen sind. Das hat vielen Verbrauchern sogar fallende Kosten beschert. Aber die Preise können in Zukunft natürlich auch wieder steigen. Und für die Klimaziele Deutschlands sind die Ergebnisse der Studie in jedem Fall eine schlechte Nachricht. Denn die Zahlen deuten darauf hin, dass die Wärmewende bei der wichtigen Immobilienklasse der Mehrfamilienhäuser ins Straucheln geraten ist. Mit dem Wärmeverbrauch sind auch die CO2-Emissionen wieder gestiegen.

Anstieg nach Energiequellen

Beim Erdgasverbrauch ermittelte die Studie einen witterungsbereinigten Verbrauchsanstieg von 2,8 %, bei Fernwärme waren es 3,5 % und bei Heizöl sogar annähernd 4,7 %.

Fernwärme war 2016 übrigens die teuerste der drei Energiequellen, gefolgt von Erdgas und Heizöl. Das ist insofern bemerkenswert, als dass Heizöl noch 2013 von allen Energieträgern die mit Abstand höchsten Kosten verursachte. Das hat sich durch den Fall des Heizölpreises in den letzten Jahren komplett geändert. Laut Techem-Studie führte 2016 die Beheizung einer 70-Quadratmeter-Wohnung mit Fernwärme gegenüber Erdgas zu jährlichen Mehrkosten von 147 Euro (nur Raumheizwärme). Gegenüber Heizöl betrugen die Mehrkosten für Fernwärme sogar 172 Euro (Raumheizung).

Forderungen von Techem

Die komplette Energiekennwerte-Studie gibt es als kostenloses E-Paper im Internet.

Die komplette Energiekennwerte-Studie gibt es als kostenloses E-Paper im Internet.

Techem-CEO Frank Hyldmar fordert von der Politik ein besseres Anreizsystem für wirtschaftlich sinnvolle Effizienzmaßnahmen: „Ich wünsche mir von der neuen Bundesregierung, dass ein stärkerer Fokus auf technische Ansätze gelegt wird, die zu möglichst geringen Kosten möglichst viel Energieeffizienz erzielen“. Energetisch hochwertige Gebäudehüllen seien wichtig, so Hyldmar weiter, müssten aber durch Maßnahmen der Wärmeerzeugung, -verteilung und -nutzung ergänzt werden.

Der CEO fordert in diesem Zusammenhang unter anderem einen verstärkten Einsatz digital gestützter, smarter Energieeffizienzlösungen entlang der gesamten Wärmewertschöpfungskette. Viele Anlagen zur Wärmeerzeugung würden heute hinter ihren Effizienzmöglichkeiten zurückbleiben, weil sie
 nicht optimal eingestellt seien oder ihr Betrieb nicht ausreichend überwacht werde. „Hier bietet professionelles, digital gestütztes Anlagenmonitoring erhebliche Potenziale“, findet Frank Hyldmar. Ganz uneigennützig ist diese Aussage natürlich nicht, denn das geforderte Anlagenmonitoring gehört zu den Dienstleistungen, die Techem anbietet.

Techem ist ein Anbieter für Energieabrechnungen und Energiemanagement in Immobilien. Die 3.600 Mitarbeiter des Unternehmens betreuen aktuell weltweit elf Millionen Wohnungen in mehr als 20 Ländern. Zu den Dienstleistungsangeboten des Unternehmens zählen unter anderem die Erfassung und Abrechnung von Wärme- und Wasserverbrauch, intelligente Lösungen zur Steuerung von Heizungsanlagen und Heizkörpern, die Ferninspektion moderner Funkrauchwarnmelder und Legionellen-Prüfungen bei Trinkwasser.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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