
Knapp ein Drittel Deutschlands ist mit Wald bedeckt – das soll auch künftig so bleiben. Foto: Pixabay
Baustoff Holz: Waldstrategie 2050
Dürreschäden, Borkenkäferbefall, Stürme und vermehrte Waldbrände haben in den letzten Jahren den Baumbestand hierzulande stark geschädigt. Ein klimaangepasster Waldumbau scheint unumgänglich – das hat auch die Politik erkannt. Wie also geht es weiter mit dem deutschen Wald? Und welche Auswirkungen hat das auf die Holzwirtschaft und den Baustoff Holz? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat im September die Waldstrategie 2050 vorgestellt.
Wälder bedecken knapp ein Drittel der Landesfläche Deutschlands. Die Extremwetter der Jahre 2017 bis 2020 haben diesen Flächen zum Teil schwer zugesetzt. In vielen Regionen klagt die Forstwirtschaft insbesondere über ein starkes Fichtensterben. Doch nicht nur viele Nadelbäume, sondern auch Laubbäume haben Probleme mit der zunehmenden Trockenheit im Zuge des Klimawandels. Überall in Deutschland wachsen Bäume infolge von Wassermangel schlechter als früher, und insbesondere ältere Bäume erreichen aufgrund geringerer Vitalität nicht mehr ihr potenzielles Lebensalter.
Leitbild für 2050

Die Waldstrategie leitet aus zehn Handlungsfeldern 59 konkrete Zwischenziele bis zum Jahr 2030 ab. Grafik: BMEL
„Unsere Wälder sind krank“, gab die zuständige Bundesministerin Julia Klöckner Mitte Februar anlässlich der Vorstellung der letzten Waldzustandserhebung unumwunden zu. Mit der Waldstrategie 2050 als Richtschnur will ihr Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nun langfristig gegensteuern.
In dem Strategiepapier skizziert das Ministerium, wie es sich die strategische Ausrichtung der nationalen Waldpolitik bis 2050 vorstellt. In zehn Handlungsfeldern (siehe Grafik) werden Maßnahmen beschrieben, die das BMEL für notwendig hält, um unseren Wald zu einem resilienten Mischwald umzugestalten, sodass er auch in Zeiten des Klimawandels überleben kann. Dabei beschreibt die Waldstrategie 59 konkrete Zwischenziele, die als „Meilensteine“ bereits bis 2030 verwirklicht sein sollen.
Als Ziel für den Wald im Jahr 2050 wird in dem Papier folgendes Leitbild formuliert: „Die Wälder in Deutschland sind mit ihren vielfältigen Ökosystemleistungen für den einzelnen Menschen und die Gesellschaft, die Natur sowie die Wirtschaft erhalten und an die sich weiter ändernden klimatischen Bedingungen angepasst. Sie sind in einer Weise im staatlichen, körperschaftlichen und privaten Waldbesitz weiterentwickelt und integrativ bewirtschaftet, dass ihre Stabilität, ihre biologische Vielfalt, ihre Produktivität, und vielfältigen Schutzleistungen, sowie ihre Erlebbarkeit zum Wohl der gesamten Gesellschaft nachhaltig gewährleistet sind. Damit bleiben auch für künftige Generationen die gleichen Chancen und Nutzungsoptionen erhalten. Die Ökosystemleistungen des Waldes werden angemessen von der Gesellschaft honoriert.“
Zwischenziele bis 2030 definiert

Nicht nur der Wald selbst, sondern auch aus Holz hergestellte Produkte speichern langfristig CO2. Grafik: BMEL
Die oben bereits erwähnten 59 Zwischenziele (Meilensteine) können wir an dieser Stelle nur auszugsweise vorstellen. So sieht die Waldstrategie zum Beispiel vor, dass bis 2030 für besonders von Trockenheit bedrohte Wälder – das BMEL geht hier von rund 2,85 Mio. Hektar Gesamtfläche aus – konkrete Umbaupläne erarbeitet sind. Bei einem Drittel dieser Flächen sollen zu diesem Zeitpunkt zudem entsprechende Umbaumaßnahmen bereits eingeleitet worden sein. Private und körperschaftliche Waldbesitzer will man dabei durch Förderprogramme verstärkt unterstützen.
Waldumbau heißt laut Waldstrategie mehr Biodiversität („ein kleinräumig stark wechselndes Mosaik unterschiedlicher Waldflächen“) und mehr Naturschutz. An anderer Stelle der Schrift ist die Rede von Mischwäldern mit „überwiegend standortheimischen und klimatoleranten Baumarten, einem an die standörtlichen Gegebenheiten angepassten Holzernteverfahren sowie einem ausgewogenen Jagdmanagement“. Für das BMEL ist außerdem „eine aktive Steuerung der Waldentwicklung hin zu klimaresilienten Wäldern unabdingbar“. Basierend auf Forschungsergebnissen und mit Unterstützung des Ministeriums sollen bis 2030 „Empfehlungen für eine klimawandelangepasste Baumartenwahl“ möglich sein.
Die Walderhaltung wird in dem Strategiepapier als „das oberste Ziel und eine Daueraufgabe der Waldpolitik“ bezeichnet. Der Flächenverbrauch durch Waldumwandlung soll bis 2030 nicht mehr zunehmen. Der Wald erbringe für Mensch und Natur komplexe Leistungen, die sich durch keine andere Landnutzungsart ersetzen lassen: insbesondere Sauerstoff- und Biomasseproduktion, Speicher und Senke für Kohlenstoff, Filter und Speicher für Wasser.
Damit der Wald diese Aufgaben auch in Zukunft dauerhaft erfüllen kann, sieht die Waldstrategie bis 2030 auch Maßnahmen für einen besseren Bodenschutz vor. Das reicht vom „weitgehenden Verzicht auf Kahlschläge“ über den Verzicht auf „überproportional nährstoffzehrende oder bodenschädliche Nutzungen“ und die „Beachtung der Nährstoffnachhaltigkeit bei der Holzernte“ bis hin zum bodenschonenden Einsatz von Forstmaschinen.
Holzerzeugung und Holzverwendung
Auf das Thema Holzwirtschaft geht die Waldstrategie vor allem im Kapitel über das Handlungsfeld „Holzerzeugung und Holzverwendung“ näher ein. Das Papier bekennt sich ausdrücklich zu dem Ziel, dass die Holzbauquote im Wohnungsneubau bis 2030 auf 30 % steigen soll. Knapp ein Drittel aller Neubauten würden dann überwiegend aus dem nachhaltigen Baustoff Holz bestehen. 2020 lag die Holzbauquote bei 20,4 %.
Angesichts des Fichtensterbens der letzten Jahre und dem im Zuge des Waldumbaus geplanten höheren Laubholzanteils muss laut BMEL damit gerechnet werden, dass das heimische, regionale Nadelholzangebot künftig abnimmt. Das ist für die Holzwirtschaft insofern ein Problem, weil sie bisher vor allem auf Nadelhölzer setzt, um daraus zum Beispiel Bauholz, Holzwerkstoffe, Möbel, Verpackungen oder Papier herzustellen. „Die Nachfrage der Gesellschaft nach Holzprodukten zur stofflichen Nutzung wird durch die Holzwirtschaft in Deutschland derzeit zu etwa 90 % durch Nadelrohholz gedeckt“, heißt es in der Waldstrategie. Laubholz dagegen wird zu etwa 60 % nur energetisch genutzt, also als Brennstoff.
Die Dominanz des Nadelholzes bei der stofflichen Nutzung hängt insbesondere mit der guten Verarbeitbarkeit der relativ weichen Hölzer zusammen. Das BMEL geht davon aus, dass es vor allem im Bausektor sowie im Verpackungsbereich wahrscheinlich nicht gelingen wird, die bisherige Nachfrage nach Nadelholz unter wettbewerbsfähigen Bedingungen durch Laubholz zu ersetzen. Der Bedarf werde daher einerseits über zusätzliche Importe gedeckt werden müssen. Außerdem sollten Holzproduktehersteller einen effizienteren Rohstoffeinsatz realisieren und zum Beispiel vermehrt Altholz einsetzen. Mittel- bis langfristig setzt die Waldstrategie zudem auf den Anbau „alternativer, klimaresilienter Nadelbaumarten“ im deutschen Wald.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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