RM Rudolf Müller
Luft-Wärmepumpen reichen bei Einfamilienhäusern meistens aus. Alle Bilder: Bundesverband Wärmepumpe e.V.

Luft-Wärmepumpen reichen bei Einfamilienhäusern meistens aus. Alle Bilder: Bundesverband Wärmepumpe e.V.

Energetisches Bauen
26. Oktober 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Wann arbeiten Wärmepumpen effektiv?

Wärmepumpen zapfen Umweltwärme an und machen diese für die Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung nutzbar. Angesichts der Klimakrise und rasant gestiegener Gas- und Ölpreise wünschen sich immer mehr Hausbesitzer so eine nachhaltige Heizung. Doch nicht in jedem Gebäude arbeiten Wärmepumpen effektiv.

Im Wohnneubau hat sich die Wärmepumpe in den letzten Jahren zur dominierenden Energiequelle für Heizungsanlagen entwickelt. Schon 2019 kamen bei fast 46 % dieser Gebäude Wärmepumpen zum Einsatz. Seitdem ist die Nachfrage noch einmal rasant gestiegen: 2021 existierte bereits in rund 61 % aller Wohnneubauten eine Wärmepumpe. Dort wird die notwendige Gebäudewärme also zumindest größtenteils aus erneuerbarer Umweltwärme gespeist. Dagegen war Gas nur noch in rund 24 % aller Neubauten die primär verwendete Energiequelle für Heizung und Warmwasser.

Wärmepumpen-Boom

Beim Wohnneubau sind Wärmepumpen bereits klarer Marktführer.

Beim Wohnneubau sind Wärmepumpen bereits klarer Marktführer.

Der Wärmepumpen-Boom in Deutschland wäre vermutlich noch viel größer, würde die hohe Nachfrage nicht durch den massiven Fachkräftemangel ausgebremst. Nach Analysen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung konnten allein 2021 bundesweit 12.977 offene Arbeitsstellen im Bereich Sanitär-, Heizungs-, und Klimatechnik nicht besetzt werden, weil es keine passend qualifizierten Arbeitslosen gab.

82 % aller Wärmepumpen in Wohnneubauten waren 2021 übrigens Luft-Wärmepumpen. Dieser Anlagentypus ist vergleichsweise günstig sowie relativ einfach zu installieren und liefert zumindest für gut gedämmte Einfamilienhäuser von durchschnittlicher Größe in der Regel ausreichend Wärme. Für Mehrfamilienhäuser empfehlen sich dagegen eher Erd-Wärmepumpen, die allerdings deutlich höhere Investitionskosten verursachen – unter anderem wegen der notwendigen Bohrungen im Erdreich.

Wärmepumpen zapfen die Sonnenenergie an, die in der Erde, im Grundwasser oder in der Außenluft als Wärme gespeichert ist, und heben die Temperatur dieser Umweltwärme so weit an, dass sie für die Gebäudeheizung oder die Warmwasserbereitung nutzbar ist. Wie das im Einzelnen funktioniert, wird im BaustoffWissen-Beitrag „Wie funktionieren Wärmepumpen?“ näher dargestellt. Für den Prozess des Temperaturhubs jedenfalls benötigt die Wärmepumpe elektrischen Strom.

Geringer Temperaturhub entscheidend

Ganz allgemein gilt: Eine Wärmepumpe arbeitet umso effektiver, je näher die Temperatur der angezapften Umweltwärme und die benötigte Heizwassertemperatur beieinander liegen. Dann nämlich fällt der notwendige Temperaturhub, den die Anlage leisten muss, gering aus, und infolgedessen verbraucht die Wärmepumpe relativ wenig Strom.

Nun ist hierzulande die Temperatur der Umweltwärme während der Heizperiode im Winter natürlich nicht besonders hoch. Selbst oberflächennahe Erdwärmepumpen können dann – je nach Bohrtiefe – nur Ausgangstemperaturen von etwa 10 bis 15 °C liefern. Die Wärmepumpe hat also „Einiges anzuheben“. Für ihre Effektivität ist es daher grundsätzlich von großem Vorteil, wenn die zu beheizenden Gebäude von vorneherein keine allzu hohen Heizwassertemperaturen benötigen – also gut gedämmt sind – und die eingesetzten Heizsysteme auch mit relativ geringen Vorlauftemperaturen funktionieren.

Letzteres ist bei Niedertemperatur-Flächenheizungen wie zum Beispiel wassergeführten Fußbodenheizungen der Fall. Bei diesen großflächigen Heizsystemen genügen bereits Vorlauftemperaturen zwischen 30 und 40 °C, um ein ausreichend gedämmtes Haus auch im Winter warm zu halten. Klassische Heizkörper dagegen benötigen aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Flächenausbreitung deutlich höhere Wassertemperaturen, um denselben Heizeffekt zu erzielen.

Was heißt „Niedertemperatur-Ready“?

Wärmepumpen-Heizungskeller in einem Stuttgarter Mehrfamilienhaus.

Wärmepumpen-Heizungskeller in einem Stuttgarter Mehrfamilienhaus.

Die Bedeutung einer ausreichenden Gebäudedämmung ist allerdings nicht so zu verstehen, dass sich Wärmepumpen nur in Neubauten lohnen würden. Sie können auch in modernisierten Altbauten effektiv arbeiten, vorausgesetzt die Gebäude sind zumindest „Niedertemperatur-Ready“. Darauf weist Dr. Hans-Joachim Riechers, Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel, in seinem Beitrag „Wärmepumpen und Fassadendämmung“ hin, den wir im September auf BaustoffWissen Plus veröffentlicht haben.

Nach einer Definition des ifeu-Instituts ist ein Gebäude Niedertemperatur-Ready, wenn es am kältesten Tag des Jahres mit einer Vorlauftemperatur der Heizung von 55 °C auskommt. Die meiste Zeit des Jahres, wenn es weniger kalt ist, sollte die Anlage mit deutlich niedrigeren Vorlauftemperaturen auskommen. Unter solchen Rahmenbedingungen können herkömmliche Wärmepumpen auch im Altbau effizient arbeiten.

Unter der Vorlauftemperatur versteht man die Temperatur, auf die das Heizwasser erwärmt werden muss, damit eine Heizanlage die gewünschte Wärmemenge liefert. Bei ungedämmten Gebäuden sind im Winter oft Vorlauftemperaturen bis zu 70 °C notwendig. Das ist zumindest mit klassischen Wärmepumpen nicht möglich. Die arbeiten bei Vorlauftemperaturen zwischen 30 und 40 °C effizient, was für Niedertemperatur-Flächenheizungen auch ausreicht.

Hochtemperatur-Wärmepumpen

Schon seit geraumer Zeit gibt es auch so genannte Hochtemperatur-Wärmepumpen, die deutlich höhere Vorlauftemperaturen bis hin zu 100 °C oder sogar mehr ermöglichen. Damit lässt sich auch ein ungedämmter Altbau mit herkömmlichen Heizkörpern heizen. Doch auch für solche Anlagen gilt: Je höher der notwendige Temperaturhub, umso mehr Strom verbraucht die Wärmepumpe und umso weniger effektiv ist sie unterm Strich.

Als Maßstab für die Effizienz einer Wärmepumpe wird oft die so genannte Jahresarbeitszahl (JAZ) herangezogen. Darunter versteht man den Quotienten aus der jährlich erzeugten Wärmemenge und dem dafür notwendigen Stromeinsatz. Je höher die Kennzahl, umso effektiver arbeitet die Wärmepumpe. Meist werden Wärmepumpen ab einer JAZ von 3 als effektiv bezeichnet.

Klar ist: In gut gedämmten Gebäuden braucht man keine Hochtemperatur-Wärmepumpe. Für Hausbesitzer ist es letztlich eine individuelle Abwägungsentscheidung, ob sie lieber einmalig viel Geld in die Gebäudedämmung investieren, um dann langfristig auch mit einer einfachen Wärmepumpe effektiv heizen zu können, oder ob sie in eine (ebenfalls nicht billige) Hochtemperatur-Wärmepumpe investieren, mit der sie auch einen ungedämmten Altbau warm bekommen – allerdings zu dauerhaft höheren Stromkosten.

BEG-Förderung

Wärmepumpen zapfen Umweltwärme an und heben deren Temperatur so weit an, dass es für die Gebäudeheizung reicht.

Wärmepumpen zapfen Umweltwärme an und heben deren Temperatur so weit an, dass es für die Gebäudeheizung reicht.

Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wurde Mitte 2021 erneut überarbeitet. Für Modernisierungen im Bereich der Heizungstechnik gibt es nun keine Kreditförderung mehr, aber immerhin noch Zuschüsse. Wer seine alte Öl- oder Gasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzen will, hat zumindest Anspruch auf den staatlichen Grundzuschuss über 25 % der förderfähigen Kosten. Vor der jüngsten BEG-Reform lag der Fördersatz noch bei 35 %.

Allerdings lässt sich der Grundzuschuss durch zwei Zusatzboni auf bis zu 40 % der förderfähigen Kosten aufstocken. Wird die Wärmepumpe nämlich gegen einen noch funktionierenden Gaskessel ausgetauscht, kann der Antragsteller auch den neuen Gaskesselaustauschbonus in Höhe von 10 % der förderfähigen Kosten in Anspruch nehmen. Lässt er eine besonders effiziente Wärmepumpe einbauen, die mit Erdreich, Grundwasser oder Abwasser als Wärmequelle arbeitet, gibt es noch den so genannten WP-Bonus in Höhe von 5 % der förderfähigen Kosten obendrauf.

Die förderfähigen Kosten für Wärmepumpen liegen aktuell übrigens bei 60.000 Euro pro Wohneinheit. Inklusive aller Boni (40-%-Förderung) zahlt der Staat damit bis zu 24.000 Euro Zuschüsse für den Einbau einer Wärmepumpe. Das klingt nach viel. Vor der Reform waren allerdings bis zu 30.000 Euro möglich.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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