RM Rudolf Müller
Rear Flaps am Heck dieses Sattelaufliegers verbessern die Aerodynamik.  Foto: Krone

Rear Flaps am Heck dieses Sattelaufliegers verbessern die Aerodynamik.  Foto: Krone

Arbeitsalltag
11. Januar 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Aerodynamisch optimierte Lkw (Teil 2)

Im ersten Teil dieses Beitrags ging es um neuartige Sattelkraftfahrzeuge, die dank aerodynamischer Formgebung einen geringeren Kraftstoffverbrauch haben als herkömmliche Lkw mit kastenförmigem Sattelauflieger. Doch leider fehlt gerade für die Modelle mit dem geringsten Luftstrom-Widerstand bisher vielerorts eine Straßenzulassung – auch in Deutschland. Wer seinen Fuhrpark dennoch optimieren möchte, hat aber Alternativen. Mit einfach nachrüstbaren Luftleitelementen lässt sich auch die Aerodynamik klassischer Anhänger spürbar reduzieren.

Da aerodynamische Sattelauflieger (Trailer) wie die in Teil 1 beschriebenen „Teardrop“-Anhänger oder der Krone-Prototyp „Aero Liner“ über ein Dach verfügen, das zum Heck hin abfällt, bieten diese Modelle bei gleicher Länge weniger Laderaum als container-förmige Sattelauflieger. Anders ausgedrückt: Bei gleicher Lagerraumkapazität müsste der aerodynamische Zukunfts-Lkw eigentlich höher und länger sein.

In Deutschland kollidiert die aerodynamisch effektivste Bauweise aber schnell mit der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Laut dieser dürfen Sattelkraftfahrzeuge (Kombination aus Sattelzugmaschine und Sattelanhänger) maximal 4 m hoch und 16,50 m lang sein. Wobei die Maximallänge sogar europaweit gilt, da der Wert auf einer entsprechenden EU-Richtlinie basiert.

Aerodynamische Heckklappen

Diese dreiteiligen Boat Tails hat DHL erfolgreich in Belgien und England getestet. Foto: DHL Freight

Diese dreiteiligen Boat Tails hat DHL erfolgreich in Belgien und England getestet. Foto: DHL Freight

Die geltenden Regeln bremsen besonders windschnittige Sattelkraftfahrzeuge also bis auf Weiteres aus. Als Alternative wird aber aktuell mit zusammenklappbaren Luftleitelementen experimentiert, die sich zum Beispiel am Heck eines herkömmlichen Sattelaufliegers anbringen lassen. Werden solche drei- oder vierteiligen Heckklappen ausgefahren, dann entsteht am Ende des derart verlängerten Fahrzeugs eine sich verengende Form, die zur Verbesserung der Aerodynamik führt.

Die Elemente lassen sich relativ einfach an den hinteren Flügeltüren klassischer Anhänger anbringen. Sie werden zum Beispiel unter Namen wie Rear Flaps („Rückseiten-Klappen“) oder Boat Tails (Bootsschwänze) vermarktet. DHL Freight hat solche Luftleitelemente in Belgien und England bereits erfolgreich getestet. Die verwendeten Boat Tails wurden einfach an reguläre Auflieger geschraubt und führten nachweislich zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch.

Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h sind nach DHL-Angaben Einsparungen von bis zu einem Liter auf 100 km möglich. Spätestens nach der halben Lebensdauer eines Trailers würden sich die Mehrkosten für die Klappen daher amortisieren. Die bei DHL verwendeten Boat Tails verlängern den Lkw allerdings um 50 cm. Das kann unter Umständen wieder zu Konflikten mit den gesetzlichen Begrenzungen der Fahrzeugmaße führen.

Der Sattelauflieger-Hersteller Krone setzt unterdessen auf Rear Flaps, die erst während der Fahrt ausklappen (Foto ganz oben) und angeblich keine Probleme mit der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bereiten. „Die Rear Flaps verlängern zwar den Sattelzug über die maximal erlaubten 16,50 m hinaus, sie klappen aber bei einer Geschwindigkeit unterhalb von 30 km/h automatisch wieder ein“, erklärt Marketingleiter Stefan Oelker vom Sattelauflieger-Hersteller Krone. So sei eine Zulassung auch in Deutschland möglich.

Verkleidungen an den Anhängerseiten

 Blechverkleidungen auf Höhe der Fahrzeugräder machen den Sattelzug windschnittiger. Foto: Krone


Blechverkleidungen auf Höhe der Fahrzeugräder machen den Sattelzug windschnittiger. Foto: Krone

Nicht nur am Heck, sondern auch an den Seiten des Sattelaufliegers lässt sich die Aerodynamik mithilfe von Luftleitelementen verbessern. Verkleidungen zwischen den Rädern des Sattelzugs eröffnen weitere Einsparpotenziale. Auch Radkappen fördern die Aerodynamik. So kommt es zu weniger Verwirbelungen des Luftstroms als bei der Umströmung unverkleideter Räder.

Am effektivsten ist es, die Fahrzeugräder soweit wie möglich komplett mit Luftleitblechen zu verkleiden. Das macht den Sattelzug ein gutes Stück windschnittiger. Vollflächige Seitenverkleidungen unterhalb des Laderaums verringern nicht zuletzt den Luftstrom-Widerstand, der durch die zerklüftete Geometrie des Fahrzeugunterbodens entsteht. Zwischen den Unterkanten der Bleche und der Fahrbahn verbleibt eben nur noch ein relativ schmaler Spalt, durch den Luftströme unter das Fahrzeug gelangen können. Alternativ ließe sich auch der Unterboden selbst verkleiden. Aber das ist nicht so einfach und kostengünstig zu realisieren wie die genannten Seitenbleche.

Optimierte Zugmaschine

Nicht nur den Anhänger, sondern auch die Zugmaschine kann man natürlich aerodynamisch optimieren. Kantige Formen erhöhen den Luftwiderstand, was sich aber zum Beispiel durch abgerundete Dachspoiler zum Teil kompensieren lässt. Auch aerodynamisch optimierte (kleinere) Außenspiegel helfen weiter. Sehr effektiv ist es zudem, den Spalt zwischen Sattelzugmaschine und Auflieger mithilfe von luftleitenden Verkleidungen zu verkleinern.

Wie eine strömungstechnisch optimierte Zugmaschine und ein durchgängig optimierter Lastzug der Zukunft aussehen könnten, veranschaulicht das Projekt „Aero Liner“, das im ersten Teil dieses Beitrags vorgestellt wurde.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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