
Lkw-Parkplätze sind meist nicht tagsüber, sondern in der Nacht überlastet. Foto: Pixabay
Datendienst zu freien Lkw-Parkplätzen
Überlastete Lkw-Parkplätze an Autobahnen stellen Spediteure und Transportunternehmen vor große Herausforderungen bei der Touren-Planung – auch in der Baustoffbranche. Im Rahmen des vom Bundesverkehrsministerium geförderten Projekts „Intelligent Truck Parking“ (ITP) wurde daher ein Datendienst entwickelt, der künftig Navigations-, Speditions- und Logistiksysteme mit Informationen zur Auslastung von Lkw-Parkplätzen an Autobahnen versorgen soll.
Der Güterverkehr auf deutschen Autobahnen nimmt stetig zu. Insbesondere nachts kommt es daher zu einer Überlastung von Park-, Tank- und Rastanlagen. Für Lkw-Fahrer wird es immer schwieriger, geeignete Stellplätze für ihre Ruhezeiten zu finden. Zunehmend entstehen daher Situationen, in denen Fahrer aufgrund der gesetzlichen Lenkzeitvorgaben verpflichtet sind, eine Pause einzulegen, aber keinen freien Parkplatz finden. Das führt dann nicht selten zu widerrechtlichem und gefährlichem Abstellen von Fahrzeugen.
Überraschende Ergebnisse
Andererseits zeigen Vor-Ort-Beobachtungen und Analysen von Floating-Car-Daten (FCD), dass es zeitweise durchaus noch freie Lkw-Stellplätze im regionalen Umfeld gibt, auch wenn einzelne Parkanlagen bereits überlastet sind. Zum Teil sind Parkanlagen je nach Fahrtrichtung unterschiedlich stark ausgelastet. So können die Parkplätze in Fahrtrichtung unter Umständen belegt sein, auf einer gegenüberliegenden Raststätte aber noch viele Plätze frei sein. Aber auch entlang einer Fahrtrichtung ergeben sich mitunter unerwartete Schwankungen.
Stünden Lkw-Fahrern diese Informationen zur Verfügung, könnten sie leichter einen freien Stellplatz finden. Vorhandene Parkinfrastruktur an Autobahnen ließe sich unter Umständen besser auslasten. Unfälle durch gefährlich abgestellte Lkw auf und an Autobahnen könnten möglicherweise vermieden, CO2-Emissionen durch weniger Suchverkehr reduziert werden. All diese Überlegungen waren Motivation zur Entwicklung des neuen ITP-Datendienstes.
Das im Frühjahr 2021 abgeschlossene Projekt „Intelligent Truck Parking – Lkw-Parken als europäischer Datendienst und Buchungsservice – Belegung, Datenfusion und Prognose“ wurde wissenschaftlich vom Fraunhofer-Institut Materialfluss und Logistik (IML) und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen begleitet. Projektpartner waren unter anderem die Firmen Materna Information & Communications SE, Prisma Solutions Deutschland GmbH und Traff-Go Road GmbH.
Infos für Fahrer und Disponenten

ITP will Fahrer und Transportdienstleister vorab über freie Stellplatzkapazitäten informieren. Grafik: Fraunhofer IML
Eine Umfrage, die im Rahmen des ITP-Projekts vor drei Jahren unter Lkw-Fahrern durchgeführt wurde, ergab unter anderem, dass 64 % der Befragten häufig keinen freien Parkplatz finden und 25 % häufig Probleme haben, Termine einzuhalten, da sie Zeit mit der Parkplatzsuche verlieren. Nach Angaben des Projektpartners Prisma Solutions fehlen in Deutschland jede Nacht – je nach Verkehrsaufkommen – zwischen 11.000 und 30.000 Lkw-Parkplätze. Das zeigt, dass ein Datendienst allein das Problem nicht lösen kann. Auch der Ausbau der Stellplatzkapazitäten ist notwendig. Zugleich macht es aber Sinn, moderne Informationstechnologien zu nutzen, um auch die vorhandene Parkinfrastruktur noch effektiver auszulasten.
Das ITP-Team hat dafür einen Datendienst entwickelt, mit dessen Hilfe künftig Navigations-, Speditions- und Logistiksysteme Informationen und Prognosen zu Lkw-Stellplatzkapazitäten an Autobahnen beziehen können. Eine zuvor durchgeführte Bedarfsanalyse hatte ergeben, dass Lkw-Fahrer die Parkbelegungs-Prognosen in die bereits am Markt vorhandenen Navigations- und Routingsysteme eingebunden haben wollen. Disponenten der Transportunternehmen benötigen dagegen eher Desktoplösungen. Für beide Bedürfnisse entwickelten die Projektpartner Lösungen, die sie zudem erfolgreich in der Praxis testeten.
„ITP will eine Datenplattform konzipieren, auf der Navigationsdienstleister, Speditions- und Transportdienstleister sowie Lkw-Fahrer zusammenkommen, um Daten über Stellplatzkapazitäten bereitzustellen und abzufragen“, erläuterte Isabella Geis, Projektleiterin Mobilität im Fraunhofer IML, bereits 2018 das Ziel des Projekts. „Wir wollen Stellplatzkapazitäten prognostizieren und Fahrern die Möglichkeit bieten, einen Platz direkt über unsere Anwendung zu buchen.“
Service für vorhandene Softwaresysteme
Der Datenservice stellt also Informationen für vorhandene Softwaresysteme zur Verfügung. Mit deren Hilfe lässt sich auch dort, wo es keine sensorbasierten Erfassungssysteme auf den Park-, Tank- und Rastanlagen gibt, die Anzahl freier Lkw-Abstellmöglichkeiten prognostizieren. Der Prognosealgorithmus arbeitet unter anderem mit Rastanlagendaten und mathematischen Simulationen, vor allem aber mit den realen Positionsdaten der Lkw. Letztere lassen sich durch Auswertungen von Echtzeit-FCD gewinnen. Insgesamt kombiniert das System also Echtdaten zu Parkvorgängen mit Machine-Learning-Methoden.
Noch steht die ITP-App nicht als fertiges Produkt zur Verfügung, doch eine marktreife Entwicklung mit passgerechtem Geschäftsmodell ist bereits in Arbeit. Anfang September sagte uns das Fraunhofer IML auf Nachfrage, dass es noch zwischen einem und zweieinhalb Jahren dauern kann, bis die Markteinführung erfolgt.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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