
Auch der Baustoff-Fachhandel könnte künftig spezialisierte Kaufleute für Webshops einstellen. Foto: hagebau
Neuer Beruf: Kaufleute im E-Commerce
Auch die Baustoffbranche kann sich der Digitalisierung der Gesellschaft nicht entziehen. Immer mehr Baustoff-Fachhändler ergänzen ihr stationäres Geschäft durch Online-Shops. Das führt zu neuen Anforderungen an Warenwirtschaftssysteme und Artikelstammdaten – und natürlich auch an das eigene Personal. Ein neuer Ausbildungsberuf könnte hier Abhilfe schaffen: Kaufmann/-frau im E-Commerce.
Nach den derzeitigen Planungen sollen zum 1. August 2018 die ersten Azubis eine Lehre als Kaufmann/-frau im E-Commerce starten. Ein erstes Konzept für den neuen Beruf hatte der Einzelhandelsverband HDE Mitte 2015 zur Diskussion gestellt. Die Reaktionen waren branchenweit sehr positiv und zeigten, dass es in der Wirtschaft ein großes Interesse daran gibt, E-Commerce-relevante Qualifikationen auch verstärkt in kaufmännische Berufe einfließen zu lassen.
Im Mai 2016 einigten sich die führenden Verbände des Einzelhandels, des Versand- und Onlinehandels, des Groß- und Außenhandels und des Tourismus sowie die Gewerkschaft Verdi auf die Eckwerte für den neu zu schaffenden Beruf.
Einigung auf Berufsbild
Die Ausbildungsdauer für den neuen Beruf soll drei Jahre betragen. Was die Azubis in dieser Zeit lernen, verdeutlicht das Berufsbild, auf das sich Wirtschaft und Gewerkschaft geeinigt haben. Es beschreibt stichwortartig die Aufgaben, mit denen sich Absolventen der Ausbildung Kaufmann/-frau im E-Commerce in ihrem Berufsleben befassen werden. Unter anderem sind folgende Berufsbildpositionen geplant:
- Onlineshop-Managementsystem einsetzen,
- Onlineshop/Onlinebuchungsportal bewirtschaften,
- Waren- und Dienstleistungssortiment entwickeln, Einkauf unterstützen,
- Vertragsabwicklung (Retouren- beziehungsweise Stornomanagement unterstützen, Distribution einleiten, Bezahlung abwickeln),
- Kundendialog gestalten und Kundenservice im Online-Bereich einsetzen,
- Online-Marketing umsetzen,
- Bezahlsysteme einsetzen,
- Controlling des Online-Bereichs durchführen,
- Wettbewerbsbeobachtungen durchführen und auswerten.
Anspruchsvolles Anforderungsprofil

Die komplexe Welt des E-Commerce erfordert ein besonderes Fachwissen. Foto: Eurobaustoff
Die Berufsbildpositionen zeigen, dass der neue Beruf ausgesprochen vielseitige, aber auch durchaus anspruchsvolle Aufgaben umfasst. Nach ihrer Ausbildung sollen die Kaufleute im E-Commerce in der Lage sein, die gängigen Managementsysteme für Onlineshops selbständig zu betreiben und weiterzuentwickeln. Sie strukturieren und entwickeln zusammen mit dem Einkauf ihres Betriebs das Angebot des Shops, kümmern sich aber auch darum, dass Wareninformationen, Produktbilder und Dienstleistungen verkaufsfördernd dargestellt werden.
Ferner übernehmen sie Aufgaben im Bereich des Online-Marketings. Sie kümmern sich beispielsweise um die Suchmaschinenoptimierung für den Shop, entwickeln Newsletter und kümmern sich um den Online-Dialog mit Kunden – etwa über Social-Media-Aktivitäten wie Facebook, Twitter oder auch Kundenblogs. Weiterhin gehört das Controlling der Shop-Aktivitäten zum Aufgabengebiet der neuen Kaufleute. Das umfasst beispielsweise Klick-Auswertungen, den Einsatz von Web-Analysetools, aber auch die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Kundenbefragungen.
Natürlich wird die Ausbildung Kaufmann/-frau im E-Commerce auch rechtliches Know-how für den Online-Bereich vermitteln. Schließlich müssen die Absolventen beispielsweise mit den Regeln zum Datenschutz und zur Datensicherheit im Netz vertraut sein und sie müssen die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit von Online-Bezahlsystemen beurteilen können.
Wie geht es nun weiter?
Die Einführung eines neuen Berufs setzt die Entwicklung einer entsprechenden Ausbildungsordnung voraus, in der die inhaltliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung bundeseinheitlich geregelt wird. Damit diese Arbeit beginnen kann, muss zunächst beim Bundeswirtschaftsministerium ein Neuordnungsverfahren offiziell beantragt werden. Das ist für den Beruf Kaufmann/-frau im E-Commerce bereits geschehen. Im August 2016 fand im Ministerium ein gemeinsames Antragsgespräch mit Vertretern aus Wirtschaft und Gewerkschaften statt. Dabei einigten sich alle Beteiligten auf die Einführung des neuen Berufs.
Mittlerweile hat die konkrete Arbeit an der Ausbildungsordnung begonnen, die bis Juni 2017 fertiggestellt werden soll. Sie gilt für den betrieblichen Teil der Ausbildung und wird von Sachverständigen der Arbeitgeber und Gewerkschaften unter Federführung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) formuliert. Zusätzlich wird für die Berufsschulen ein Rahmenlehrplan erarbeitet. Darum kümmern sich andere Sachverständige, die von den Kultusministerien der Länder benannt werden.
Der praktische Start der neuen Ausbildung ist wie gesagt erst für August 2018 geplant. Dass die Ausbildungsordnung bereits ein Jahr früher fertig sein und dann zügig im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden soll, hat gute Gründe. Im Vorfeld müssen ja auch noch Lehrmaterialien erstellt und Berufsschullehrer qualifiziert werden! Schließlich sind E-Commerce und Online-Shops ein ganz neues Lehrgebiet für alle Beteiligten.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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