RM Rudolf Müller
Dieser Lkw hat einen verstärkten Pritschenaufbau nach Code XL.  Fotos: Clausing GmbH

Dieser Lkw hat einen verstärkten Pritschenaufbau nach Code XL.  Fotos: Clausing GmbH

Arbeitsalltag
13. April 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Ladungssicherung: Was ist der Code XL?

Bei Baustofftransporten ist eine ausreichende Ladungssicherung unerlässlich. Auf dem Lkw darf nichts ins Rutschen geraten – auch nicht bei Vollbremsungen oder Ausweichmanövern des Fahrers. Am sichersten ist es, wenn man die Güter formschlüssig verlädt. Ein Plus an Sicherheit bringen verstärkte Lkw-Bordwände. In der Fachwelt spricht man dann von Code-XL-Aufbauten nach DIN EN 12642.

Nach §22 der Straßenverkehrsordnung ist jede Ladung so zu sichern, dass sie in keiner Verkehrssituation verrutschen oder umfallen kann. Das gelingt am besten, wenn der Lkw formschlüssig beladen wird. Formschlüssig bedeutet, dass die Waren dicht an dicht stehen und lückenlos die Ladefläche ausfüllen.

Dieses ideal ist natürlich nicht immer erreichbar. Selbst bei vollgeladenen Lkw ist es mit der Formschlüssigkeit schnell vorbei, wenn die Route mehrere Stopps umfasst und zwischendurch ein Teil der Güter abgeladen werden. Dann muss der Fahrer die Ladungssicherheit gegebenenfalls mit Zurrgurten, Antirutschmatten oder ähnlichen Hilfsmitteln wiederherstellen.

Ladungssicherung in der DIN EN 12642

Neben verstärkten Bordwänden und Paletten-Anschlagleisten bietet eine Mittelschiene zusätzliche Befestigungspunkte zum Verzurren.

Neben verstärkten Bordwänden und Paletten-Anschlagleisten bietet eine Mittelschiene zusätzliche Befestigungspunkte zum Verzurren.

Ein lückenloses Beladen des Fahrzeugs allein ist allerdings keine Garantie dafür, dass Waren bei scharfen Brems- oder Ausweichmanövern nicht schlimmstenfalls sogar von der Ladepritsche auf die Fahrbahn geschleudert werden. Auch die Laderaumbegrenzungen – also die Außenwände der Ladefläche – müssen ausreichend stabil sein, um den Druckkräften des Ladeguts auch in Extremsituationen standhalten zu können. Dieser Aspekt spielt bei schweren Produkten wie Mauerwerksteinen natürlich eine größere Rolle als bei leichten Dämmstoffen, die für die Bordwandstabilität keine größere Herausforderung darstellen.

Anforderungen an die Bordwände von Lkw-Aufbauten regelt die DIN EN 12642 („Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen – Aufbauten an Nutzfahrzeugen – Mindestanforderungen“). Die Norm gilt für Lastzüge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und beschreibt neben den Anforderungen an die Stabilität der vier Bordwände (Seitenwände, Stirn- und Rückwand) auch die dazugehörigen Prüfungen. Bezüglich der Anforderungen an die Laderaumbegrenzungen unterscheidet sie zwei grundsätzliche Aufbautypen: Code L und Code XL.

Während der Code L die Mindestanforderungen an die Bordwände beschreibt – sozusagen den Standardaufbau –, steht Code XL für einen verstärkten Aufbau. Nach Code XL zertifizierte Fahrzeuge garantieren also ein Plus an Sicherheit. Im Gegensatz zu den Mindestanforderungen (Code L) sind Code-XL-Aufbauten aber keine Pflicht.

„Wenn man in einen neuen Lkw-Aufbau investiert, sollte man aber schon darauf achten, dass der Aufbau dem Code XL für eine erleichterte Ladungssicherung entspricht“, rät Steffen Tielkemeier von der Clausing GmbH. Das Unternehmen aus Minden ist ein Spezialhersteller für kundenspezifisch zugeschnittene Lkw-Aufbauten – mit vielen Kunden auch aus der Baustoffbranche. Ein Lkw mit Code-XL-Aufbau biete bei einem moderaten Aufpreis ein erhöhtes Maß an Sicherheit – argumentiert Tielkemeier.

Kriterium Formschlüssigkeit

Aber was meint Steffen Tielkemeier, wenn er von einer „erleichterten Ladungssicherung“ spricht? Ganz einfach: Code-XL-Fahrzeuge sind in der Lage, formschlüssige Ladungen nur mit der Stabilität ihres Aufbaus zu sichern. Zurrmittel und Antirutschmatten sind in diesem Fall also komplett überflüssig. Das gilt aber wie gesagt nur bei Formschlüssigkeit. Ist diese – etwa durch Teilentladungen – nicht mehr gegeben, müssen Verlader und/oder Fahrer sich durchaus Gedanken über zusätzliche Sicherungsmaßnahmen machen.

Das Gebot der Formschlüssigkeit heißt nun allerdings nicht, dass der Lkw zwangsläufig immer vollflächig beladen werden muss. Das ginge auch an der Realität vorbei. Abhilfe in der Praxis bieten hier zum Beispiel verstellbare horizontale Sperrbalken, mit denen sich etwa auch ein halb volles Fahrzeug formschlüssig sichern lässt. Wichtig ist nur, dass die Waren „hinter den Sicherungsbalken“ stets lückenlos gepackt sind. Mit flexibel verstellbaren Hilfsmitteln lässt sich eine rutschsichere Formschlüssigkeit letztlich an jeder Stelle im Fahrzeug realisieren.

Aufbauten nach Code XL sind also kein Freibrief für eine x-beliebige Form der Ladung. Das Prinzip der Formschlüssigkeit muss immer beachtet werden. Trotzdem ist die Ladungssicherung in vielen Fällen einfacher als bei Fahrzeugen ohne Code XL. Bei denen sind Sicherungsmittel wie Zurrgurte nämlich immer notwendig, auch wenn der Lkw komplett formschlüssig beladen wurde. Steffen Tielkemeier ist deshalb überzeugt: „Mit Code XL zertifizierten Aufbauten lässt sich Zeit in der Ladungssicherung einsparen, und die Verkehrssicherheit wird erhöht.“

Anforderungen des Code XL

Code-XL-zertifizierte Aufbauten sind durch einen Aufkleber am Fahrzeug gekennzeichnet.

Code-XL-zertifizierte Aufbauten sind durch einen Aufkleber am Fahrzeug gekennzeichnet.

Verstärkte Lkw-Aufbauten nach dem Code XL der DIN EN 12642 zeichnen sich dadurch aus, dass die beiden Seitenwände 40 % der Nutzlast, die Stirnwand 50 % der Nutzlast und die Rückwand 30 % der Nutzlast des Fahrzeugs aushalten kann. Unter der Nutzlast versteht man die Masse der insgesamt möglichen Zuladung bis das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs erreicht ist.

Diese Anforderungen können Hersteller erreichen, indem sie zum Beispiel besonders stabile Bordwände konstruieren, am Fuß der beiden Seitenwände Anschlagleisten für Paletten montieren und die Anhänger mit besonders steifen Dachkonstruktionen ausstatten – falls überhaupt ein Dach vorhanden ist.

Prüfung und Zertifizierung

Ob ein Lkw-Aufbau die Anforderungen nach Code XL erfüllt, prüfen und zertifizieren in Deutschland Organisationen wie der TÜV. Vorgeschrieben ist zudem eine jährliche Wartung durch die jeweilige Prüforganisation. Code-XL-zertifizierte Aufbauten sind durch einen entsprechenden Etikettenaufkleber am Fahrzeug gekennzeichnet. Der Fahrer muss zudem das Zertifikat als Nachweis zur Ladungssicherung mitführen.

In den Zertifikaten werden sowohl die in den Prüfungen nachgewiesenen Aufbaufestigkeiten als auch die Grenzen der nachgewiesenen Wirkung bescheinigt. Zudem steht im Zertifikat, für welche Ladezustände und unter welchen Voraussetzungen das jeweilige Fahrzeug beladen werden darf. Steffen Tielkemeier: „Der Aufpreis für Aufbauten mit Zertifizierung nach Code XL rentiert sich auf jeden Fall. Sei es durch eingesparte Zeit bei der formschlüssigen Ladungssicherung, beim Gewinn an Verkehrssicherheit oder in Form eines besseren Restwertes beim Leasing oder eines höheren Wiederverkaufswertes.“


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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