RM Rudolf Müller
Mobiles Ausbilden bedeutet vorrangig digitales mobiles Ausbilden.  Foto: Pixabay

Mobiles Ausbilden bedeutet vorrangig digitales mobiles Ausbilden.  Foto: Pixabay

Arbeitsalltag
02. Februar 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Was bedeutet mobiles Ausbilden?

Zum Kennzeichen dualer Berufsausbildungen gehörte es bisher, dass Azubis ihre Kenntnisse in ihren Ausbildungsbetrieben unter persönlicher Anleitung von qualifiziertem Ausbildungspersonal erlernen. Seit 2020 hat die Pandemie auch hier viele Gewohnheiten durcheinandergewirbelt. Vielerorts wurden Formen des mobilen Ausbildens erprobt, bei denen der Lernort nicht mehr immer der Betrieb war. Hat diese Praxis vielleicht auch nach Corona eine Zukunft?

Im September 2021 veröffentlichte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) das Impulspapier „Mobiles Ausbilden“. In Zeiten von pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen und starkem politischen Druck auf Betriebe, so weit wie möglich das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, kam das sicher nicht überraschend.

Erstaunlich war dann aber doch, dass der Dachverband der deutschen IHKs das vierseitige Papier mit der Unterzeile „Ein Impuls der IHK-Organisation zur Weiterentwicklung der Beruflichen Ausbildung“ versah. Offenbar wird hier die Praxis des mobilen Ausbildens keineswegs nur als Notfalllösung während der Corona-Krise angesehen.

Gute Erfahrungen in der Pandemie

Das DIHK-Impulspapier erschien im September 2021.

Das DIHK-Impulspapier erschien im September 2021.

Die gelebten Erfahrungen mit dem mobilen Ausbilden scheinen in den letzten beiden Jahren nicht so schlecht gewesen zu sein. Wie der DIHK im Vorwort des Impulspapiers verrät, haben offenbar Unternehmen vermehrt den Wunsch geäußert, „diese neue Form der Ausbildung auch künftig als ergänzenden und optionalen Baustein in eine Berufsausbildung zu integrieren“. Das war überhaupt erst der Anlass dafür, dass der Verband nun in schriftlicher Form seine Überlegungen dazu veröffentlicht hat, „wie mobiles Ausbilden auch nach der Pandemie möglich sein kann“.

Mobiles Ausbilden bedeutet nach Angaben des DIHK „vorrangig digitales mobiles Ausbilden“. Dass die Initiative dafür von Ausbildungsbetrieben kommt, hängt vermutlich nicht zuletzt damit zusammen, dass mobile Ausbildung mehr Flexibilität verspricht – nicht nur für die Azubis, sondern auch für das Ausbildungspersonal.

Es ist kaum zu erwarten, dass Betriebe künftig komplette Ausbildungen digital durchführen wollen. Aber die Option, dies zumindest gelegentlich zu tun, erscheint offenbar für Viele attraktiv. So könnte Ausbildung auch stattfinden, wenn Ausbildende und Auszubildende mal nicht an einem gemeinsamen Lernort verweilen können oder wollen. In Zeiten moderner digitaler Kommunikationsmedien ist das keine Utopie mehr, und es muss auch keineswegs zu einer geringeren Ausbildungsqualität führen.

Abgrenzung vom Homeoffice

Der DIHK weist darauf hin, dass mobiles Ausbilden nicht gleichbedeutend mit Homeoffice ist. Beim Homeoffice wird ausschließlich im eigenen Zuhause gearbeitet, mobiles Ausbilden ist diesbezüglich flexibler. In diesem Fall kann nämlich praktisch „überall“ ausgebildet werden, es gibt keinen festen Lernort.

Weder das Homeoffice noch das mobile Ausbilden sind in Deutschland bislang eindeutig gesetzlich geregelt. Der DIHK verweist aber darauf, dass Homeoffice gleichbedeutend mit Telearbeit sei. Deren Rahmenbedingungen werden in § 2 der Arbeitsstättenverordnung definiert. Demnach sind Telearbeitsplätze „vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten“.

Zur der vom Arbeitgeber bereitzustellenden Ausstattung eines solchen Arbeitsplatzes gehören laut Verordnung nicht nur die „Arbeitsmittel einschließlich der Kommunikationseinrichtungen“, sondern auch das „Mobiliar“. Ähnlich konkrete Vorgaben gibt es für das mobile Ausbilden bislang nicht. In seinem Impulspapier fordert der IHK aber, dass der Ausbildungsbetrieb auch beim mobilen Ausbilden die „erforderlichen Ausbildungsmittel, in erster Linie Hard- und Software“, kostenfrei zur Verfügung stellen muss.

Möglichkeiten und Grenzen

Die Azubis sollen wie im Betrieb durch Ausbildende angeleitet und kontrolliert werden. Foto: Pixabay

Die Azubis sollen wie im Betrieb durch Ausbildende angeleitet und kontrolliert werden. Foto: Pixabay

Natürlich bietet die digitale mobile Berufsausbildung nicht nur neue, flexible Möglichkeiten, sondern hat auch ihre Grenzen. Die sieht auch der DIHK. Er empfiehlt das Instrument folgerichtig nur zur Vermittlung solcher Kompetenzen, die sich auch digital so vermitteln lassen, wie es in der betrieblichen Ausbildungsstätte möglich ist. Er verweist zudem darauf, dass die digitale Wissensvermittlung nicht nur der Vermittlung neuer, sondern auch der Vertiefung bereits erworbener Ausbildungsinhalte dienen kann.

Die mobile Ausbildung kann zum Beispiel in Form von Videokonferenzen und/oder Chats erfolgen. Der Dachverband schließt nicht aus, dass Arbeitsaufträge beziehungsweise Lehrmaterial auch mal in Form von Dateianhängen bereitgestellt werden können. Zugleich stellt er aber unmissverständlich klar, dass jederzeit eine Kommunikation zwischen verantwortlichem Ausbildungspersonal und Azubis möglich sein muss, so wie es in der Ausbildungsstätte der Fall wäre. Die Anforderungen des Berufsbildungsgesetzes an die Ausbildungsqualität und an die Ausbildenden (Anleitung und Kontrolle) sollen uneingeschränkt auch für das mobile Ausbilden gelten. Auch an der Pflicht der Azubis, schriftliche Ausbildungsnachweise zu führen, soll nicht gerüttelt werden.

Nicht jeder Beruf eignet sich in gleicher Weise für die Integration von Bausteinen mobilen Ausbildens. Der DIHK will das Instrument daher keineswegs zum verbindlichen Angebot für alle Unternehmen machen. Laut Impulspapier soll jeder Ausbildungsbetrieb selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang er digitales mobiles Ausbilden anbietet oder nicht. Dies soll im Idealfall bereits vorab im betrieblichen Ausbildungsplan festgelegt werden.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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