RM Rudolf Müller
Laut Studie sind Papiersäcke genauso lagerbeständig wie Kunststoffsäcke.  Foto: Sika Deutschland

Laut Studie sind Papiersäcke genauso lagerbeständig wie Kunststoffsäcke.  Foto: Sika Deutschland

Arbeitsalltag
03. März 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Zement-Lagerung: Studie zu Papiersäcken

Zementsäcke bestehen entweder aus Papier oder immer häufiger auch aus Kunststoff. Wobei: Ganz so eindeutig ist der Gegensatz gar nicht, denn die Papiersäcke verfügen in der Regel ebenfalls über eine innenliegende Plastikfolie. Sie sind also Verbundmaterialien. Die Kunststoffschicht schützt den Zement vor Feuchtigkeit. Aber bieten reine Kunststoffsäcke nicht einen höheren Schutz? Eine aktuelle Studie ergab, dass man das nicht so pauschal sagen kann.

Im Rahmen der Studie wurden zwei typische Zementsäcke miteinander verglichen: ein Standard-Papierventilsack und ein Plastiksack aus dreischichtiger Verbundfolie (Coex-Folie). Die erste Variante bestand aus zwei Papierschichten von 80 und 70 g Stärke und einer innenliegenden, nur 12 μm dicken Schutzschicht aus hochdichtem Polyethylen (HDPE). Der Kunststoffsack war aus drei PE-Folienschichten mit einer Gesamtdicke von 120 µm gefertigt: eine äußere Schicht aus Weich-Polyethylen (LDPE), eine Mittelage aus HDPE und eine innere Schicht aus linearem Polyethylen niederer Dichte (LLDPE). Das ist der Standardaufbau eines typischen Kunststoffsacks für Zement.

Gleicher Schutz nach 18 Monaten

„Zement härtet bei Kontakt mit Wasser aus“, erläutert Catherine Kerninon, Generalsekretärin von Eurosac, der europäischen Vereinigung der Papiersackfabrikanten. „Um seine Qualität und Materialeigenschaften auch bei längerer Lagerdauer zu erhalten, ist ein perfekter Schutz des Produkts durch die Verpackung entscheidend.“

Die Studie ergab, dass der Papiersack (mit innenliegender PE-Schutzschicht) für den Zement im Prinzip einen gleichwertigen Schutz bietet wie die mehrschichtige Plastikvariante. Er wäre demnach genauso lagerbeständig. Das Ergebnis bezieht sich auf eine bis zu 18-monatige Lagerdauer unter identischen Bedingungen. Schätzungen zufolge beträgt die durchschnittliche Lagerdauer von Sackzement in Europa allerdings höchstens zwei bis drei Monate.

Die Untersuchung wurde von der norwegischen Forschungsorganisation SINTEF im Auftrag der European Paper Sack Research Group (ESG) durchgeführt. Bei ESG handelt es sich um eine Kooperation von Eurosac und CEPI Eurokraft – dem europäischen Verband der Hersteller von Kraftsackpapier für die Papiersackindustrie sowie Kraftpapier für die Verpackungsindustrie. Dessen Mitglieder produzieren jährlich insgesamt 3 Mio. Tonnen Papier in zwölf Ländern. Eurosac wiederum vertritt rund 75 % der europäischen Papiersackhersteller. Diese produzieren zusammen mehr als 7 Mrd. Papiersäcke pro Jahr, wofür sie 900.000 Tonnen Papier verarbeiten.

Untersuchungsablauf

Auch Papiersäcke verfügen in der Regel über eine innenliegende Plastikfolie. Foto: Beeper / pixelio.de

Auch Papiersäcke verfügen in der Regel über eine innenliegende Plastikfolie. Foto: Beeper / pixelio.de

Für die Studie wurden jeweils drei Säcke der beiden oben beschriebenen Typen mit der gleichen Zementsorte gefüllt und bis zu 18 Monate in einem norwegischen Lagerhaus eingelagert. Die Baustoffe waren auf einer Holzpalette gestapelt und mit einer Plastik-Stretchhaube bedeckt – eine typische Lagersituation. Die Säcke waren wechselnden klimatischen Bedingungen ausgesetzt. Die Temperaturen erreichten zeitweise zweistellige Minusgrade, zu anderen Zeiten gab es aber auch über 30 °C Hitze. Die relative Luftfeuchtigkeit lag zwischen 28 und 96 %.

Nach Ablauf von neun, zwölf und über 18 Monaten entnahm man jeweils einen Sack jedes Typs aus dem Lager und unterzog den Zement verschiedenen Testverfahren, um dessen Wassergehalt und Materialeigenschaften nach Ablauf der jeweiligen Lagerdauer zu bestimmen.

Ergebnisse

Nach Angaben von Eurosac und CEPI Eurokraft entsprachen Qualität und Produkteigenschaften der aus beiden Sacktypen periodisch entnommenen Zementproben den Anforderungen der Zementindustrie in vollem Umfang. Die Aussage bezieht sich sowohl auf die Kenngrößen Mörtelfestigkeit, anfängliches Fließverhalten und 28-Tage-Druckfestigkeit des Zements als auch auf den Hydratationsgrad – also auf das Ausmaß, in dem die Zementkörner wasserhaltige Verbindungen eingegangen waren.

Eigentlich ergab sich überhaupt nur ein nennenswerter Unterschied: Bei Papiersäcken stieg der Gesamtgewichtsverlust mit zunehmender Lagerzeit etwas stärker an als bei Plastiksäcken. Er betrug 3,17 % bei den Plastiksäcken und 3,61 % bei den Papiersäcken. Der Gewichtsverlust lag aber bei beiden Sacktypen deutlich unter der Vorgabe von ≤ 5,0 % der DIN EN 197-1 („Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien von Normalzement“).

„Die Studie belegt: Wenn Sie Zement mindestens 18 Monate lagern möchten, dann bieten Papiersäcke eine gute Lagerbeständigkeit. Sie sind perfekt geeignet, um die Qualität und Eigenschaften Ihres Produkts zu schützen“, sagt Catherine Kerninon. Zugleich seien Papiersäcke aber umweltverträglicher als Plastiksäcke. Ihr CO2-Fußabdruck sei 2,5-mal kleiner. Bei dieser Aussage bezieht sich die Eurosac-Generalsekretärin auf eine Studie von 2018, die vom schwedischen Forschungsinstituts RISE im Auftrag der European Paper Sack Research Group durchgeführt wurde.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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