
36,3 % der befragten Azubis machen regelmäßig Überstunden. Foto: Pixabay
Ausbildungsreport 2018: Schwerpunkt Arbeitszeiten
„Arbeitszeiten in der Ausbildung“ lautet das Schwerpunktthema des Ausbildungsreports 2018, den die DGB-Jugend im September veröffentlicht hat. Auch wenn sich ein Großteil der Ausbildungsbetriebe an die gesetzlichen Arbeitszeitregelungen hält, scheint es auch weiterhin eine relevante Anzahl schwarzer Schafe zu geben.
Für den diesjährigen Ausbildungsreport hat die DGB-Jugend im Rahmen ihrer Berufsschultour bundesweit 14.959 Auszubildende aus den 25 meistfrequentierten Ausbildungsberufen im dualen System befragt. Die jährlich erscheinende Studie wurde auch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Mainzer Institut für sozialpädagogische Forschung erstellt.
„Die Ergebnisse sind alarmierend“, findet DGB-Jugendreferent Daniel Gimpel. „Wir mussten feststellen, dass ein großer Teil der jungen Menschen bereits in ihrer Ausbildung von Flexibilisierungsdruck, Überstunden, ständiger Erreichbarkeit und regelmäßiger Schichtarbeit betroffen ist.“ Der Jugendreferent betont in diesem Zusammenhang, dass Stress und Überbelastung keine guten Voraussetzungen für Lernerfolge seien.
Überstunden

Der Report schildert auf 53 Seiten die Ergebnisse der Azubi-Befragung. Bild: DGB-Jugend
Doch was hat die Befragung zum Thema Arbeitszeiten konkret ergeben? 36,3 % der befragten Azubis gaben an, dass sie regelmäßig Überstunden machen müssen – im Schnitt 4,1 Stunden pro Woche. Die meisten erhalten dafür aber später einen Freizeitausgleich oder werden zumindest für die geleistete Zusatzarbeit bezahlt. Doch es gibt offenbar auch einige schwarze Schafe unter den Betrieben. Immerhin 13 % der Azubis, die Überstunden machen, bekommen dafür nämlich nach eigener Aussage weder einen Freizeitausgleich noch eine Bezahlung, obwohl das gesetzlich vorgeschrieben ist.
Die Frage, wie lange Azubis überhaupt arbeiten dürfen, haben wir auf baustoffwissen.de im Beitrag „Arbeitszeiten: Was ist bei Azubis erlaubt?“ ausführlich behandelt. Dort wurde unter anderem auch darauf hingewiesen, dass Mehrarbeit über die im Ausbildungsvertrag vereinbarten Zeiten hinaus grundsätzlich erlaubt ist, wenn die im Betrieb gültigen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen Überstunden prinzipiell ermöglichen. Aber natürlich müssen Überstunden immer im Rahmen der geltenden Arbeitsgesetze bleiben. Nach §14 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) dürfen Azubis zudem „nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind“. Das bedeutet konkret: Auch während der Überstunden müsste eigentlich ausgebildet werden.
Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz
Für Azubis unter 18 gilt bei den Arbeitszeiten das Jugendarbeitsschutzgesetz. Der Ausbildungsreport zeigt, dass es immer noch erschreckend viele Betriebe gibt, die dieses Schutzgesetz offenbar ignorieren. So gaben 10 % der befragten minderjährigen Azubis an, dass sie in der Woche mehr als 40 Stunden arbeiten, obwohl das nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz verboten ist. Immerhin hat sich die Situation in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Zum Vergleich: Bei der Befragung im Jahr 2011 gaben noch 18 % der minderjährigen Azubis an, dass sie regelmäßig mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten. Das entschuldigt natürlich nicht das fortdauernde Fehlverhalten eines Teils der heutigen Ausbildungsbetriebe.
Missstände gibt es zudem nicht nur bei den Überstunden. Bei der diesjährigen Befragung berichteten 11,9 % aller Befragten, dass sie immer oder häufig ausbildungsfremde Tätigkeiten erledigen müssen. Und rund die Hälfte aller Azubis, die in Schichtarbeit beschäftigt werden (ein Viertel der Befragten) gab an, dass in ihrem Betrieb die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit von elf Stunden zwischen zwei Schichten nicht eingehalten wird.
„Nicht nur Schichtarbeit und Überstunden schränken die Freizeit der Auszubildenden ein, es wird auch oft von ihnen erwartet, außerhalb der Ausbildungszeiten mobil erreichbar zu sein“, weist Daniel Gimpel auf einen weiteren Missstand hin. Bei über der Hälfte aller Befragten (54,4%) ist dies der Fall. „Da braucht man sich nicht wundern, wenn jeder/jede vierte Befragte (25,8 %) Probleme hat, sich in der Freizeit zu erholen“, sagt Gimpel.
Bewertung der Ausbildungsqualität
Im Rahmen der Befragung wurden die Azubis auch gebeten, die Qualität ihrer Ausbildung allgemein zu bewerten. Die besten Bewertungen erhielten hier die Berufe Verwaltungsfachangestellte/r, Mechatroniker/in, Industriemechaniker/in, Elektroniker/in für Betriebstechnik und Zerspanungsmechaniker/in. Am schlechtesten wurden die Berufe Tischler/in,
Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r, Friseur/in,
Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk
und Hotelfachmann/frau bewertet.
Die Berufe Kaufmann/frau im Groß- und Außenhandel und Fachkraft für Lagerlogistik, die besonders häufig im Baustoff-Fachhandel ausgebildet werden, erhielten laut Studie mittlere Bewertungen durch die Azubis. Den kompletten Ausbildungsreport 2018 kann man hier als Printausgabe bestellen oder als kostenloses PDF herunterladen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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