
Mineralischer Bauschutt lässt sich zu wertvollen Ersatzbaustoffen aufbereiten. Alle Fotos: Pixabay
Was will die Ersatzbaustoffverordnung?
Im Juni 2021 kam es zur Verabschiedung der Ersatzbaustoffverordnung. Gleichzeitig wurden die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, die Deponieverordnung und die Gewerbeabfallverordnung novelliert. Mit diesem Verordnungspaket will die Politik unter anderem die Wiederverwertung von mineralischen Bauabfällen fördern. Da diese Abfälle häufig im Straßen- und Erdbau zum Einsatz kommen, soll zugleich der Schutz von Boden und Grundwasser bundeseinheitlich gestärkt werden.
Die neue Ersatzbaustoffverordnung tritt im August 2023 in Kraft. Ihre Regeln machten auch Veränderungen bei mehreren älteren, thematisch verwandten Bundesverordnungen notwendig, weshalb das beschlossene Verordnungspaket am Ende einen ziemlich sperrigen Namen trug: „Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung“. Weil sich das niemand merken kann, wird meist einfach von der „Mantelverordnung“ gesprochen.
Downcycling ist die Regel
Laut dem jüngsten Monitoring-Bericht „Mineralische Bauabfälle“ der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau fielen in Deutschland allein 2018 insgesamt 218,8 Mio. Tonnen mineralischer Bauabfälle an. Zum größten Teil (59,6 %) handelte es sich um Böden und Steine, zu 27,3 % um Bauschutt wie Beton, Ziegel und Fliesen. Die restliche Menge setzte sich zusammen aus Bitumengemischen (Straßenbau), Gipsbaustoffen sowie Baustellenabfällen wie Holz, Glas, Kunststoff, Metall und Dämmstoffe.
Zwar konnten nach Angaben der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau fast 90 % der 218,8 Mio. Tonnen mineralischer Bauabfälle wiederverwendet werden, doch in den meisten Fällen fand ein Downcycling statt. So wurden nur rund 10 % der Böden und Steine (Bodenaushub, Baggergut, Gleisschotter) für die Herstellung von Recycling-Baustoffen genutzt. Meist landeten diese Abfälle als Verfüllungsmaterial im übertägigen Bergbau sowie im Deponiebau. Beton-, Ziegel- und Fliesen-Bauschutt wurde vor allem zu Schüttgütern für den Straßen- und Erdbau aufbereitet.
Wenn große Mengen der mineralischen Bauabfälle für erdnahe Anwendungen wiederverwendet werden, sollte zumindest sichergestellt sein, dass dadurch keine Schadstoffe in den Untergrund gelangen. Ein Hauptziel der Mantelverordnung ist es deshalb, Anforderungen an den Schutz von Boden und Grundwasser festzulegen. Die gab es zwar auch vorher schon, aber nicht bundeseinheitlich und auch nicht mit speziellem Bezug auf mineralische Bauabfälle.
Was heißt „Ersatzbaustoffe“?

Auch güteüberwachte Schlacken aus Industrieprozessen eignen sich als Ersatzbaustoffe.
Wobei sich das Verordnungspaket nicht nur um Bauabfälle dreht. Der Bund spricht ja von „Ersatzbaustoffen“ und meint damit „unter anderem Recycling-Baustoffe aus Bau- und Abbruchabfällen“, aber eben zum Beispiel auch „Schlacken aus der Metallerzeugung und Aschen aus thermischen Prozessen“. Die Zitate stammen von der Website des zuständigen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (www.bmuv.de).
In § 2 der Ersatzbaustoffverordnung wird ausführlich definiert, was alles unter den Begriff „Ersatzbaustoff“ fällt. Gemeint ist demnach jeder mineralische Baustoff, „der als Abfall oder als Nebenprodukt in Aufbereitungsanlagen hergestellt wird oder bei Baumaßnahmen, beispielsweise Rückbau, Abriss, Umbau, Ausbau, Neubau und Erhaltung, anfällt“ und der „unmittelbar oder nach Aufbereitung für den Einbau in technische Bauwerke geeignet und bestimmt ist“.
Dieser ganz konkrete Bezugsrahmen der Verordnung wird auch dadurch unterstrichen, dass das neue Regelwerk in voller Länge eigentlich „Verordnung über Anforderungen an den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke“ heißt. „Ersatzbaustoffverordnung“ ist nur die Abkürzung. Technische Bauwerke definiert die Verordnung als mit dem Boden verbundene Anlagen – also zum Beispiel Straßen, Schienenverkehrswege, Parkplätze, Lagerflächen, Leitungsgräben und Baugruben oder auch Lärm- und Sichtschutzwälle.
Ganz konkret nennt die Ersatzbaustoffverordnung folgende Typen von Ersatzbaustoffen: Einerseits Recycling-Baustoffe, Baggergut, Gleisschotter, Ziegelmaterial und Bodenmaterial sowie andererseits auch Hochofenstückschlacke, Hüttensand, Stahlwerksschlacke, Gießerei-Kupolofenschlacke, Kupferhüttenmaterial, Gießereirestsand, Schmelzkammergranulat aus der Schmelzfeuerung von Steinkohle, Steinkohlenkesselasche, Steinkohlenflugasche, Braunkohlenflugasche und Hausmüllverbrennungsasche.
Anforderungen an Hersteller und Nutzer

Die Verordnung regelt den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in technische Bauwerke.
Mit der Ersatzbaustoffverordnung hat das BMUV nach eigener Aussage „erstmalig bundeseinheitlich und rechtsverbindlich Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe festgelegt“. Folgerichtig werden die neuen Regeln ab 2023 vor allem von Herstellern und Nutzern mineralischer Ersatzbaustoffe zu beachten sein. Auf seiner Website nennt das BMUV hier auf Herstellerseite insbesondere Aufbereitungsanlagen für Recycling-Baustoffe, metallerzeugende Industriebetriebe und Abfallverbrennungsanlagen sowie auf Nutzerseite den Straßen- und Schienenverkehrswegebau.
Die Ersatzbaustoffverordnung schreibt zum Beispiel vor, in welcher Weise Aufbereitungsanlagen für Recycling-Baustoffe künftig Annahmekontrollen für angelieferte mineralische Abfälle durchzuführen haben. Sie etabliert Kontrollmechanismen für die Qualität der Aufbereitungsanlagen, indem sie von den Betrieben Eignungsnachweise fordert. Sie definiert zudem Schadstoff-Grenzwerte für die verschiedenen Ersatzbaustoffe (Anlage 1), die von den Herstellern künftig einzuhalten und in Form werkseigener Produktionskontrollen zu überwachen sind. Hinzu kommen regelmäßige Fremdüberwachungen.
Den Nutzern der Ersatzbaustoffe schreibt die Verordnung – je nach örtlichen Gegebenheiten – bestimmte Einbauweisen vor, um auch den Eintrag der Restschadstoffe durch Sickerwasser in den Boden und das Grundwasser zu minimieren. Damit legt die Verordnung für alle Beteiligten fest, unter welchen Bedingungen der Einsatz von Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken künftig als unschädlich für Mensch und Umwelt angesehen wird.
Zugleich will das BMUV mit der Ersatzbaustoffverordnung nach eigenen Angaben die Ziele der Kreislaufwirtschaft fördern und die Akzeptanz für Ersatzbaustoffe verbessern. Hier schließt sich gewissermaßen der Kreis: Je weniger Schadstoffeintrag gewährleistet werden kann, umso wahrscheinlicher ist eine breite Akzeptanz für die Nutzung von Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken. Das wäre dann eine höherwertigere Wiederverwertung als etwa der Einsatz zum bloßen Verfüllen von Tagebauen. Die Verordnung stellt eine derartige Nutzung künftig auf eine bundeseinheitliche, rechtssichere Grundlage.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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