
Der Ländermonitor informiert über Passungsprobleme im dualen System. Foto: Angela Parszyk / pixelio.de
Passungsprobleme bei Ausbildungsplätzen
Die Zahl der Ausbildungsanfänger im dualen System ist in den letzten Jahren wieder gestiegen. Trotz dieser positiven Entwicklung finden Betriebe und Jugendliche immer häufiger nicht zueinander. Seit einigen Jahren gibt es einen Anstieg offener Stellen bei nahezu gleichbleibend hoher Zahl unversorgter Bewerber. Die Gründe dafür beleuchtet der „Ländermonitor berufliche Bildung 2019“.
Im Jahr 2018 suchten in Deutschland 79.000 Jugendliche erfolglos eine Lehrstelle. Das klingt erst einmal viel, relativiert sich aber im Langzeitvergleich, wenn man weiß, dass 2009 sogar 93.000 Bewerber leer ausgingen. Aus Sicht der Ausbildungsbetriebe war die Entwicklung der vergangenen knapp zehn Jahre jedenfalls deutlich schlechter: 2009 konnten sie insgesamt 17.000 Ausbildungsplätze nicht besetzen, dagegen gab es 2018 bereits 58.000 unbesetzte Ausbildungsplätze – also dreimal so viel.
Der Anteil der unbesetzten Ausbildungsstellen am Gesamtangebot aller angebotenen Stellen stieg von knapp 3 % im Jahr 2009 auf fast 10 % in 2018. Die größten Besetzungsprobleme haben dabei Betriebe in Bayern, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern mit Quoten um 15 % gegenüber 5 % in Hamburg und Bremen.
Vielfältige Gründe für Passungsprobleme

Auf 387 Seiten analysiert der Ländermonitor unter anderem Gründe für die Passungsprobleme.
Nach den Ergebnissen des Ländermonitors, der dieses Jahr nach 2015 und 2017 zum dritten Mal erschienen ist, haben sich die Passungsprobleme am Ausbildungsmarkt also verschärft – trotz der zuletzt gestiegenen Zahl der Ausbildungsanfänger und trotz der in den letzten Jahren weitgehend gleich gebliebenen Anzahl der Bewerber, die erfolglos eine Lehrstelle suchten.
Der von der Bertelsmann-Stiftung geförderte Ländermonitor berufliche Bildung wurde gemeinsam von der Abteilung Wirtschaftspädagogik der Universität Göttingen und vom Soziologischen Forschungsinstitut in Göttingen erarbeitet. Er analysiert unter anderem die Gründe für die genannten Passungsprobleme und beleuchtet dabei die Situation der beruflichen Bildung in den 16 deutschen Bundesländern. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie die einzelnen Länderberichte stehen unter www.laendermonitor-berufsbildung.de zum kostenlosen Download bereit. Der komplette, 387-seitige Ländermonitor ist dagegen kostenpflichtig.
Die Gründe für die Passungsprobleme sind laut Ländermonitor vielfältig: Für 44 % der unbesetzten Stellen gibt es zwar interessierte Jugendliche, es kommt aber trotzdem nicht zum Abschluss von Ausbildungsverträgen, weil der Betrieb die Bewerber nicht für geeignet hält oder die Jugendlichen den Betrieb nicht für attraktiv genug halten. Bei einem Drittel der unbesetzten Stellen liegt das Problem darin, dass es keine Bewerber für den angebotenen Ausbildungsberuf gibt. Dies betrifft besonders Branchen wie das Lebensmittelhandwerk oder das Hotel- und Gastronomiegewerbe. Bei 23 % der unbesetzten Stellen liegt das Problem in fehlender Mobilität, weil sich Ausbildungsbetriebe und Bewerber in unterschiedlichen Regionen des jeweiligen Bundeslandes befinden. Dies betrifft in besonderem Maße Bayern und Sachsen.
Ausbildungschancen regional sehr unterschiedlich
Für Ausbildungsbewerber hat sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in den vergangenen knapp zehn Jahren insgesamt verbessert. Kamen 2009 im bundesweiten Durchschnitt auf 100 Ausbildungssuchende knapp 89 Stellen, so sind es heute fast 97. Diese bundesweite Betrachtung verdeckt allerdings große regionale Unterschiede: Regionen mit einem Überhang an Ausbildungsstellen finden sich überwiegend im Süden und – vor allem aufgrund des Geburtenrückgangs in den 90er-Jahren – im Osten Deutschlands.
So kommen beispielsweise im bayrischen Passau auf 100 Bewerber rein rechnerisch 129 offene Stellen, im thüringischen Altenburg-Gera sind es 112. Dort besteht zwischen den Unternehmen eine hohe Konkurrenz um potenzielle Auszubildende. Mehr Ausbildungsnachfrager als offene Stellen gibt es dagegen im Westen und Nordwesten der Republik. So stehen etwa im nordrhein-westfälischen Hagen für 100 Bewerbern nur 80 Ausbildungsplätze zur Verfügung.
Schwierigkeiten für Hauptschüler
In Regionen mit einem Mangel an Ausbildungsplätzen sinken vor allem die Chancen der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss, einen Ausbildungsplatz zu finden. Insgesamt begannen 2017 lediglich 37 % von ihnen direkt nach Verlassen der Schule eine duale und weitere 10 % eine schulische Ausbildung. Mehr als die Hälfte (53 %) begannen stattdessen eine Maßnahme des Übergangssektors. Sie nahmen also zum Beispiel ein berufsvorbereitendes Jahr oder ähnliche Angebote wahr.
Schlechte Chancen bei der Ausbildungsplatzsuche haben auch Bewerber mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Nur 44 % von ihnen konnten direkt eine Ausbildung aufnehmen, gegenüber 77 % der deutschen Jugendlichen.
Lösung Ausbildungsgarantie?
Vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels sei dies alarmierend, findet Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung: „Wir müssen die Integrationskraft des Ausbildungssystems stärken. Jeder junge ausbildungsinteressierte Mensch muss unabhängig von Herkunft und Schulabschluss die Chance auf einen Ausbildungsplatz bekommen.“
Dräger schlägt vor, die bisherigen Maßnahmen des Übergangssystems in Richtung öffentlich finanzierter, an den Fachkräftebedarfen in der Region orientierten Ausbildungsalternativen weiterzuentwickeln. Im Sinne einer Ausbildungsgarantie sollen diese Ausbildungsplätze dann vorgehalten werden, wenn Bewerber leer ausgehen. Dabei helfe ein Übergang in reguläre betriebliche Ausbildung nach dem ersten Jahr sowohl den Jugendlichen als auch den Betrieben, die auf diese Weise bereits vorqualifizierte Jugendliche in die Ausbildung integrieren könnten.
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