RM Rudolf Müller
Der Handel muss die Leistungserklärungen der Industrie an seine Kunden weiterreichen. Foto: Grimm

Der Handel muss die Leistungserklärungen der Industrie an seine Kunden weiterreichen. Foto: Grimm

Hintergrundwissen
16. September 2016 | Artikel teilen Artikel teilen

Welche Rolle spielt die Leistungserklärung im Handel?

Bauprodukte, die das CE-Zeichen tragen, dürfen in der gesamten Europäischen Union frei gehandelt werden. Im Gegenzug sind die Hersteller verpflichtet, die Waren zusammen mit einer so genannten Leistungserklärung zu vertreiben. Daraus ergeben sich auch Pflichten für den Baustoff-Fachhandel.

Die seit Juli 2013 auch in Deutschland geltende EU-Bauproduktenverordnung (BauPVO) schreibt vor, dass die Hersteller für alle Produkte, für die es in der Europäischen Union bereits harmonisierte technische Spezifikationen gibt, eine so genannte Leistungserklärung erstellen müssen. Dabei handelt es sich um diejenigen Bauprodukte, die auch eine CE-Kennzeichnung tragen. Die Leistungserklärung ist bei jedem Verkauf des Produkts an den Kunden weiterzureichen – entweder als Ausdruck oder in elektronischer Form. Mit der Leistungserklärung garantiert der Hersteller die darin erklärten Eigenschaften des Bauprodukts.

Inhalte der Leistungserklärung

Bei der Form der Leistungserklärung müssen sich die Hersteller an das in Anhang III der BauPVO veröffentlichte Muster halten. Zu den Pflichtangaben gehören unter anderem der (Handels-)Name oder die Marke des Herstellers sowie seine Kontaktanschrift, ferner eine Referenznummer, durch die das Bauprodukt eindeutig identifizierbar ist, das Jahr der CE-Kennzeichnung und die Nummer der harmonisierten technischen Spezifikation.

Neben diesen formalen Angaben ist der Verwendungszweck des Bauprodukts anzugeben. Das eigentliche Herzstück jeder Leistungserklärung ist aber die Liste mit den wesentlichen Produktmerkmalen für den erklärten Verwendungszweck. Unter den wesentlichen Merkmalen versteht man diejenigen Produkteigenschaften, die dazu beitragen, dass das Bauprodukt die in der BauPVO festgelegten Grundanforderungen an Bauwerke erfüllt.

Pflichten des Handels

Beim Verkauf eines Bauprodukts muss auch die Leistungserklärung an den Kunden weitergereicht werden. Wird die Ware über den Baustoff-Fachhandel vertrieben, so steht dieser in der Pflicht. Dann nämlich muss der Handel dem Kunden die Leistungserklärung des Herstellers zur Verfügung stellen. Und er muss sie laut BauPVO zehn Jahre lang aufbewahren! Mehr noch: Der Handel hat sogar dafür Sorge zu tragen, dass der Kunde die Leistungserklärung in seiner Sprache erhält. Exportiert er also Bauprodukte in andere EU-Staaten, dann muss er vom Hersteller die weiterzureichenden Dokumente in der jeweiligen Landessprache anfordern.

Hinzu kommen oft noch umfangreiche Begleitdokumente zu den Waren, die ebenfalls an die Kunden weiterzugeben sind. Dabei kann einiges an Papier zusammenkommen, weshalb es im Interesse des Handels liegt, dem Kunden die erforderlichen Dokumente auf elektronischem Wege – zum Beispiel per E-Mail – zur Verfügung zu stellen. Besteht der Kunde allerdings auf einem Ausdruck, dann hat der Handel diesem Wunsch nachzukommen.

Doch mit dem bloßen Weiterreichen der Dokumente hat der Baustoffhändler seine Pflichten noch nicht erfüllt. Er muss auch überprüfen, ob die von ihm bereitgestellten Produkte den Anforderungen der BauPVO genügen! Er hat sich zum Beispiel zu vergewissern, ob die CE-Kennzeichnung, die Produktbezeichnung und die Referenznummer der Leistungserklärung korrekt sind. Stößt er dabei auf Unregelmäßigkeiten, so hat er die Marktüberwachung zu informieren. In Deutschland übernimmt diese Funktion das Deutsche Institut für Bautechnik.

Branchenlösung der Bau-Datenbank

Der Baustoffhandel ist das Bindeglied zwischen Herstellern und Baustoffabnehmern.

Der Baustoffhandel ist das Bindeglied zwischen Herstellern und Baustoffabnehmern.

Damit dem Baustoff-Fachhandel die Aufgaben und Pflichten rund um die Leistungserklärungen nicht „über den Kopf wachsen“, hat sich der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) frühzeitig vor dem Inkrafttreten der BauPVO um eine praktikable Branchenlösung bemüht. Diese wird von der Bau-Datenbank GmbH umgesetzt – einem Gemeinschaftsunternehmen des
 Gesprächskreises Baustoffindustrie im BDB und der Heinze GmbH aus Celle.

Die Bau-Datenbank übernimmt schon seit langem Dienstleistungen rund um die elektronische Kommunikation zwischen Baustoff-Industrie und Baustoff-Fachhandel in Deutschland. Sie stellt dem Fachhandel zum Beispiel eine zentrale Datenbank mit den jeweils aktuellen Artikelstammdaten der Baustoffhersteller zur Verfügung. Seit 2013 kümmert sich die Bau-Datenbank nun auch um den Transport der Leistungserklärungen an den Fachhandel. Die Hersteller liefern die Erklärungen in digitaler Form an die Bau-Datenbank, und diese sorgt für die Weiterleitung an den Fachhandel. Für die Baustoffindustrie hat das den Vorteil, dass sie die Daten nur einmal für das System der Bau-Datenbank bereitstellen muss, die dann die weitere Verteilung an die Händler übernimmt.

Der Baustoff-Fachhandel wird durch die Branchenlösung gleich von mehreren Aufgaben und Verantwortlichkeiten entlastet. So übernimmt die Bau-Datenbank zentral die Überprüfung der Leistungserklärungen, bevor sie diese dem Handel zur Verfügung stellt. Und sie kümmert sich auch um die zehnjährige Archivierung. Außerdem verknüpft die Bau-Datenbank die Leistungserklärungen und sämtliche Begleitdokumente zusammen mit den Artikelstammdaten und verschickt alles im Paket. Der Handel kann die Daten dann relativ problemlos in sein Warenwirtschaftssystem einfließen lassen.

Die Lösung der Bau-Datenbank ist so konzipiert, dass der Händler beim Aufruf eines Artikels im Warenwirtschaftssystem automatisch darauf hingewiesen wird, wenn das Bauprodukt über eine CE-Kennzeichnung und damit über eine Leistungserklärung verfügt. Der Kunde entscheidet dann während des Bestellvorgangs, ob er die Dokumente digital oder als Ausdruck haben möchte. Wählt er die digitale Lösung, verschickt das System automatisch eine E-Mail mit Direkt-Links zu allen von der BauPVO geforderten Dokumenten an den Kunden. Großer Vorteil – auch für die Umwelt: Nur wenn der Kunde ausdrücklich einen Papierausdruck fordert, muss der Händler den Drucker „anschmeißen“.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

Was regelt die Bauproduktenverordnung?

Die Bauproduktenverordnung ist eine Rechtsverordnung der Europäischen Union. Ihr Hauptziel ist es, EU-weit einheitliche Produkt- und Prüfstandards für Bauprodukte zu...

mehr »
 

„CE“ und „Ü“: Was bedeuten diese Zeichen auf Bauprodukten?

Die Abkürzung CE stand ursprünglich für „Communauté Européenne“ (Europäische Gemeinschaft), ist heute aber nur noch ein Bildzeichen für Produkte, die...

mehr »
 

Welche Aufgaben hat das Deutsche Institut für Bautechnik?

Vom Deutschen Institut für Bautechnik hast du sicher schon mal im Zusammenhang mit den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen gehört. Diese werden...

mehr »
Nach oben
nach oben