RM Rudolf Müller
Die Studie zeigt eine deutlich erhöhte Umzugsbereitschaft bei Mieterinnen und Mietern.  Foto: Pixabay

Die Studie zeigt eine deutlich erhöhte Umzugsbereitschaft bei Mieterinnen und Mietern.  Foto: Pixabay

Hintergrundwissen
04. April 2023 | Artikel teilen Artikel teilen

Mieterbefragung zu Wohntrends

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen hat Anfang Februar seine aktuelle Wohntrendstudie vorgestellt. Die Umfrageergebnisse zeigen unter anderem, dass die hohen Energiepreise eine große Herausforderung für Mieterhaushalte in Deutschland sind. Viele Mieterinnen und Mieter wollen künftig sparsamer wohnen, außerdem hat sich die Umzugsbereitschaft signifikant erhöht.

Für die neue Studie „Wohntrends 2040“ haben die vom GdW beauftragten Beratungs- und Marktforschungsunternehmen Analyse & Konzepte immo.consult und InWIS knapp 2.200 Mieterinnen und Mietern aus ganz Deutschland nach der Zukunft des Wohnens befragt. Die Befragungsergebnisse wurden durch ein Trend-Scouting sowie Quellen- und Literaturrecherchen ergänzt.

Auf diese Weise entstand die mittlerweile vierte Wohntrendstudie des GdW. Die drei Vorgängerstudien sind seit 2008 im Abstand von jeweils fünf Jahren erschienen – zuletzt 2018. Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen ist nach eigenen Angaben der größte deutsche Branchendachverband. Er vertritt rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen, die zusammen etwa 6 Mio. Wohnungen bewirtschaften.

Bescheidenere Wohnwünsche – Höhere Umzugsbereitschaft

Für die meisten Befragten hat bezahlbares Wohnen die größte Bedeutung. Grafik: GdW

Für die meisten Befragten hat bezahlbares Wohnen die größte Bedeutung. Grafik: GdW

Steigende Mieten und insbesondere die explodierenden Energiepreise haben die Wohnkosten für Deutschlands Mieterhaushalte zuletzt deutlich erhöht. Die Reaktion der Menschen darauf war bei der jüngsten Mieterbefragung, die im Juli 2022 stattfand, bereits spürbar.

Viele der Befragten wollen künftig offenbar sparsamer wohnen. Angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten relativieren die Mieterinnen und Mieter jedenfalls ihre Anforderungen an das Wohnen. Laut den Wohntrends 2040 ist der Anteil der Haushalte, die eine moderne Wohnungsausstattung als Standard voraussetzen oder dafür sogar mehr Geld bezahlen würden, im Vergleich zur Vorgängerstudie (2018) von 71 auf 63 % zurückgegangen.

Der Wunsch, Geld zu sparen, führt aber vor allem zu einer signifikant höheren Umzugsbereitschaft. 37 % der Befragten beabsichtigen „wahrscheinlich“ oder „auf jeden Fall“, in eine neue Wohnung umzuziehen (2018: 15 %). Wenn man bedenkt, dass deutsche Mieter laut Umfrage bisher im Durchschnitt 11,8 Jahre in derselben Wohnung wohnen, ist die Umzugsbereitschaft von 37 % ein hoher Wert, der für einen erhöhten Mobilitätsdruck von außen spricht. Und tatsächlich: Immerhin 15 % der Mieterinnen und Mieter nannten die Wohnkosten als Grund für ihre Umzugsbereitschaft. 2018 taten dies nur 5 %.

Besonders ausgeprägt ist der Umzugswunsch bei Familien: Jede zweite möchte wahrscheinlich umziehen, 22 % auf jeden Fall. Unzufrieden sind die Familien vor allem mit der Größe oder dem Schnitt ihrer Wohnung (16,9 %), den Wohnkosten (16,1 %), dem Zustand der Wohnung (13,7 %) und dem sozialen Umfeld (13,3 %).

Home-Office verändert Wohnanforderungen

Die „Wohntrends 2040“ belegen auch eine veränderte Sicht auf das Verhältnis von Wohnen und Arbeit. 37 % der Befragten sagen, dass sich ihre Anforderungen an die Wohnung geändert haben. 16 % benötigen künftig ein zusätzliches Arbeitszimmer – hier zeigt sich der durch Corona angeschobene Trend zum Home-Office. Für 12,6 % der Befragten wird eine schnellere und vor allem stabilere Internetverbindung notwendig sein, 29 % würden gern Co-Working-Flächen nutzen.

„Das mobile Arbeiten wird unsere Quartiere nachhaltig wandeln. Zusätzlich entsteht für den ländlichen Raum eine Chance, sich gegenüber den Großstädten zu behaupten und seine Vorteile auszuspielen wie die niedrigeren Wohnkosten, mehr Natur, mehr Ruhe, weniger Verkehr und eine höhere Aufenthaltsqualität“, sagt GdW-Präsident Axel Gedaschko.

Nettokalt- und Energiekosten

Auch zu haustechnischen Standards und Extras wurden die Mieterinnen und Mieter befragt. Grafik: GdW

Auch zu haustechnischen Standards und Extras wurden die Mieterinnen und Mieter befragt. Grafik: GdW

Bescheidenere Wohnwünsche und höhere Umzugsbereitschaft hängen offenbar mit den gestiegenen Wohnkosten zusammen. Zumindest führen laut Studie die höheren Lebenshaltungskosten zur Absenkung von Wohnanforderungen. Und der Wunsch, Geld zu sparen, wirkt sich auf die erhöhte Umzugsbereitschaft aus.

Das heißt natürlich nicht, dass die 63 % der befragten Mieterinnen und Mieter, die zum Zeitpunkt der Umfrage keinen Umzug in Erwägung gezogen haben, nicht unter hohen Wohnkosten leiden würden. Im Gegenteil: Wer schon lange in einer Mietwohnung lebt, kann sich ja durchaus einen Umzug wünschen, diesen Wunsch aber aus Kostengründen verwerfen. Schließlich profitieren „Altmieter“ in der Regel von noch vergleichsweise geringen Mieten. Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass es sich bei den 37 % umzugswilligen Mieterinnen und Mieter aus der Studie überwiegend um Personen handelt, die bereits jetzt relativ hohe Mieten zahlen, die sie sich nun – angesichts gestiegener Energie- und Lebenshaltungskosten – nicht mehr leisten können oder wollen.

Die Wohntrendstudie hat für den Befragungszeitraum 2022 übrigens eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 7,90 Euro pro Quadratmeter und Monat ermittelt, die durchschnittliche Warmmiete lag bei 10,46 Euro. Besonders belastend haben sich zuletzt allerdings die Energiekosten entwickelt. 29 % der befragten Mieterinnen und Mieter empfinden sie mittlerweile als „zu hoch“ und 9 % sogar als „viel zu hoch“.

„Um eine finanzielle Überlastung der Mieterinnen und Mieter bei den Wohnkosten zu verhindern, muss konsequent bei den Energiekosten angesetzt werden“, betont Axel Gedaschko. Der GdW-Präsident glaubt daran, dass die Energieversorgung der Zukunft zugleich klimafreundlicher und günstiger sein kann. Er schlägt dazu eine „erneuerbare Energiewende vor Ort im Wohnquartier, mit Mieterstrom und kommunaler Wärmeplanung“ vor. Zugleich betont Gedaschko aber: „Die Politik muss auf hohe energetische Anforderungen mit einer auskömmlichen und verlässlichen Fördersystematik reagieren. Nur so lässt sich die soziale Spaltung bei den Energie- und Wohnkosten verhindern.“

Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit

Für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz beim Energieverbrauch im Wohnbereich scheinen auch die meisten der befragten Mieterinnen und Mieter offen zu sein. Laut Studie halten 58 % von ihnen Klimaneutralität für die größte Herausforderung der Menschheit in den nächsten Jahren. 61 % geben an, dass ihnen klimabewusstes Verhalten sehr wichtig sei. Ebenfalls 61 % legen Wert darauf, dass sich ihr Vermieter der Nachhaltigkeit widmet.

„Beim nachhaltigen Wohnen klafft eine große Lücke: wachsendes Klimabewusstsein der Mieterinnen und Mieter auf der einen, aber weniger Geld im Portemonnaie auf der anderen Seite“, hebt Axel Gedaschko hervor. „Viele sinnvolle und gewünschte Maßnahmen können angesichts ungenügender Förderung in der Praxis nicht umgesetzt werden. Die Politik muss sich hier zudem ehrlich machen und den Menschen ganz klar sagen, dass es Klimaschutz nicht zum Nulltarif gibt. Die Kosten werden hier weiter steigen.“


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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