RM Rudolf Müller
Abriss-Baustoffe sind viel zu schade zum Wegschmeißen.  Foto: Pixabay

Abriss-Baustoffe sind viel zu schade zum Wegschmeißen.  Foto: Pixabay

Hintergrundwissen
06. April 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Vermittlung von Altbaustoffen

Die Internet-Plattform Restado fördert die Wiedernutzung von rückgebauten und überschüssigen Baustoffen. Dafür hat das Stuttgarter Startup einen Online-Marktplatz für Altbaustoffe entwickelt, der Anbieter und interessierte Käufer zusammenbringt. Um die Verwirklichung einer Kreislaufwirtschaft im Baustoffbereich für alle Beteiligten einfacher und wirtschaftlicher zu machen, hat Restado zudem das Schwesterunternehmen Concular gegründet.

Die Idee für den Online-Marktplatz entstand aus der Beobachtung heraus, dass beim Abbruch von Altbauten die rückgebauten Baustoffe und Bauelemente bisher viel zu selten wiederwendet werden. Nach Angaben von Restado werden die Materialien in der Regel „unüberlegt entsorgt und deponiert“.

Laut Restado-Website würden zudem 10–15 % aller Neubau-Materialien aufgrund von Fehlkalkulationen am Ende gar nicht verbaut. Es sei gängige Praxis, dass übrig gebliebene Restposten „nicht an den Hersteller zurückgeschickt, sondern ohne langes Überlegen in den Container geworfen“ werden – heißt es an gleicher Stelle.

Wiederverwenden statt verschwenden

 Die Restado-Website vermittelt ein breites Angebot an Altbaustoffen.


Die Restado-Website vermittelt ein breites Angebot an Altbaustoffen.

Die Gründer von Restado wollten etwas gegen diese Ressourcenverschwendung im Bauwesen tun und begannen daher ab 2014, „gerettete Baustoffe“ online zu stellen. Allmählich etablierten sie einen digitalen Marktplatz für rückgebaute und überschüssige Baumaterialien, der Anbietern und potenziellen Käufern die Möglichkeit eröffnet, überhaupt erst einmal aufeinander aufmerksam zu werden, um dann gegebenenfalls ins Geschäft zu kommen.

Restado ist also kein klassisches Handelsunternehmen. Das Startup kauft nicht auf eigene Rechnung Altbaustoffe an, um sie dann gewinnbringend weiterzuverkaufen. Man versteht sich vielmehr als intelligente Materialvermittlung, die möglichst viele „Matches“ zwischen Anbietern und Suchenden ermöglichen möchte, indem sie dafür einen leicht zugänglichen, durchsichtigen Marktplatz zur Verfügung stellt. Für private Verkäufer ist das Vermittlungsangebot übrigens kostenlos. Gewerbliche Verkäufer müssen 8 % des Verkaufswertes an Restado abgeben.

Nach nunmehr acht Jahren Praxiserfahrung kann Restado erste Erfolge vorweisen, hat aber auch erfahren müssen, dass der neue Markt für zirkuläre Baustoffe in der Baubranche noch auf viele Vorbehalte stößt. 2001 gab das Startup bekannt, dass auf der Website bisher 3.000 Anbieter sowie jährlich rund 120.000 Nutzer aktiv seien. Das ist keine Entwicklung, die „durch die Decke geht“ – aber immerhin. Mit bislang über hunderttausend erfolgreich vermittelten Altbaustoffbeständen darf man sich „Europas größter Marktplatz für gerettete Baustoffe“ nennen.

Breites Angebot

Damit die digitale Altbaustoffvermittlung überhaupt in Gang kommt, hat Restado ein Netzwerk von „Baustoffrettern“ aus Architektur, Bau, Handwerk und Handel aufgebaut. Das garantiert, dass auf der Website immer wieder „neue“ Altbaustoffe eingestellt werden und dass mittlerweile durchaus ein breites Angebot existiert.

Man findet auf dem Online-Marktplatz zum Beispiel gebrauchte Türen und Fenster, Dacheindeckungen und Bodenbeläge, aber auch alte Fliesen, Fassaden-Riemchen und Mauerwerksteine sowie unterschiedlichste Altholzprodukte. All diese Baustoffe und Bauelemente stammen entweder aus dem Rückbau oder sind Restposten. „Neue Baustoffe finden Sie bei uns nur, wenn diese auf Baustellen übriggeblieben sind“, beteuert Restado.

Das Unternehmen vermittelt interessierten Kunden aber auch Recycling-Beton. Auf der Website heißt es dazu, dass man eine deutschlandweite Abdeckung biete und daher den Kunden R-Beton von Anbietern aus ihrer Nähe liefern könne. Das Prinzip der Lokalität betont Restado an vielen Stellen. Man bemühe sich, Anbieter von gebrauchten Baustoffen und potenzielle Käufer „anhand von Ort und Bedarf zu matchen“, heißt es auf der Unternehmenswebsite.

Die Aktivitäten von Restado haben sicher dazu beigetragen, dass der Markt für Altbaustoffe in Deutschland größer geworden ist. Es bleibt aber bisher ein Nischenmarkt. Vor ein paar Jahren hat das Stuttgarter Startup daher rund 100 Interviews mit Akteuren aus der Baubranche durchgeführt. Man wollte herausfinden, worin die Haupthindernisse für eine verstärkte Kreislaufwirtschaft im Baustoffsektor bestehen. Demnach findet echte Wiederverwendung von Baustoffen bislang nur selten statt, weil der Prozess nicht holistisch betrachtet wird und bisher nur Insellösungen existieren.

Digitale Materialpässe

Zum Concular-Team gehören auch die Restado-Gründer Dominik Campanella (hinten links) und Julius Schäufele (vorne rechts). Foto: Concular

Zum Concular-Team gehören auch die Restado-Gründer Dominik Campanella (hinten links) und Julius Schäufele (vorne rechts). Foto: Concular

Auch der Restado-Marktplatz ist gewissermaßen so eine Insellösung. Als Reaktion aus den Erkenntnissen der Interviews gründete Restado das Schwesterunternehmen Concular. Dessen Dienstleistungen sollen nun dazu beitragen, die „Lücken vor und nach dem Marktplatz“ zu schließen und „die Prozesse einer kreislaufgerechten Bauweise für alle betroffenen Akteure einfacher und wirtschaftlicher zu gestalten“.

Was macht Concular? Seit 2020 digitalisiert das Unternehmen in Bestandsgebäuden verbaute Baustoffe bereits vor deren Rückbau und stellt den Kunden dafür digitale Materialpässe aus. Rechtzeitig bevor ein Gebäudeabriss ansteht, werden die digital erfassten Baustoffe in die Concular-Materialdatenbank eingespeist. Dort können sie zum Beispiel von Architektur-und Planungsbüros eingesehen werden. Diese haben dann die Möglichkeit, die künftigen Altbaustoffe bereits frühzeitig in ihre Projekte einzuplanen.

Architekten und Planer haben zugleich die Möglichkeit, ihren eigenen Bedarf in die Materialdatenbank hochzuladen, sodass ihre Nachfrage automatisch mit dem bald verfügbaren Material abgeglichen werden kann. Bei einem „Match“ kümmert sich Concular übrigens auch darum, dass die Materialien von der Rückbau- zur Neubaustelle kommen und misst dabei die eingesparten Treibhausgase und den vermiedenen Müll nach einer eigens entwickelten Ökobilanzierungsmethode.

Seine neue Vermittlungsdienstleistung hat Concular deutschlandweit bereits in 25 Projekten erprobt. Ein Beispiel ist der Umbau des traditionsreichen Karstadt-Gebäudes am Berliner Hermannplatz. Dort hat Concular über 40.000 m2 Altbaustoffe und Bauelemente digitalisiert. Diese Produkte will man nun wieder in den Karstadt-Umbau sowie in andere Bauprojekte im Umkreis von Berlin einbringen.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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