
Ausbildende wünschen sich mehr Qualifizierung – etwa bei den Themen Digitalisierung und Heterogenität. Bild: Pixabay
Ausbildung der Ausbildenden verbessern!
Mit einer Befragung von Ausbilderinnen und Ausbildern aus Unternehmen und Behörden wollte das Bundesinstitut für Berufsbildung herausfinden, ob deren Qualifizierung noch den aktuellen Herausforderungen gerecht wird. Ergebnis: Die Ausbildung des Ausbildungspersonals in Deutschland ist modernisierungsbedürftig – unter anderem aufgrund der gewachsenen Bedeutung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit. In einer Studie hat das BIBB Handlungsempfehlungen veröffentlicht.
Ausbilden darf in Deutschland nur, wer neben seiner persönlichen Eignung auch die entsprechende fachliche Eignung vorweisen kann. Was unter fachlicher Eignung zu verstehen ist, definiert §30 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG): „Fachlich geeignet ist, wer die beruflichen sowie die berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich sind“.
Worin diese Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten konkret bestehen, gibt wiederum die Ausbilder-Eignungsverordnung vor (AEVO). Diese legt auch fest, dass Ausbilderinnen und Ausbilder ihre Eignung in einer Prüfung nachweisen müssen und wie dies konkret abzulaufen hat. 2019 fanden in Deutschland insgesamt 98.478 Ausbildereignungsprüfungen nach AEVO statt, davon 76,3 % in Industrie und Handel, 21,9 % im Handwerk, 0,7 % in der Landwirtschaft, 1,1 % im öffentlichen Dienst und 0,04 % im Ausbildungsbereich Hauswirtschaft.
Kurzstudie des BIBB

Inklusion halten 72,7 % der Befragten für wichtig oder sogar sehr wichtig. Grafik: BIBB
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat nun in seiner „Kurzstudie zur Prüfung des Evaluierungsbedarfs der AEVO“ angeregt, die Ausbilder-Eignungsverordnung zwar nicht zu ändern, aber durch vertiefende Weiterbildungsangebote und Auffrischungskurse auf freiwilliger Basis zu ergänzen. Eine Änderung der AEVO selbst hält das BIBB für nicht notwendig, da die Verordnung, die nur aus neun kurzen Paragrafen besteht, ohnehin sehr allgemein formuliert ist und weitgehend gestaltungsoffene Formulierungen enthält.
Für die Studie hatte das BIBB im Auftrag des Bundesbildungsministeriums eine Online-Befragung durchgeführt, an der insgesamt 3.855 Ausbilderinnen und Ausbilder, Prüferinnen und Prüfer, Ausbildungsleitende und Personalverantwortliche teilnahmen – überwiegend aus Industrie, Handwerk und öffentlichem Dienst. Außerdem wurde zum Thema Evaluierung der AEVO eine Projektbeiratssitzung mit Expertinnen und Experten aus Politik, Praxis und Wissenschaft durchgeführt.
Aus Sicht von BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser zeigen die Ergebnisse aus Befragung und Beiratssitzung „die Notwendigkeit, die Qualifizierung des Ausbildungspersonals so weiterzuentwickeln, dass neue Ansprüche an die betriebliche Ausbildungspraxis in einer sich zunehmend digitalisierenden Arbeitswelt zukunftsorientiert berücksichtigt werden können“. Umgesetzt werden soll der ermittelte Modernisierungsbedarf durch eine Aktualisierung des seit 2009 geltenden Rahmenplans zum Erwerb der Ausbildereignung gemäß AEVO. Dies soll nun bis zum Herbst 2022 erfolgen.
Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Bei der Online-Befragung kreuzte nur ein Drittel der Teilteilnehmer an, dass die AEVO beziehungsweise der Rahmenplan neue technologische beziehungsweise neue gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigen würde. 95 % der Befragten betrachteten zusätzliche Unterstützungs- und Weiterbildungsangebote als hilfreiche Ergänzung für ihre Qualifikation. 92 % wünschten sich Auffrischungskurse.
Im Rahmen der Befragung wurde das Ausbildungspersonal mit verschiedenen Themenbereichen konfrontiert und gefragt, wie wichtig es ihm ist, dass die jeweiligen Themen in AEVO und/oder Rahmenplan (verstärkt) aufgenommen werden. Hier zeigte sich, dass alle angebotenen Themen aus dem Bereich Digitalisierung durchweg als wichtig oder sehr wichtig eingeschätzt wurden. Konkret abgefragt wurden dabei die Themen „Datenschutz und Datensicherheit“, „Suchen, Filtern und Bewerten von digitalen Inhalten“, „Kenntnisse über das Angebot und die adäquate Anwendung digitaler (Lern-)Medien“ sowie „Digitales Berichtsheft/Digitaler Ausbildungsnachweis“.
Genauso eindeutig verlief die Bewertung des Bereichs Nachhaltigkeit. Hier sticht das Thema „Ökonomisches, ökologisches und sozial nachhaltiges Handeln“ besonders hervor. Es wurde von 87,2 % der Befragten als wichtig oder sehr wichtig eingestuft. Das war noch etwas mehr als bei den Themen „Umweltschonende Wiederverwertung und Entsorgung von Materialien“ sowie „Kenntnisse über Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich“.
Nach diesen Ergebnissen darf es wohl als sicher gelten, dass die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit im künftigen Rahmenplan für Ausbildende eine größere Rolle spielen werden. Zumal dies eine perfekte Ergänzung zu den neuen Standardberufsbildpositionen wäre, die seit August 2021 berufsübergreifend für alle modernisierten oder neu entwickelten dualen Ausbildungsberufe gelten.
Heterogenität und Inklusion

Dieses Befragungsergebnis zeigt indirekt die zunehmende Bedeutung der Heterogenität von Azubis. Grafik: BIBB
Im Themenbereich „Durchführung der Ausbildung“ waren es die Unterpunkte „Unterstützung lernschwacher Auszubildender“, „Kommunikation“, „Feedback geben und bewerten“ sowie „Berücksichtigung unterschiedlicher Voraussetzungen der Auszubildenden“, die die Befragten besonders häufig zur Aufnahme oder verstärkten Berücksichtigung in AEVO und Rahmenplan ankreuzten. Alle vier Punkte wurde von deutlich mehr als 90 % des Ausbildungspersonals als wichtig oder sehr wichtig bewertet.
Das Thema „Inklusion“ wählten 72,7 % der Befragten als wichtig/sehr wichtig aus. Beim Punkt „Interkulturelle Kompetenz“ waren es sogar 76,5 %. Der Fragebogen bot zudem die Möglichkeit, aktiv noch weitere Themen anzugeben, die verstärkt berücksichtigt oder neu aufgenommen werden sollen. 20,3 % der Befragten nutzten diese Option. Mit am häufigsten genannt wurde hier der Themenkomplex „Umgang mit der Heterogenität der Auszubildenden/Antidiskriminierungsmaßnahmen“.
Vieles spricht daher dafür, dass im künftigen Rahmenplan für Ausbilderinnen und Ausbilder auch die Themen Heterogenität und Inklusion mehr Bedeutung gewinnen werden. Inklusion bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man auch Menschen mit Behinderungen sowie lernbeeinträchtigten und sozial benachteiligten Jugendlichen eine Teilhabe an beruflicher Bildung anbietet. Mit Heterogenität ist gemeint, dass Jugendliche, die eine betriebliche Ausbildung nachfragen, heute kaum noch als homogene Gruppe zu fassen sind, sondern sich untereinander zunehmend unterscheiden – durch Merkmale wie Alter, Herkunft, Migrationserfahrungen, schulische Vorbildung und Ausbildungsreife. Das stellt das Ausbildungspersonal vor neue Herausforderungen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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