RM Rudolf Müller
Der Bundestag hat die Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe erhöht.  Foto: Pixabay

Der Bundestag hat die Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe erhöht.  Foto: Pixabay

Rechte und Pflichten
01. August 2019 | Artikel teilen Artikel teilen

Berufsausbildungsbeihilfe erhöht

Auszubildende, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen, können künftig mit mehr staatlichen Zuschüssen rechnen. Anfang Juni hat der Deutsche Bundestag den Weg für eine Erhöhung der monatlichen Berufsausbildungsbeihilfe freigemacht. Insbesondere die Pauschalen für Unterkunftskosten werden signifikant angehoben.

Am 6. Juni 2019 stimmte der Bundestag dem „Gesetz zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes“ zu. Wie der Name schon sagt, geht es darin nicht nur um die Berufsausbildungsbeihilfe, sondern auch um das so genannte Ausbildungsgeld. Dabei handelt es sich um eine staatliche Förderleistung für Menschen mit Behinderung, die an einer berufsbildenden Erstausbildung zum Beispiel in einer Behindertenwerkstatt teilnehmen. Im Rahmen des neuen Gesetzes wurde das Ausbildungsgeld zum 1. August um 5 % erhöht. Am 1. August 2020 soll es um weitere 2 % steigen.

Bedarfsleistung BAB

Doch zurück zur Berufssaubildungsbeihilfe – kurz BAB. Sie ist hier unser eigentliches Thema, da sie weitaus mehr Personen zusteht als das Ausbildungsgeld. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Nicht jeder Azubi erhält monatliche BAB-Zuschüsse. In der Regel wird die Hilfe nur jungen Menschen gewährt, die aufgrund eines weit entfernten Erstausbildungsplatzes nicht mehr bei ihren Eltern wohnen können. Und auch nur dann, wenn die betriebliche Ausbildungsvergütung nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt am Ausbildungsort zu sichern.

Die BAB ist außerdem eine Bedarfsleistung, sie wird also nur ausgezahlt, wenn ein entsprechender Bedarf nachgewiesen ist. Dabei spielt auch das Einkommen der Eltern eine Rolle. Ist dieses relativ hoch, dann gibt es für die Kinder in Ausbildung keinen Anspruch auf BAB. Das Elterneinkommen wird dann nämlich auf den individuell errechneten Gesamtbedarf des Azubis angerechnet. Dasselbe geschieht auch mit der individuellen Ausbildungsvergütung des Azubis. Auch die Zahlungsfähigkeit eines/einer Ehepartners/in fließt in die Bedürftigkeitsprüfung ein, falls der oder die Auszubildende bereits verheiratet ist.

Anpassung an das BAföG

Das Prozedere mit der Bedürftigkeitsprüfung erinnert an die Leistungen aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), die Studenten und Schülern ab der zehnten Klasse erhalten können – aber eben auch nur im Bedarfsfall. Tatsächlich ist die Berufsausbildungsbeihilfe so etwas wie das „BAföG“ für junge Menschen, die sich für eine klassische Berufsausbildung im dualen System mit Betrieb und Berufsschule entschieden haben. Mit dem Unterschied, dass das Geld später nicht zurückgezahlt werden muss.

Durch die im Juni beschlossene Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge für die BAB will die Bundesregierung auch zu einer Gleichstellung zwischen Azubis, Studenten und Schülern beitragen. Mit der neuen Regelung wird die Beihilfe daher an das Niveau der neuen BAföG-Sätze angeglichen, die erst kürzlich im 26. BAföG-Änderungsgesetz beschlossen wurden.

Anstieg um rund 23 %

Auch Zuschüsse für Arbeitskleidung können beantragt werden. Foto: Pixabay

Auch Zuschüsse für Arbeitskleidung können beantragt werden. Foto: Pixabay

Durch das neue Gesetz sind die monatlichen BAB-Zuschüsse seit 1. August um 23,5 % gestiegen. Die maximale Pauschale für die Unterkunft wurde von 340 auf 420 Euro erhöht. Der Höchstbetrag für den Verpflegungszuschuss ist von 136 auf 168 Euro gestiegen. Der maximal mögliche Höchstbetrag für den Lebensunterhalt insgesamt wuchs von 622 Euro auf nunmehr 716 Euro monatlich (+ 15 %). Zusätzlich können Zuschüsse für Fahrkosten, Arbeitskleidung oder Kinderbetreuung beantragt werden.

Das Fördergeld kommt von der Bundesagentur für Arbeit, die damit 2019 voraussichtlich 61 Millionen Euro mehr finanzielle Unterstützung in diesem Bereich leisten wird. Azubis können die Beihilfe bei der Agentur für Arbeit oder bei ihrem zuständigen Jobcenter beantragen.

Senkung der Freibeträge

Aber ist die Erhöhung der Bedarfsätze am Ende nicht nur ein leeres Versprechen, weil nach der Bedürftigkeitsprüfung in vielen Fällen doch allein die Eltern zahlen? Diesem möglichen Einwand ist der Gesetzgeber entgegengetreten, indem er zum 1. August auch die Freibeträge angehoben hat. Dabei geht es um den Einkommensfreibetrag für unterhaltspflichtige Eltern. Der markiert sozusagen den unantastbaren Anteil des Elterneinkommens, der eben nicht zum Zwecke der Ausbildungsfinanzierung der Kinder „weggenommen“ werden darf.

Bei Arbeitslosen und Geringverdienern bedeutete der Freibetrag schon bisher, dass die Unterhaltspflicht für Kinder in der Ausbildung faktisch entfiel. Wenn der Bundestag nun einer Anhebung der Freibeträge zugestimmt hat, so heißt das konkret, dass künftig auch Eltern mit höherem Einkommen einen größeren Anteil ihre Geldes für sich behalten dürfen. Der Staat beginnt bereits früher damit, bei der Finanzierung der Azubis mit der Berufsausbildungsbeihilfe einzuspringen.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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