RM Rudolf Müller
Fahrtkosten zur Arbeit lassen sich von der Steuer ansetzen. Foto: Pixabay

Fahrtkosten zur Arbeit lassen sich von der Steuer ansetzen. Foto: Pixabay

Rechte und Pflichten
02. Mai 2017 | Artikel teilen Artikel teilen

Azubis unterwegs: Fahrtkosten von der Steuer absetzen

Die regelmäßigen Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit oder zur Berufsschule müssen Azubis aus der eigenen Tasche zahlen. Allerdings können sie sich einen Teil der Ausgaben später zurückholen – über die jährliche Einkommenssteuererklärung.

Auszubildende haben grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihnen ihr Ausbildungsunternehmen die Kosten für die regelmäßigen Fahrten zwischen eigener Wohnung, Betrieb und Berufsschule erstattet. Darauf haben wir bereits im Beitrag „Bekomme ich als Azubi Fahrtkosten erstattet?“ hingewiesen. Wenn Firmen derartige Kosten trotzdem übernehmen, geschieht das auf freiwilliger Basis beziehungsweise als Folge von Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen, die mit Betriebsräten oder Gewerkschaften geschlossen wurden. Ansonsten müssen Azubis selbst für ihre Fahrten zur Arbeit und zur Berufsschule bezahlen. Nur für Dienstreisen an andere Orte muss der Betrieb aufkommen. Azubis, die Steuern zahlen, können aber im Nachhinein Fahrtkosten von der Steuer absetzen.

Zahlen Azubis überhaupt Steuern?

Beim Steuerzahlen gibt es keine Sonderregeln für Azubis. Sie werden genauso behandelt wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Ob jemand in Deutschland Steuern zahlt, hängt von der Höhe seines Jahreseinkommens ab. Für Alleinstehende gilt derzeit ein Grundfreibetrag von 8.820 Euro (Stand: 2017). Erst wenn das Jahreseinkommen darüber liegt, muss man Steuern entrichten. Für Azubis heißt das, dass ihre monatliche Ausbildungsvergütung nicht besteuert wird, solange sie maximal 735 Euro beträgt.

Nach der aktuellen Datenbank für Ausbildungsvergütungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) erhalten aber beispielsweise Azubis im Beruf Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel schon im ersten Ausbildungsjahr eine durchschnittliche Ausbildungsvergütung in Höhe von 818 Euro (alte Bundesländer) beziehungsweise 764 Euro (neue Bundesländer). Das ist dann bereits ein steuerpflichtiges Einkommen. Die Rechnung gilt so allerdings nur für ledige Azubis. Wer verheiratet ist, den veranlagt das Finanzamt zusammen mit seinem Partner beziehungsweise mit seiner Partnerin. Dann gilt für beide der doppelte Grundfreibetrag (17.640 Euro). Das kann sich steuermindernd auswirken, vor allem wenn nur ein/e Ehepartner/in Einkommen erzielt.

Was bedeutet „absetzen“?

Rückzahlungen gibt es nur, wenn man eine Einkommenssteuererklärung macht. Foto: Pixabay

Rückzahlungen gibt es nur, wenn man eine Einkommenssteuererklärung macht. Foto: Pixabay

Wie gesagt: Azubis, die Einkommenssteuern zahlen, können Fahrtkosten für die Wege zwischen eigener Wohnung, Arbeitsstätte und Berufsschule von der Steuer absetzen. Wie aber funktioniert dieses „Absetzen“? Einkommenssteuerzahler können bei ihrem Finanzamt für jedes abgelaufene Kalenderjahr eine Einkommenssteuererklärung einreichen. In dieser Erklärung stellt man dem Jahreseinkommen sämtliche Kosten gegenüber, die im Rahmen der eigenen Berufstätigkeit anfallen. Dazu zählen auch Fahrtkosten, sie gehören zur Gruppe der so genannten Werbungskosten.

Die Fahrtkosten können in einer bestimmten Höhe vom Jahreseinkommen abgezogen werden. Dadurch verringert sich das zu versteuernde Einkommen und man zahlt weniger Steuern. Oder genauer gesagt: Man bekommt Steuern zurück. Denn die Einkommensteuererklärung macht man ja erst im Nachhinein. Ein ganzes Jahr lang hat das Finanzamt zuvor Steuern vom Gehaltskonto eingezogen, ohne dass dabei Fahrtkosten gegengerechnet wurden. Man zahlt also zunächst oft zu viel Steuern an das Finanzamt. Über die Einkommenssteuererklärung kann man sich diese Beträge zurückholen, indem man die angefallenen Kosten vom zu versteuernden Einkommen absetzt.

Zwei Arten von Fahrten

Beim Absetzen der Fahrtkosten müssen Azubis zwei Arten von Fahrten unterscheiden: Fahrten zur ersten Arbeitsstätte – das ist in der Regel der Ausbildungsbetrieb – und Fahrten zur Berufsschule. Für die Fahrt zur ersten Arbeitsstätte kann in der Steuererklärung eine Entfernungspauschale in Höhe von 30 Cent pro Kilometer geltend gemacht werden (Stand: 2017). Diese Pauschale wird auch als Pendlerpauschale bezeichnet. Sie gilt unabhängig davon, ob die Fahrten mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wurden. Die Pendlerpauschale bezieht sich auf die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und erster Arbeitsstätte. Sie wird auf Grundlage der einfachen Distanz zwischen Punkt A und Punkt B berechnet, nicht etwa für die Hin- und Rückfahrt!

Anders sieht es mit Fahrten zwischen Wohnung und Berufsschule aus. Wenn die Berufsschule nicht die erste Arbeitsstätte ist, werden diese Fahrten wie Dienstreisen behandelt, für die man in der Steuererklärung alle tatsächlich gefahrenen Kilometer (hin und zurück) geltend machen kann. Für diese Fahrten lässt sich also die doppelte Entfernungspauschale von der Steuer absetzen. Anders sieht es nur aus, wenn der Betrieb im Ausbildungsvertrag die Berufsschule als erste Tätigkeitsstätte eingetragen hat. Dann werden Fahrten zur Ausbildungsstätte steuerlich wie Dienstreisen behandelt und können entsprechend abgesetzt werden.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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