RM Rudolf Müller

Rechte und Pflichten
03. Juni 2015 | Artikel teilen Artikel teilen

Social Media: Chefkritiker leben gefährlich

Dislike„Wie war dein Tag, Schatz?“ Wenn in Partnerschaften diese Frage gestellt wird, geht es meist um die Arbeit. Wer redet nicht auch im Privatleben über Beruf oder Ausbildung, wer lästert nicht gerne mal über den Chef oder die Kollegen? Allzu sorglos sollte man dabei aber nicht vorgehen – vor allem nicht im Internet. Manch lockerer Spruch auf Facebook hatte schon die Kündigung zur Folge. Und wer Betriebsgeheimnisse verrät, kann dafür auch anderweitig belangt werden.

Seit einem Urteil des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom Oktober 2012 ist es „amtlich“: Wer als Auszubildender seinen Ausbildungsbetrieb im Internet beleidigt, kann dafür fristlos gekündigt werden. In dem zugrunde liegenden Fall (Aktenzeichen 3 Sa 644/12) hatte ein Azubi die Kündigung erhalten, weil er auf seinem privaten Facebook-Acount den Arbeitgeber als „Menschenschinder und Ausbeuter“, sich selbst als „Leibeigenen“ und seine Arbeit als „dämliche Scheiße für Mindestlohn minus 20 %“ bezeichnet hatte. Der Azubi klagte gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigung und gewann auch zunächst den Prozess vorm Arbeitsgericht Bochum. Doch der Ausbildungsbetrieb ging in Berufung und das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte die Kündigung in zweiter Instanz für rechtmäßig.

Verschwiegenheitspflicht
Was für Azubis gilt, gilt natürlich erst Recht für „richtige“ Arbeitnehmer: Wer Interna aus dem Job verrät oder negative Äußerungen über den Arbeitgeber auf öffentlich zugänglichen Internetseiten veröffentlicht, lebt gefährlich. Besonders heikel ist es, wenn man mit Äußerungen über die eigene Firma zugleich Betriebsgeheimnisse verrät. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob das nur mündlich im kleinen Kreis oder irgendwo im Internet geschieht. Wenn der Arbeitgeber davon etwas mitbekommt, kann er zumindest abmahnen und in vielen Fällen auch sofort kündigen. Unter Umständen muss der Beschäftigte sogar mit Schadensersatzforderungen rechnen.

In Arbeits- und Ausbildungsverträgen gibt es meist einen Paragraphen über die „Verschwiegenheitspflicht“. Damit verpflichtet sich der unterzeichnende Arbeitnehmer, über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Verschwiegenheit zu wahren. Meist gibt es noch einen Zusatz, dass die Verschwiegenheitspflicht auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses weiterhin Bestand hat. Doch selbst wenn im Vertrag der Paragraph zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen fehlt, darf man diese nicht außerhalb des Unternehmens öffentlich machen. Man spricht hier von arbeitsvertraglichen Treuepflichten des Arbeitnehmers, die auch dann gelten, wenn sie nicht ausdrücklich schriftlich fixiert wurden.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
Aber was genau sind eigentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse? Das Bundesverfassungsgericht hat dazu im Jahr 2006 folgende Definition veröffentlicht: „Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen (…); Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen.“

Es geht also einerseits um technische Details wie etwa Konstruktions- und Herstellungsverfahren der Firma, andererseits aber auch um wirtschaftliche Fakten wie Umsätze, Kundenlisten, Bezugsquellen, Marktstrategien oder Unterlagen zur Kreditwürdigkeit. Solches Wissen darf man als Arbeitnehmer nicht einfach öffentlich machen, wenn es nicht ohnehin „offenkundig“ ist.

Für manche Berufsgruppen wie Ärzte, Psychologen, Rechtsanwälte oder Sozialarbeiter gelten noch viel strengere Verschwiegenheitsregeln. Dabei geht es dann aber vor allem um vertrauliche Informationen, die sie von ihren Patienten und Klienten erhalten. Nach §203 des Strafgesetzbuches (StGB) droht Angehörigen dieser Berufsgruppen sogar Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, wenn sie „unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis“ offenbaren.
Für alle Berufe, die nicht in §203 StGB genannt werden, sind die Verschwiegenheitspflichten weniger umfassend. Klauseln in Arbeits- und Ausbildungsverträgen, die den Arbeitnehmer pauschal zum Schweigen über sämtliche betriebliche Fakten verpflichten, gelten als unwirksam. Sie sind unverhältnismäßig, weil sie praktisch einem allgemeinen Redeverbot über die Arbeit gleichkommen. Ebenfalls unwirksam sind übrigens Vertragsklauseln, die es Arbeitnehmern verbieten, mit Kollegen über ihr Gehalt zu reden.

Unangenehme Folgen
Wie oben schon erwähnt, können Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht mit Kündigung oder sogar mit Schadensersatzforderungen geahndet werden. Über die Rechtmäßigkeit solcher Folgen entscheiden dann meist die Arbeitsgerichte. Vieles hängt vom Einzelfall ab. Unter Umständen drohen Geheimnisverrätern aber sogar Gefängnisstrafen. In §17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) heißt es nämlich:

„Wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Diese Form der strafrechtlichen Verfolgung hat sich der Gesetzgeber natürlich nur für solche Fälle ausgedacht, in denen jemand absichtlich Betriebsgeheimnisse verrät. Mit dem Ziel, das geheime Wissen zum eigenen Nutzen zu verwerten – etwa durch Verkauf an ein Wettbewerbsunternehmen. Wer nur aus Versehen heikles Firmenwissen ausplaudert, wandert dafür nicht gleich ins Gefängnis.

Trotzdem bleibt bei diesem Thema immer ein wenig Unsicherheit. Was genau darf ich über meinen Job gerade noch weiterverbreiten? Wann verletzte ich Betriebsgeheimnisse, die nicht offenkundig sind? Wann kann ich dafür sogar strafrechtlich belangt werden? All diese Fragen sind in der Praxis oft nicht so leicht zu beantworten. Man sollte bei öffentlichen Äußerungen über den Job deshalb grundsätzlich vorsichtig sein und sich im Zweifelsfall lieber ganz zurückhalten.


Bitte beachten Sie: Der Inhalt dieses Beitrages stellt keine Rechtsberatung dar und kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen! Unser Anspruch ist es, immer rechtlich korrekte Artikel zur Verfügung zu stellen. Allerdings ändern sich Gesetze bzw. gesetzliche Regelungen häufig. Wir können daher keine Garantie für die aktuelle oder zukünftige Richtigkeit übernehmen. Im Zweifel wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an eine juristisch fundierte Person (z.B. Rechtsanwälte, Gewerkschaften, IHK etc.).

Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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