
Die duale Berufsausbildung ist längst nicht mehr nur etwas für Hauptschulabsolventen. Foto: Pixabay
BIBB: Studienberechtigte machen häufiger Ausbildung
Früher war die duale Berufsausbildung vor allem eine Domäne von Hauptschülern. Doch das hat sich grundlegend geändert. Mittlerweile schließen die Betriebe mehr Ausbildungsverträge mit Studienberechtigten als mit Hauptschulabsolventen ab. Das belegt eine neue Analyse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).
Im Handwerk beispielsweise hatten 2010 noch 53,4 % der Azubis nur einen Hauptschulabschluss. Fünf Jahre später war der Anteil dieser Personengruppe deutlich gesunken: auf 43,1 %. Stattdessen hatten 2015 mehr als die Hälfte der Azubis (52,6 %) einen mittlerem Abschluss oder sogar eine Studienberechtigung. Auch bei dem im Baustoff-Fachhandel besonders stark vertretenden Beruf Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel ist der Anteil der Azubis mit Studienberechtigung in den letzten Jahren noch mal deutlich gestiegen. Wie die BIBB-Analyse zeigt, lag er 2010 bei 44,8 %, im Jahr 2015 dagegen schon bei 52,9 %. Auch im öffentlichen Dienst stellen Studienberechtigte mittlerweile die absolute Mehrheit unter den Personen mit neuem Ausbildungsvertrag. Die detaillierten Ergebnisse der Analyse findet ihr hier.
Hauptschülerberufe nehmen ab
Von der größeren Zahl an Ausbildungsinteressierten mit Studienberechtigung profitieren nicht nur bislang schon typische „Studienberechtigtenberufe“ wie zum Beispiel Bankkaufmann/-frau, Steuer- fachangestellte/-r, Industriekaufmann/-frau, Mediengestalter/-in Digital und Print oder Chemielaborant/-in. Auch in bislang typischen „Hauptschülerberufen“ wie zum Beispiel Dachdecker/-in, Maurer/-in, Koch/Köchin oder Zimmerer/-in sind heute spürbar mehr Studienberechtigte unter den Personen mit neuem Ausbildungsvertrag als noch 2010. Die Zahl der „Hauptschülerberufe“ ist zwischen 2010 und 2015 von 56 auf 48 gesunken, die Zahl der „Studienberechtigtenberufe“ dagegen von 32 auf 45 gestiegen. Von einem „Hauptschüler-“ beziehungsweise „Studienberechtigtenberuf“ spricht man dann, wenn der Anteil der jeweiligen Schülergruppe in dem Ausbildungsberuf über 50 % liegt.
Duale Berufsausbildung kommt an
BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser wertet die aktuelle Entwicklung als positives Zeichen für eine Steigerung der Attraktivität der dualen Berufsausbildung. „Wenn es immer weniger Hauptschulabsolventen gibt, muss die duale Berufsausbildung mehr Interessenten unter den schulisch höher Qualifizierten finden. Dies scheint zu gelingen. Für die Zukunft kommt es allerdings darauf an, Studienberechtigte noch stärker für die für sie eher untypischen Berufe zu interessieren. Nur so kann verhindert werden, dass sie untereinander vermehrt in einen Wettbewerb eintreten und ein wachsender Teil von ihnen bei der Ausbildungsplatzsuche leer ausgeht.“
Tatsächlich ist nämlich auch die Anzahl der erfolglosen Ausbildungsstellenbewerber mit Studienberechtigung gestiegen: von 14.000 (2010) auf 22.300 (2016). „Wir müssen deshalb die Berufsorientierung in den Gymnasien deutlich stärken“, so Esser weiter. „Zudem dürfen wir die Jugendlichen mit Hauptschulabschluss keineswegs aus dem Auge verlieren. Auch wenn deren Zahl kleiner wird, darf ihr Ausbildungsinteresse und -vermögen nicht außer Acht gelassen werden. Angesichts des drohenden Fachkräftemangels brauchen wir Jede und Jeden.“