RM Rudolf Müller
Auch in den Berufsschulen sollen die Lichter in den nächsten Wochen wieder angehen.  Foto: Grimm

Auch in den Berufsschulen sollen die Lichter in den nächsten Wochen wieder angehen.  Foto: Grimm

Ausbildung
22. April 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Berufsschulen: Warnung vor Frühstart

Der Bundesverband für Lehrkräfte der Berufsbildung hat die Entscheidung der Bundesregierung begrüßt, die Öffnung der Schulen erst einmal auf den 4. Mai zu verschieben. Zugleich kritisiert der Verband, dass der Unterricht an Berufsschulen in einigen Bundesländern dennoch früher beginnen soll und fordert klare Mindeststandards für den Gesundheitsschutz.

Letzte Woche hatte die Bundesregierung nach Abstimmung mit den Bundesländern beschlossen, die schrittweise Öffnung der Schulen erst einmal auf den 4. Mai zu verschieben. Das galt auch für die Berufsschulen. Die zwingend notwendigen hygienischen und strategischen Standards, um einen sicheren Teilschulbetrieb zu gewährleisten, sollen die Kultusminister am 29. April bundesweit einheitlich festzurren. In einigen Bundesländern aber wird der Schulbetrieb dann in Teilen schon längst wieder aufgenommen sein – zumindest in den prüfungsrelevanten Abschlussklassen. Der Bundesverband für Lehrkräfte der Berufsbildung e.V. (BvLB) kritisiert diesen „Frühstart“.

Gesundheitsschutz an erster Stelle

„Es ist erschreckend, wie kurz die Halbwertszeit eines gemeinschaftlich abgestimmten Fahrplans zur Wiedereröffnung der berufsbildenden Schulen ist“, monieren die beiden BvLB-Vorsitzenden Joachim Maiß und Eugen Straubinger. Der Lehrerverband begrüße ausdrücklich, dass sich die Bundesregierung entgegen anderer wissenschaftlicher Empfehlungen durchgerungen hat, mit den Abschlussklassen zu starten. „Aber an allererster Stelle steht nach wie vor der Gesundheitsschutz von Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern der beruflichen Bildung“, betont Straubinger. „Der muss gewährleistet sein, ansonsten kann der Präsenzunterricht auch in Teilen nicht aufgenommen werden.“

Dass dennoch einige Bundesländer jetzt vorpreschen und ohne klar definierte Mindeststandards durchstarten würden, empfinden die BvLB-Vorsitzenden als unverantwortlich und verweisen dabei auf die Besonderheit der beruflichen Bildung: „Während an Gymnasien, Ober- oder Realschulen ca. 100 Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs ihre Abschlussprüfungen ablegen wollen und das unter verschärften hygienischen Vorgaben händelbar ist, sprechen wir bei den Berufsbildenden Schulen mit ihren unterschiedlichsten Schulformen unter einem Dach schnell von bis zu 800 Schülerinnen und Schülern, die in die Schulen strömen, um ihre Prüfungen zu schreiben. Da hätten wir gerne verbindliche Vorgaben, wie die gesundheitliche Sicherheit für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler gewährleistet werden soll. Hier ist die Politik gefordert, unverzüglich zu handeln.“

Große Umsetzungsprobleme

Bei der Umsetzung eines verlässlichen Gesundheitsschutzes stellt sich natürlich zum einen die Frage, wie die Versorgung mit Mundschutz und Desinfektionsmittel zu gewährleisten ist. Doch das ist aus Sicht des BvLB längst nicht alles. Sämtliche Einrichtungsgegenstände – von Stühlen über Tische bis hin zu den Tastaturen der Computer – müssten nach jeder Unterrichtsstunde desinfiziert werden, ebenso die Räume und sanitären Anlagen. Entsprechend geschulte Reinigungskräfte habe man aber bisher gar nicht – heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands.

Der vorgeschriebene Zwei-Meter-Sicherheitsabstand in Klassenräumen hätte zudem zur Folge, dass nur ein Drittel bis maximal die Hälfte einer Klasse gleichzeitig unterrichtet werden kann. „Um faire Chancen für alle Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten, hieße das, Unterricht im Zweischichtbetrieb zu organisieren“, meint Straubinger. Dies sei im Grunde durchaus möglich, allerdings müsse dafür der gesamte Stundenplan umgebaut werden und die Unterrichtseinheiten müssten in Distanz- und Präsenzeinheiten unterteilt werden.

„Das heißt auch, dass wir die Online-Units deutlich ausbauen müssen. Dies in 14 Tagen umzusetzen, ist mehr als ambitioniert“, warnt der BvLB-Vorsitzende. Zumal im ländlichen Raum die ÖPNV-Verfügbarkeit sehr begrenzt sei, was für die Schüler eine Zu- und Abfahrt jenseits der Regelzeiten erschwere.

Nach oben
nach oben