
Knapp die Hälfte der Ausbildungsbetriebe war 2022 von Azubi-Mangel betroffen. Grafik: DIHK-Umfrage
DIHK-Umfrage: Azubi-Mangel nimmt zu
„Konnten Sie alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen?“: Auf diese Frage antworteten bei der jüngsten Ausbildungsumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) satte 47 % der befragten Ausbildungsbetriebe mit „Nein“. Ein Allzeithoch.
Die DIHK-Umfrage zeigt, dass der Azubi-Mangel in Deutschland stark zugenommen hat. Noch 2021 gaben „nur“ 42 % der Betriebe an, dass sie weniger Auszubildende einstellen konnten als gewünscht. Vor zehn Jahren (2013) waren es 29 %.
Laut der aktuellen Ausbildungsumfrage sind nun bereits knapp die Hälfte der Ausbildungsbetriebe betroffen. Betriebe aus Gastronomie, Industrie und Handel suchten besonders häufig vergeblich nach Auszubildenden. Mehr als 30.000 der befragten Betriebe erhielten noch nicht einmal eine Bewerbung.
Demografischer Wandel schlägt durch
An der im Zeitraum vom 8. bis 26. Mai durchgeführten Online-Umfrage beteiligten sich 14.278 Unternehmen. Abgefragt wurden die Erfahrungen des vergangenen Jahres – also von 2022. Die kompletten Umfrageergebnisse gibt es hier zum Download.
Die Gründe für die insgesamt weiter angespannte Lage am Ausbildungsmarkt sind vielfältig. „Vor allem schlägt der demografische Wandel durch“, erläutert der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. „Die Jahrgänge dünnen immer weiter aus.“ So gebe es heute rund 100.000 weniger Schulabgängerinnen und Schulabgänger als noch vor zehn Jahren.
Dercks verweist zudem darauf, dass es heute häufiger eine Zwischenphase nach dem Schulabschluss gebe, in der junge Menschen noch nicht wissen, was sie machen sollen: „Sie gehen auf Reisen, fangen ein Studium an oder bleiben erst einmal ohne Beschäftigung zuhause.“ Diese mangelnde berufliche Orientierung sei ein zweites großes Problem für den Ausbildungsmarkt.
Um dem entgegenzuwirken, wollen acht von zehn Unternehmen künftig mehr für die duale Ausbildung werben und den Einstieg erleichtern. Laut Umfrage bieten bereits 61 % der Betriebe zusätzliche Praktikumsplätze an, um mehr zeitlich begrenzte Einblicke in den Betriebsalltag zu ermöglichen. Auch das Angebot an Veranstaltungen (48 %) und digitalen Möglichkeiten (26 %) steigt. Mehr Ausbildungsbotschafter und Azubiscout-Angebote möchten 16 % der Betriebe nutzen, um zielgruppengerecht für die beruflichen Perspektiven einer dualen Berufsausbildung zu werben.
Silberstreif am Horizont

Achim Dercks ist stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer. Foto: DIHK/ Werner Schuering
„Viele Unternehmen strengen sich sehr an, Nachwuchskräfte zu finden und an sich zu binden“, so Dercks. „Die Bedürfnisse der Azubis stehen dabei immer häufiger im Vordergrund.“ Arbeiten in flachen Hierarchien (62 %) und mit moderner IT-Technik (49 %) sind Maßnahmen, mit denen die Betriebe auf die Wünsche der Generation Z eingehen. Finanzielle Anreize, beispielsweise durch Zuschüsse zur Mobilität oder zum Wohnen, wollen 42 % der Unternehmen anbieten.
„Das Engagement der Unternehmen lohnt sich“, glaubt Achim Dercks und verweist in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle „Wasserstandsmeldung“ der IHKs zu den diesjährigen Ausbildungsverträgen. Demnach kann die Wirtschaft etwas hoffen. Bis Ende Juli wurden knapp 207.000 neue Ausbildungsverträge im IHK-Bereich gezählt, das sind 3,7 % mehr als im Vorjahresmonat.
„Das ist ein Silberstreif am Horizont, aber noch lange keine Entspannung“, bremst Dercks gleich wieder die Euphorie, denn eine Prognose für das gesamte Jahr könne aufgrund der Zahlen noch nicht abgeben werden. „Wichtig ist, dass wir uns weiter gemeinsam engagieren, dass das Interesse an einer Berufsausbildung wieder steigt“, betont der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer.
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