Aerogele gelten als moderne Wundermittel, die unter anderem Hochleistungs-Dämmstoffe mit extrem niedriger Wärmeleitfähigkeit ermöglichen. Ihre Herstellung ist allerdings kostenintensiv, was zu hochpreisigen Endprodukten führt. Doch die Forschung geht weiter. Das Fraunhofer-Institut für Holzforschung arbeitet aktuell an einem Verfahren zur Produktion nachhaltiger Aerogele auf Basis von Altholz.
Ziel des Projekts, das vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung / Wilhelm-Klauditz-Institut (Fraunhofer WKI) gemeinsam mit Forschungs- und Industriepartnern durchgeführt wird, ist die Herstellung von Aerogelen aus Altholz-Bestandteilen wie Lignin oder (Hemi-)Zellulose. Da Altholz auf der ganzen Welt anfällt, ergäbe sich so für die Zukunft die Möglichkeit, Aerogel-Werkstoffe dort herzustellen, wo sie eingesetzt werden. Das würde Transportwege sparen.
Mithilfe der Altholz-Aerogele will das Fraunhofer WKI hocheffektive Dämmstoffe, aber auch Filtermaterialien herstellen. Das Besondere: Die Produkte sollen nach Ende ihrer Gebrauchsdauer auch wieder stofflich recycelbar sein. Man will sie so konzipieren, dass die enthaltenen Rohstoffe weitgehend wiedergewonnen werden können, um daraus neue Aerogele oder andere hochwertige Produkte herzustellen. Ziel ist eine nachhaltige und wirtschaftlich attraktive Werkstofflösung mit breitem Anwendungspotenzial.
Was sind Aerogele?
Aerogele sind hochporöse Werkstoffe mit außergewöhnlichen Eigenschaften. Aufgrund ihrer nanoporösen Struktur bestechen sie durch eine extrem niedrige Wärmeleitfähigkeit. Hinzu kommt ihr sehr geringes Gewicht. Dämmstoffe auf Aerogel-Basis eignen sich daher hervorragend für platzsparende Wärmedämmlösungen – in Gebäuden, aber auch in Autos, Zügen, Schiffen, Flugzeugen oder sogar in Raumschiffen. Hinzu kommen gute Schallschutz- und Brandschutzeigenschaften. Außerdem können Aerogele flüchtige organische Verbindungen (VOC) adsorbieren – also an ihrer Oberfläche binden.

Die meisten bisherigen Aerogel-Anwendungen im Baustoffbereich basieren auf getrocknetem Silica-Aerogel, das man aus Siliziumdioxid (Quarz) herstellt. Dieses feste Endprodukt besteht zu mindestens 95 % aus Luftporen und hat eine sehr niedrige Wärmeleitfähigkeit, die bei 0,017 W/mK liegt. Aus dem Material fertigt man zum Beispiel die Stützgerüste in Vakuumdämmplatten, aber auch das Aerogel-Granulat in Aerogel-Dämmputzen.
Aerogele aus Siliziumdioxid haben allerdings den Nachteil, dass ihre Herstellung vergleichsweise aufwändig ist. Die mit ihrer Hilfe produzierten Hochleistungs-Dämmstoffe sind daher bislang deutlich teurer als konventionelle Dämmstoffe. Aus diesem Grund wird schon seit Jahren an alternativen Aerogelen geforscht. Diese lassen sich nämlich nicht nur aus mineralischem Siliziumdioxid herstellen, sondern auch aus organischen Materialien wie Zellulose und Stärke – oder eben aus dem in Holz oder anderen Pflanzenmaterialien enthaltenen Lignin.
An der Technischen Universität Hamburg-Harburg etwa wurden bereits vor ein paar Jahren hochporöse Platten mit hervorragenden Dämmeigenschaften entwickelt, für deren Herstellung ligninbasierte Aerogele zum Einsatz kommen. Weitere Infos dazu bietet der BaustoffWissen-Beitrag „Aus der Forschung: Lignin-Aerogele“.
Up-Cycling von Altholzresten
Das aktuelle Projekt des Fraunhofer WKI verfolgt diesen interessanten Einsatz weiter und ergänzt ihn um das Thema Kreislaufwirtschaft. Indem die Forschenden auf Altholz als Rohstoffquelle für hochwertige Aerogele setzen, arbeiten sie an einem wahrhaftigen Up-Cycling von Holzabfällen beziehungsweise Holz-Produktionsresten.

Aus den Altholz-Aerogelen will das Fraunhofer-Team Dämmstoff-Prototypen, aber auch schadstoffadsorbierende Raumluftfilter herstellen, die in Gebäuden und Fahrzeugen eingesetzt werden können. Ein Ansatz besteht zum Beispiel darin, klassische Holzfaserdämmstoffe durch Zugabe von Aerosolen in Sachen Dämmwirkung und Emissionsverhalten zu verbessern. Außerdem sollen Möglichkeiten zu Anwendungen in der Abgasreinigung aufgezeigt werden.
Die Nutzung von organischen Aerogelen als Schadstoffadsorber, insbesondere in Filtern, ist bislang wenig erforscht. Aufgrund ihrer Adsorptionswirkung auf flüchtige organische Verbindungen eignen sich Aerogele aber grundsätzlich gut als schadstoffadsorbierendes Filtermaterial.
Nach Angaben des Fraunhofer WKI besteht die begründete Hoffnung, dass sich die aktuellen Adsorptionsraten für chemische Schadstoffe durch Aerogele deutlich verbessern lassen. Die Anwendung in diesem Bereich eröffnet zudem die Möglichkeit, Dämmwirkung und Schadstoffadsorptionsvermögen zusammen in einem Produkt zu integrieren.
Projektpartner
Das Projekt „Altholz als Quelle zur Herstellung stofflich vollständig recyclebarer Filter und Dämmstoffe aus Aerogelen“ wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert und läuft noch bis zum 14. Oktober 2025 (Projektstart: 15.10.2022). Dabei arbeitet das Fraunhofer WKI mit dem Institut für Werkstoff-Forschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als Projektpartner zusammen.
Als Industriepartner beteiligen sich die Unternehmen Elka-Holzwerke, Steico (Holzfaser-Dämmstoffe), Rettenmaier (Pflanzenfaser-Technologien), Loick Biowertstoff GmbH, Dr. Schneider Kunststoffwerke, Bartels-Rieger Atemschutztechnik, Nordzucker AG sowie die Peiner Entsorgungsgesellschaft mbH (PEG).