Holzschaumplatten sind leicht und doch sehr belastbar. (Quelle: Fraunhofer WKI / Manuela Lingnau)

Plus 2023-12-06T10:30:00Z Marktreifer Holzschaum

Dämmstoffplatten auf Hartschaumbasis bestanden bisher in der Regel aus erdölbasierten Kunststoffen. Doch vor ein paar Jahren hat das Fraunhofer-Institut für Holzforschung eine nachhaltige Alternative entwickelt: Holzschaum. Der Weg von der Forschung in die Praxis ist bekanntlich ein langer Weg – in vielen Fällen gelingt er nie. Nicht so beim Holzschaum. 2026 sollen unter dem Markennamen „Lignew“ die ersten Platten ausgeliefert werden.

„Die Idee zum Holzschaum hatte bereits der Gründer unseres Instituts, Wilhelm Klauditz“, sagt Dr. Dirk Berthold, Fachbereichsleiter am Fraunhofer-Institut für Holzforschung (Fraunhofer WKI). „Wir sind sehr stolz, dass wir das Ende der Reise von einer Idee über die Entwicklung eines marktreifen Produkts bis hin zur Markteinführung begleiten durften.“

Produziert und vertrieben werden die Holzschaumplatten künftig vom norddeutschen Familienunternehmen Butterweck Holzstoffe GmbH & Co. KG. Die Firma errichtet dafür extra ein Produktionswerk im niedersächsischen Papenburg (Emsland). Die Holzschaumplatten könnten in Zukunft unter anderem erdölbasierte Hartschaumplatten, aber auch herkömmliche Holzfaserplatten ersetzen.

Was ist Holzschaum?

Wenn die ersten Holzschaumplatten wie geplant 2026 auf den Markt kommen, wird die Bauwelt um einen lupenreinen Naturdämmstoff und eine neue Klasse von Holzwerkstoffen reicher sein. Die Platten sollen zu 100 % aus Holz bestehen und problemlos recycelbar sein. Auf synthetische Klebstoffe als Bindemittel kann verzichtet werden, da der Zusammenhalt der zerkleinerten Holzpartikel allein durch holzeigene Bindekräfte erfolgt – sprich: durch Lignin. Dadurch erklärt sich auch der Markenname „Lignew“.

Der Schaum eignet sich auch als Kernmaterial für Sandwichplatten. (Quelle: Fraunhofer WKI / Manuela Lingnau)

Da es sich um ein aufgeschäumtes Material mit hohem Luftporenanteil handelt, erfordert die Herstellung von Holzschaum auch insgesamt weniger Naturrohstoffe als vergleichbare Holzwerkstoffe. Holzschaum könnte künftig also nicht nur zur Substitution erdölbasierter Rohstoffe beitragen, wie sie in klassischen Hartschaumplatten verwendet werden, sondern zugleich auch die Schonung des Waldbestandes bemfördern.

Die Herstellung ist einfach. Holzfasern werden unter Zugabe von Wasser in feine Partikel zermahlen, bis eine zähflüssige Suspension entsteht. Diese Masse lässt sich anschließend mithilfe von Treibmittelgasen aufschäumen. Ferner werden Proteine eingesetzt, die das Aufschäumen unterstützen. Das expandierte Holzfasermaterial bringt man anschließend in Plattenform und trocknet es. Bei Butterweck kommt dafür eine innovative elektromagnetische Trocknungsanlage zum Einsatz, die sechsmal energieeffizienter als konventionelle Trocknungsanlagen sein soll.

Holzschaum ist geruchsneutral und lässt sich sägen, fräsen sowie feilen. Dabei entsteht kaum Staub. Das ist ein Vorteil gegenüber vielen Naturdämmstoffen, die zum Fasern neigen. Beim Brandverhalten ähnelt das Material anderen Naturfaserdämmstoffen: Bei direkter Beflammung brennt und glimmt Holzschaum, wobei die Flamme zum Teil von selbst erlischt. Man kann dem Schaum aber auch Graphit als Flammschutzmittel beimischen. Der Einsatz von Wachsen als Hydrophobierungsmittel ist ebenfalls möglich.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Holzschaum ist ein leichter Holzwerkstoff mit einer offenporigen Struktur. Im Vergleich zu klassischen Holzfaserplatten, die ja ebenfalls aus zerkleinertem Holz bestehen, lassen sich die Schaumplatten aber mit einer höheren Druckfestigkeit herstellen. Das ermöglicht auch einen Einsatz in Bereichen, wo Dämmstoffe höheren Belastungen standhalten müssen.

Es sind aber nicht nur harte, sondern auch flexiblere Holzschaumplatten möglich. Das Fraunhofer WKI nennt bei der Rohdichte eine gewaltige Bandbreite: Sie reicht von 45 bis hin zu 200 kg pro Kubikmeter. Zum Vergleich: Die Rohdichte von EPS-Hartschaum im Bauwesen liegt in der Regel zwischen 15 und 35 kg pro Kubikmeter.

Je höher die Rohdichte eines Materials, umso höher ist freilich auch seine Wärmeleitfähigkeit und umso niedriger die Wärmedämmleistung. Deshalb macht es keinen Sinn, pauschal eine Wärmeleitfähigkeit für Holzschaumplatten zu nennen. Es kommt eben auf deren jeweilige Dichte an. Festzuhalten bleibt aber, dass sich mit Holzschaum Dämmplatten herstellen lassen, die es in Sachen Wärmedämmung mit EPS aufnehmen können und zugleich deutlich druckfester sind.

Der Vielfalt der möglichen Rohdichten entspricht eine große Vielfalt an möglichen Einsatzbereichen. Das Spektrum reicht von unterschiedlich harten Plattenwerkstoffen für die Wärme- und Schalldämmung bis hin zum Einsatz als Verpackungsmaterial – etwa als nachhaltige Alternative zu EPS (Styropor).

Nach Angaben des Fraunhofer WKI eignet sich der neue Werkstoff aber auch als Kernmaterial für beidseitig beschichtete Sandwichplatten – etwa für ökologische Leichtbauwände, wie sie unter anderem im Messe- und Bühnenbau häufig gebraucht werden. Derartige Anwendungen sind auch an der Fassade, bei Möbeln und Türen oder im Automobilbereich denkbar. Als Kernmaterial für Sandwichplatten ist Holzschaum mit unterschiedlichsten Decklagen kombinierbar: von Holzwerkstoffen über WPC und Kunststoff bis hin zu Metallen oder Beton.

Nachhaltige Rohstoffquellen

Als Rohstoff für die Platten kommen Holzhackschnitzel zum Einsatz, die nicht nur von Nadel- sondern auch von Laubbäumen stammen können. Dafür müssen nicht zwingend Bäume gefällt werden, auch die Verwendung von Sägerestholz oder unbehandeltem Altholz kommt infrage. Zudem ist die Verwendung nichtholzhaltiger Lignocellulosen möglich, wie sie etwa in Hanf, Flachs, Stroh oder Maisspindeln vorkommen.

Als Rohstoff kommen Holzhackschnitzel von Nadel- und Laubbäumen infrage. (Quelle: Pixabay)

„Wir glauben, dass es ein sehr großes Potenzial für die Verwendung von Holzschaum gibt“, sagt Nina Ritter, Gruppenleiterin am Fraunhofer WKI. „Wir werden unserem langjährigen Partner Butterweck weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen, um unsere Entwicklung an den industriellen Maßstab anzupassen und Rezepturen gegebenenfalls an die Rahmenbedingungen anzugleichen.“

Die neu gegründete Butterweck Holzstoffe GmbH & Co. KG ist ein Unternehmen der Butterweck Rundholzlogistik GmbH & Co. KG. Das in zweiter Generation geführte Familienunternehmen aus Lehe/Ems war bisher als Dienstleister in der Forstwirtschaft tätig und vertreibt zudem Brenn- und Rundholz sowie Hackschnitzel und Rindenmulch.

Dieser Text ist eine Aktualisierung des BaustoffWissen-Beitrags „Was ist Holzschaum?“ von Juni 2017.

zuletzt editiert am 06. Dezember 2023